Bild: Früh übt sich: Bereits als Kind tragen manche orthodoxe Juden die Peot genannten Schläfenlocken., Eine Exkursion der RUB ins Heilige Land Foto: koi

Die mittelalterlichen Kreuzzüge sind lange vorbei- trotzdem sind sie in der Rhetorik der Moderne präsenter den je. Ob gegen den globalen Terror oder den Analphabetismus, gerne wird auch in unserer Zeit einmal ein Kreuzzug ausgerufen. Im Gegensatz zu letzteren besteht bei den Kreuzzügen des Mittelalters aber die Möglichkeit der wissenschaftlichen Auseinandersetzung. Auf den Spuren der Kreuzfahrerstaaten reiste jetzt eine Gruppe DozentInnen und Studierender des Historischen Instituts der RUB für eine Exkursion nach Israel und Palästina.

Unter Leitung von Wolf Zöller und des die Universität verlassenden Prof. Dr. Nikolas Jaspert steuerte die Gruppe zunächst Tel-Aviv-Jaffa an. Heute kennt man von dieser 1950 zusammengelegten Stadt eher den ersten Teil. Tel-Aviv ist unter anderem für ihre im Nahen Osten und auch weltweit exemplarische Schwulenszene bekannt. Anders als diese war die antike Hafenstadt Jaffa aber schon den Kreuzfahrern ein Begriff.
Von dort aus wurden verschiedene Stationen angesteuert, die Bedeutung für die Geschichte der Kreuzzüge aufweisen. Zwar waren die Kreuzfahrer auch in angrenzenden Gebieten aktiv, wie den heutigen Staaten Syrien und Libanon. Reisen dorthin erlauben aber weder der Exkursionsgeldbeutel noch die aktuelle politische Lage. Die ehemaligen Gebiete der Grafschaften Edessa und Tripolis sowie des Fürstentums Antiochia, alles ehemalige Kreuzfahrerstaaten, konnten somit nicht besucht werden. Der vierte und letzte im Bunde dieser aus mittelalterlichen Eroberungen hervorgegangen Kurzzeitstaaten bot jedoch durch seine ,nicht nur für MittelalterhistorikerInnen, spannende Geschichte Stoff für mehr als bloß eine Exkursion: Jerusalem als Mittelpunkt des alten, gleichnamigen Königreichs.

Kreuzzüge und Falafel

Als erklärtes Ziel der KreuzfahrerInnen wurde die den Buchreligionen heilige Stadt 1099 das erste Mal von fränkischen Rittern und SoldatInnen erobert. Im Anschluss entwickelten sich blutige, langanhaltende Kämpfe und Intrigen, die dem Heiligen Land häufig wechselnde Herrschaften bescherten. Erst im ausgehenden 13. Jahrhundert konnte sich der Islam in der Region durchsetzen. Diese geschichtlich gesehen relativ kurze Zeit hat dennoch ihre Spuren hinterlassen. Besonders deutlich wurde dieser Umstand an den besuchten Kreuzfahrerburgen. Selbst der Anstieg auf Touristenwegen ließ erahnen, welche Strapazen die schwer gerüsteten Krieger des Mittelalters erleiden mussten.
Wer über Israel und Palästina spricht, muss immer auch von Religion sprechen, ganz unabhängig von der Epoche. Schließlich kamen auch die Kreuzritter nicht wegen Falafel- auch wenn dieses Kichererbsengericht so gut schmeckt, dass sich Israelis und Palästinenser auch hier über die/den wahren ErfinderIn streiten. Ob ultraorthodoxe Juden mit Schläfenlocken,  verschleierte Muslimas oder christliche Mönche in weiten Kutten: Auch im alltäglichen Straßenbild ist die Frömmigkeit in Jerusalem allgegenwärtig.
Natürlich wandelten auch die KreuzfahrerInnen und ihre Kleriker bereits auf den Spuren Jesu- oder dem, was sie dafür hielten. So kommt es, dass sich die geneigte Historikerin viele Kirchen und Plätze mit oft christlichen PilgerInnengruppen aus aller Welt teilen muss. Die Moscheen sind dagegen oft nicht zugänglich für „Ungläubige.“ Beeindruckend ist aber in jedem Fall die Inbrünstigkeit, mit der sich die Religionen präsentieren. So wird ein Stein in der Grabeskirche, auf den vorgeblich Jesus Christus nach seinem Tod gebettet wurde, von den Gläubigen mit Devotionalien abgerieben. So soll sein Segen auf die Gegenstände, darunter profanes wie Taschentücher und modernes wie Smartphones, übergehen. Auch die Politik in der Region, die oft genug von religiöser Zugehörigkeit geprägt ist, bleibt bei der Reise ständig im Hinterkopf. Und so reichen sich Mittelalter und Moderne im Heiligen Land die Hand, vereint zumindest im Glauben an die eigene Rechtgläubigkeit.
Auch die moderne Geschichte Israels böte Stoff für mindestens eine weitere Exkursion. Doch weil eine Studienreise nun einmal kein Forschungssemester ist, muss wohl der alte jüdische Gruß herhalten, der die Hoffnungen auf ein baldiges Wiedersehen und eine Reise nach Israel verbindet: „Nächstes Jahr in Jerusalem!“

Wer nun ebenfalls Lust auf eine Reise ins Heilige Land verspürt, dem sei dazu ein dieses Jahr erschienener Begleiter ans Herz gelegt: Der Baedeker-Reiseführer Israel und Palästina.
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1 comments

  1. musterstudent

    Muss wirklich ein kleiner
    Muss wirklich ein kleiner jüdischer Junge als Bild für einen Artikel mit der Überschrift „Religion und Fanatismus“ herhalten?

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