Am vergangenen Wochenende fand zum insgesamt achten Mal die „Weinmesse Rheinland-Pfalz“ in der Jahrhunderthalle statt. Über 100 WinzerInnen präsentierten ihre Weine dem Publikum, das sich auf Spitzenweine aus Deutschland freuen konnte. Neben der Weinprobe konnten sich die BesucherInnen auch kulinarisch weiterbilden. Am Ende waren die Gläser leer und die Geschmacksnerven verwirrt.
Was mögen sich WinzerInnen wohl denken, wenn sie ins Ruhrgebiet kommen und dort auf eine von Bier geprägte Kultur treffen? Diese Frage habe ich mir gestellt und wusste so recht keine Antwort darauf. Johannes Müller, Winzer aus dem kleinen Anbaugebiet Koblenz-Güls an der Mosel, ist zum ersten Mal auf der Weinmesse in der Jahrhunderthalle dabei und sieht darin überhaupt kein Problem. „Natürlich ist das Ruhrgebiet von Bier geprägt, jedoch finden sich auf solch einer Messe WeinliebhaberInnen zusammen, um neue Weine kennenzulernen“.
Für zehn Euro gibt es ein leeres Glas
„Kennenlernen“ ist das Stichwort. Am Eingang bekam ich neben einem Stempel auch ein leeres Weinglas in die Hand gedrückt. Das durfte genutzt werden, um Weine zu testen. Es sollte nicht in alter Biertrinker-Manier auf ex getrunken, sondern genüsslich probiert werden. Als mehr oder weniger unerfahrener Weintrinker machte ich mich dann auf den Weg in die Welt der Rieslings, Sauvignon Blancs, Spätburgunder und Rosés. Nur den Chardonnay sollte ich weglassen, sagte mein Freund Freddie, der zusammen mit seiner Freundin Kerrin im Weinhandel „Der Franzose“ arbeitet und vom Fach ist. „Die ersten Proben sind etwas holprig. Wenn man einen Wein testet und keine Ahnung davon hat und bestenfalls mit ‚sehr bekömmlich‘ antwortet, wissen das die WinzerInnen natürlich. Irgendwann spielt das aber keine Rolle mehr.“ Nach gut zwei Stunden konnte ich die Theorie total unterstreichen, und man begann sich wirklich mit der Faszination Wein auseinanderzusetzen. Bei steigender Promillezahl füllte sich auch die Messehalle und man fing auch mehr und mehr an, über Geschmack, Süße und Säuregehalt des Weins zu philosophieren und subjektiv betrachtet war ich nach drei Stunden ein echter Weinexperte.
Riesling statt Chardonnay
Nach fünf Stunden Weinverkostung war das Glas leer, die Weinkönigin müde von der Bühne abgetreten und auch meine Freunde und ich tauschten das Wein- gegen das Wasserglas. Bei so vielen Geschmackseindrücken und der totalen Reizüberflutung hatte ich mir sogar eine Flasche Riesling gekauft. Auch wenn die Menschen im Ruhrgebiet mit Bier aufgewachsen sind, so haben sie an diesem Wochenende eine andere Kultur erfahren. Den Chardonnay habe ich an diesem Tag komplett gemieden, auch wenn diese Abneigung der alkoholhaltigen und vollreifen Rebsorte auch nicht ganz gerecht wird.
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