Am kommenden Wochenende, den 8. und 9. Februar, findet die Wiederaufnahme des Theaterstücks nach Bulgakows „Hundeherz“, einer düsteren Satire mit Frankenstein-Anleihen, auf der Studiobühne der RUB statt. Die Lotman-Theaterguppe inszeniert eine Organtransplantation auf offener Bühne.
Die Lotman-Theater Gruppe entstand am Seminar für Slavistik / Lotman-Institut für Russische Kultur im Jahr 2006, mit der Idee, die russische Literatur in Bochum an den Menschen zu bringen. Sie feilten zwei Jahre lang an ihrem ersten Projekt. Was lange währt, wird endlich gut, denn im Juni 2008 inszenierten die Studierenden zum ersten Mal das Märchenstück „Der Drache“ des russischen Autors Jewgeni Lwowitsch Schwarz unter der Regie von Elena Resch. Es folgten dann Werke von Michail Bulgakow wie „Der Meister Margarita“ und „Hundeherz.“
Ein Hund ist nicht gleich ein Hund?
Das Stück spielt im Winter 1924 in Moskau. Der erfolgreiche Chirurg Professor Filipp Filippowitsch Preobrashenski (Dominik Hertrich) ist Spezialist für Verjüngungsoperationen. Er beschließt zusammen mit seinem Assistenten Doktor Iwan Arnoldowitsch Bormental (Fynn Zinapold), ein Experiment an dem streunenden Hund Scharik (Hanno Michel) durchzuführen. Sie implantieren dem ergebenen und lieben Hund die Hirnanhangdrüse und Hoden des kürzlich verstorbenen determinierten Klim Grigorjewitsch Tschugunkin. Wider Erwarten überlebt der Hund den Eingriff.
Es beginnt eine Umwandlung des Hundes, so nimmt Scharik von Tag zu Tag immer mehr menschliche Züge an, so verliert er sein Fell, wächst, geht auf den Hinterbeinen und fängt sogar an zu sprechen. Der Hund wird menschlich und nimmt die negativen Eigenschaften und schlechten Manieren des toten Spenders auf. Scharik beginnt nicht nur Alkohol zu trinken, sondern wird aggressiv, vulgär und nennt sich ab sofort Polygraf Polygrafowitsch Scharikow, obendrein wurde er Leiter der Unterabteilung zur Säuberung der Stadt Moskau von streunenden Tieren (z. B. Katzen) bei der Stadtreinigung der Moskauer Kommunalwirtschaft. Der einst liebe Hund verkehrt „als neuer Mensch“ immer mehr mit KommunistInnen als auch mit dem Proletariat wie dem Hausverwalter Schwonder (Timo Knop). Diese neuen Bekanntschaften versuchen, ihn gegen seinen Schöpfer auszuspielen. Mit seinem Verhalten macht er das Leben des Professors zur Hölle, sodass der Doktor sich entschließt, die Verwandlung rückgängig zu machen. Überlebt Scharik einen erneuten Eingriff?
„Bulgakow war einfach toll!“
In diesem Sinne schwärmte die Drehbuchautorin und Regisseurin Elena Resch im Interview für die :bsz. Sie erklärte: „Wir haben in den folgenden Jahren unseren eigenen Stil entwickelt. Wir bevorzugen Satiren und wollen kein Theater im Stil von Anton Pawlowitsch Tschechow betreiben.“
Tschechow ist vor allem als Dramatiker bekannt. Zu seinen berühmtesten Werken zählen „Die Möwe“ oder „Der Kirschgarten.“ Der Autor thematisiert häufig den gelangweilten russischen Adel, der ohne jegliche Produktivität zu existieren scheint.
Diese Einöde möchte Resch nicht auf der Bühne zeigen und entschied sich mit ihrer Theatergruppe für Bulgakows „Hundeherz.“ Die Regisseurin sagte „Unser Theaterstil ist eher minimalistisch, oft körperbetont und vor allem grotesk“. Erstmals wurde das Stück am 29. Juni 2013 im Musischen Zentrum aufgeführt. Da die Nachfrage so groß war, wird es nun am Wochenende erneut aufgenommen. Seit der letzten Inszenierung hat sich die Besetzung leicht geändert und wir können uns auf ein neues Gesicht freuen, Doktor Iwan Bormental wird nun durch Fynn Zinapold auf der Studiobühne verkörpert.
Auf Marina Voronkinas (im Stück die Vjazemskaja) Bitte möchte ich hier betonen, dass das Stück, obwohl es eine russische Novelle ist, definitiv auf Deutsch sein wird. Sie sei oft gefragt worden, wie man das Stück denn verstehen soll, wenn man kein Russisch spricht.
Keine fantastische Novelle, sondern politische Satire
Wer nun denkt das Stück sei ein geschmackloser Abklatsch eines Fantasy-Romans, hat sich geirrt. Bulgakow ist es mit „Hundeherz“ gelungen, die sowjetischen 20er-Jahre satirisch zu skizzieren. Allein der Pofessor Preobrashenski kann als Parodie auf Lenins „Neue Ökonomische Politik“ (NÖP) verstanden werden, der den leidenden Hund umwandelt, um ein schönes, doch zugleich unfreies Leben verschafft. Durch russ. Bürgerkriege und plötzliche Verstaatlichungen von Industrien und Banken kam es zur einer Krise, die die Wirtschaft bedrohte. So setzen Lenin und Trotzki das wirtschaftspolitische Konzept NÖP gegen den Willen der eigenen Partei durch. Die kommunistische Bürokratie drang wieder in den Vordergrund.
:bsztermine
8. und 9. Februar
im Musischen Zentrum der RUB
jeweils um 19.30 Uhr
Kartenreservierung unter:
lotman_theater@yahoo.de
Der Eintritt ist frei!
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