Bild: Nicht immer alles zu ernst nehmen! Barbara Hacura posiert vor ihren Gemälden., Ausstellung „CRASH Bochum“ im FKT bringt 30 KünstlerInnen zusammen Foto: mar

Da wird zusammengeführt, was auf den ersten Blick nicht zusammenpasst: „CRASH Bochum“ heißt der zweite Teil einer internationalen Kunstausstellung. Der erste fand im Mai im schlesischen Katowice (Kattowitz) statt. Hier wie dort stellten und stellen 15 KünstlerInnen aus Polen und 15 aus Deutschland aus. Das Crash im Titel spielt dabei nicht auf den medial überstrapazierten Begriff culture clash und seinen Wortspielbruder culture crash an, sondern auf den Zusammenprall unterschiedlichster künstlerischer Ausdrucksformen, Ansichten, Techniken und Inhalte. KünstlerInnen profitieren vom fruchtbaren Austausch untereinander, BesucherInnen erwartet im Freien Kunst Territorium (FKT) eine äußerst vielfältige Ausstellung, deren erster Teil bereits 4.000 Menschen anzog.

Eröffnet wurde die Ausstellung am vergangenen Freitag mit einigen Worten durch Dorothee Schäfer, Mitbegründerin des FKT, die auch die anwesenden deutschen und polnischen KünstlerInnen vorstellte. Daraufhin übernahm der gebürtige Bochumer Jörg Abel das Wort, seinerseits Mitbegründer von Ostwest  – Verein für kulturellen Transfer, dem Verein, der die Ausstellung ins FKT geholt hat. Der studierte Architekt stellte die Ähnlichkeit von Katowice und Bochum heraus. Beide Städte und die sie umgebenden Gegenden, das Ruhrgebiet beziehungsweise das Oberschlesische Industriegebiet (polnisch Górnośląski Okręg Przemysłowy, GOP), sind von Steinkohlebergbau und Schwerindustrie geprägt und stellen sich dem Strukturwandel. Die Ähnlichkeit, so erfuhr man in dem Vortrag, ging soweit, dass die Stadttheater beider Städte vom gleichen Architekten im gleichen Stil erbaut wurden – das Bochumer Theater wurde allerdings weggebombt. Auch gibt es im GOP noch aktive Zechen. Dort ist, wie früher in Bochum, auch heute noch der Schnee schwarz.

Fruchtbarer Zusammenstoß

Weil Bochum und Katowice so viel gemeinsam haben, gibt es nun diese Ausstellung mit vielen Kontrasten. Die Idee dazu entstand letztes Jahr bei einem Treffen zwischen Mitgliedern von Ostwest aus Bochum und der Stiftung und Galerie Hyperion aus Katowice. Nach gelungener bilateraler Netzwerkarbeit hatte man aus beiden Ländern je 15 Kreative für eine Ausstellung gefunden, die in der Galerie Szyb Wilson (Schacht Wilson), die in der ehemaligen Zeche Wieczorek in Katowice untergebracht ist, zu sehen war. Den KünstlerInnen wurden keine Auflagen gemacht, was der Vielfalt der Ausstellung gut tut. „Crash – das ist nicht der Zusammenprall der Kulturen, sondern vielmehr von Ansichten und Ideen“, erklärt Albert Oszek von Hyperion. „Viele Künstler – viele Ansichten“, fasst er zusammen; viele Ansichten, die dazu einladen, seine eigenen Arbeiten aus einer anderen Perspektive zu sehen.
Seine eigenen Perspektiven kann der/die BesucherIn in den Ausstellungsräumen selbst entwickeln. Die 90 Arbeiten sind in kleinen Ausstellungsräumen untergebracht, selten sind mehr als zwei verschiedene KünstlerInnen in einem Raum zu sehen. Das macht die Ausstellung spannend: Man weiß nie, was hinter der nächsten Tür auf EineN wartet. Noch hat man die verstörend düsteren Bilder Janusz Zygmunts im Kopf, da muss man sich beim Tritt über die Türschwelle auf die Fotomosaiken Michał Kotulas einstellen. Nur wer genau hinsieht, entdeckt, dass die blutige Pistole aus niedlichen Tierbildern besteht. Jörg Abels grafische Arbeiten unter dem Titel „havarie“ sehen aus wie ein heftiger Computerfehler – und entstanden tatsächlich aus der Not kaputten Arbeitsspeichers heraus. Hier gibt es ungegenständliche Malerei, dort Videokunst. In einem Raum hängen Zeichnungen alter Schule, im anderen moderne, gesellschaftskritische Grafiken. Akzente setzen Dorothee Schäfers Skulpturen.

Arbeit fürs Hirn

Und irgendwann kommt der Moment, in dem man Gemeinsamkeiten in all dieser Vielfalt entdeckt und  zu vergleichen beginnt. Wenn Themen wiederkehren, die Aufarbeitung dieser aber ganz unterschiedlich ist, hat das Hirn Arbeit. Die Ausstellung regt an, kann aber auch überfordern.
Dabei musste sie für die Präsentation in Bochum bereits reduziert werden. Standen in Katowice noch 3.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche zur Verfügung, so sind es hier nur 1.000. Die KünstlerInnen mussten also teilweise eine Auswahl ihrer Werke treffen, zum Teil seien „neue Arbeiten“ dazugekommen, so Dorothee Schäfer, aber im Großen und Ganzen „ist es die gleiche Ausstellung wie in Katowice“. Eine Ergänzung zur Ausstellung stellt der Katalog dar, der auf jeweils einer Doppelseite von jedem/r Ausstellenden zwei Beispiele der Arbeiten vorstellt.
Mit 4.000 BesucherInnen stieß die Ausstellung in Katowice auf große Resonanz. Auch intern gibt es Erfolge: „Für die Zukunft ist eine engere Zusammenarbeit mit Ostwest und dem FKT geplant“, sagt Albert Olszak, der sich mit der Hyperion-Kunststiftung wie die hiesigen OrganisatorInnen für die Förderung und Vernetzung junger Künstlerinnen und Künstler einsetzt.

CRASH Bochum
8.–30. Juni 2013
Finissage: Sa, 29. Juni, 17.00 Uhr
Do. 16.00-20.00 Uhr,
Sa./So. 15.00-18.00 Uhr
Freies Kunst Territorium
Bessemerstr. 30, Bochum
Zugang über Baarestr. 33

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