Nichts geht mehr auf der Universitätsstraße: Sowohl aus der Innenstadt als auch aus Richtung Autobahn haben sich lange Fahrzeugschlangen gebildet, alle streben zur Ruhr-Uni. Warum nur?, fragen sich die paar Wagemutigen, die sich heute noch den Fußweg von der verfallenen U35-Station über die marode Unibrücke zutrauen. Da sehen sie auch schon die Antwort an der Stelle, wo einst das MZ stand, auf einem gigantischen Werbe-Bildschirm leuchten: Heute Eröffnung des RUB-Drive-In.
Zugegeben, die Szene spielt nicht im Hier und Jetzt, sondern ein paar Jahre in der Zukunft, Anfang der 2020er. Der Umbau der Uni ist zwar noch nicht ganz abgeschlossen, aber ein weiterer Meilenstein des Hochschulentwicklungsplans wurde soeben unter lauten „HEP, HEP, Hurra!“-Rufen erreicht. Die RUB verfügt nun über das modernste Mobilitätskonzept, das sich eine Pendler-Uni wünschen kann. Endlich ist sie angemessen autofreundlich.
Leise und weitgehend emissionsfrei schleichen die PKWs in die Katakomben unter der RUB, denn der Großteil der Fahrzeuge ist mit Ökostrom betankt. Viele davon sind so genannte Ökafö-Autos aus den Fuhrparks der Wohnheime, deren Zahl nach einem verheißungsvollen Start im Jahr 2014 inzwischen sogar die der Leihfahrräder überflügelt hat. Und wenn es sich eh schon so umweltfreundlich fährt, ist auch nichts Verwerfliches dabei, von der Markstraße aus das E-Auto zur Uni zu nehmen.
CarSharing-Flat statt VRR-Ticket
Auch von weiter außerhalb pendeln Fahrgemeinschaften in CarSharing-Karren aus dem gesamten Ruhrgebiet an. Einige drehen vorher noch Extrarunden in der Innenstadt und sammeln KommilitonInnen am Hauptbahnhof ein. Auf der Frontscheibe signalisiert der solidarische rote Punkt wieder wie einst 1968: „Ich kann Dich mitnehmen.“ Damit kehrt die Aktion zum Ursprungszweck zurück, nämlich dem überteuerten ÖPNV eins auszuwischen. Seit das VRR-Ticket abgeschafft ist und stattdessen im Semesterbeitrag neben einer Leihfahrrad-Pauschale auch eine viel günstigere CarSharing-Flatrate enthalten ist, fährt sowieso niemand mehr mit Bus und Bahn. Die U35 kommt selbst zu Stoßzeiten nicht mehr über eine 30-Minuten-Taktung hinaus; die Haltestellen sehen entsprechend aus.
Asia-Wochen bei McAfö
Zurück zur Blechlawine an der Uni: Dort ordnen sich die Autos langsam in den vierspurigen Drive-In-Bereich ein: Die linken Spuren führen zu den Ausleihe- und Rückgabe-Schaltern der Bibliothek. Die meisten Bücher werden hier im Vorbeifahren als E-Books heruntergeladen, doch auch alte Schinken aus Papier gehen noch über die Drive-In-Theken. Die beiden rechten Spuren führen schließlich zur Mensa, deren Drive-In-Konzept im Joint Venture mit einem US-Konzern entwickelt wurde. Der McAfö-Mensaverkehr spaltet sich auf die nostalgisch benannten Sprinter- und Bistro-Spuren, doch ihrem Namen zum Trotz geht es heute auf keiner der beiden besonders schnell zu. Kein Wunder bei den kulinarischen Leckerbissen: Was Anno 2014 als kulinarische Welcome Week in der alten RUB-Mensa begann, firmiert nun unter dem Namen Asia-Wochen bei McAfö. Danach kommen die Erasmus-Wochen und zum Semesterende schließlich die Grönemeyer-Wochen: Dann gibt’s nur noch Currywurst.
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