Einige EU-Länder, wie Deutschland und Frankreich, schließen homosexuelle und bisexuelle Männer pauschal vom Blutspenden aus. Laut dem Europäischen Gerichtshof dürfen sie das tun. Aber nur, sofern es dazu keine Alternativen gibt, um ein erhöhtes HIV-Übertragungsrisiko zu vermeiden. Die gibt es natürlich – weshalb mehr Gleichbehandlung geboten ist und kommen wird.
Geklagt hatte ein Franzose, dem 2009 eine Blutspende verweigert wurde, weil er bei der Befragung angab, homosexuellen Sex gehabt zu haben. Die Klage ging an das Verwaltungsgericht in Straßburg, das für diese Grundsatzentscheidung den Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg einschaltete. Und der EuGH hat vergangene Woche entschieden: die Diskriminierung beim Blutspenden kann zwar rechtens sein, doch mögliche Alternativen müssen genutzt werden, wie etwa eine Befragung der Spendewilligen zu riskantem Sexualverhalten. Die entsprechenden Details hierzu soll nun wiederum das Verwaltungsgericht klären.
Vonseiten des EuGH stellt dies ein verzögerndes Hin und Her dar, das einer vernünftigeren Regelung dennoch den Weg ebnet. Denn es ist medizinisch nicht haltbar, einen Mann bloß deswegen als Blutspender auszuschließen, weil er Sex mit einem anderen Mann hat – oder gar, weil er je in seinem Leben solchen hatte. Ja, HIV-Neuinfektionen sind bei Sex unter Männern im Vergleich zu heterosexuellem Sex etwa hundertfach häufiger. Das allein macht aber noch nicht jeden homo- oder bisexuellen Mann zu einem Menschen mit riskantem Sexualverhalten. Schließlich gibt es auch langjährige monogame Beziehungen unter Männern.
HIV kann meist erst zehn Tage nach einer Ansteckung per Test nachgewiesen werden. Daher werden Blutspendewillige zur Minimierung des Restrisikos heute schon in Bezug auf ihr Sexualverhalten und andere Risikofaktoren befragt. Diese Befragungen können wohl optimiert werden. Der pauschale Ausschluss jedes Mannes, der in einer Beziehung mit einem Mann lebt, dient in Zeiten mangelnder Blutspenden aber sicher niemandem.
:Gastautor Patrick Henkelmann
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