Bild: Furchtbar abgefahren: Das Leben schmeckt wie ein frittiertes Schwein! , Das megaFon-Theaterfestival heißt jetzt Zeitzeug_, lässt aber immer noch aufhorchen Foto: flickr.com / Eugene Wei (CC BY-NC-SA 2.0)

Vor mehr als zehn Jahren begann die Geschichte des studentischen Theaterfestivals megaFon. Damals fand es noch ausschließlich an der Ruhr-Uni statt. Dieses Jahr, vom 12. bis zum 16. Juni erobert es – nach vielen kleinen Schritten in den letzten Jahren – den urbanen Raum der Bochumer Innenstadt. Außerdem ist es internationaler geworden, und auch Theater steht nicht mehr im Vordergrund, sondern junge Kunst in all ihren Formen und Farben. Da passt das diesjährige Motto „Megamorphosen“ ziemlich gut, zumal das Motto des letzten Jahres, Zeitzeug_, die Stelle des Festivalnamens übernommen hat.

Geblieben ist aber das Maskottchen von megaFon, das anthropomorphe… Megafon. Allerdings verpuppt es sich gerade. Ist das bloß die grafische Umsetzung des diesjährigen Mottos oder der Vorbote weiterer Veränderungen im nächsten Jahr? Man darf gespannt sein – und zwar zunächst auf das Programm des diesjährigen Festivals in der kommenden Woche.

Das Bochumer KünstlerInnennetz wird immer engmaschiger

Es werde beim Zeitzeug_ „besonders der Vernetzungsgedanke von noch nicht etablierten nationalen, aber auch internationalen Künstler_innen in den Vordergrund gestellt“, so steht es im „Manifest“ des diesjährigen Festivals. Entsprechend ist eine Übersicht über das Programm in den Bochum-Offline-Kalender eingebunden, in dem die junge KünstlerInnen-Szene aus dem Ehrenfeld und angrenzenden Vierteln ihre Veranstaltungen gemeinsam ankündigt. Acht Veranstaltungen sind dort zu finden, aber das ist längst nicht alles. Insgesamt beteiligen sich ganze 20 KünstlerInnen und -Gruppen am Festival: Sie performen, spielen, musizieren, legen auf, stellen aus.

Nicht traditionell underst recht nicht gewöhnlich

Traditionelles Theater ist man vom megaFon nicht gewöhnt – herkömmliches Theater erst recht nicht. Auch dieses Jahr verschwimmt vielerorts die Grenze zwischen Bühne und Publikum, zwischen Fiktion und Realität. Das Kollektiv Ja zeigt eine „manipuliert/spontane“ Performance unter dem Titel „SCHWEIN x BENZIN“. Der erste Teil der Performance trägt den Titel „das leben schmeckt wie ein frittiertes schwein“. Bekommt man da wirklich Appetit aufs Leben?
Appetit macht jedenfalls folgender Hinweis: „Achtung: Für die Teilnahme sind festes Schuhwerk und warme Kleidung unbedingt nötig!“ Er entstammt der Beschreibung für die Performance „Anna Kpok und der letzte Zombie. Level 1 – Gegen die Wissenschaft. Ein Jump- & Run-Spiel“. Kryptisch, kritisch, krank.
Weiterhin zu sehen gibt es flüssige Rauminstallationen. Björn Neukom will mit seinen „Liquid Series“ visuelle Kurzgeschichten erzählen. Das cobratheater.cobra wirbt für sich mit einem Video, in dem Schweiß und Dreck sowie schnell auf Schenkel klatschende Hände eine Rolle spielen.

Die Abgefahrenheit unserer Zeit

Es klingt alles so furchtbar abgefahren, was angekündigt wird. Für TraditionalistInnen ist das Zeitzeug_ nichts. Wohl aber für Menschen, die sich auf Experimente einlassen wollen, die bereit sind für das Außergwöhnliche. „Der neue Name Zeitzeug_ Festival steht dabei für die stets aktuelle Auseinandersetzung mit gegenwärtigen Themen und gesellschaftlichen Entwicklungen“, sagt das Manifest. Und so unübersichtlich, chaotisch und bisweilen einfach krank und absurd unsere Gegenwart ist, so ist auch die junge Kunst. Zum Glück.

Zeitzeug_ Festival, 12.-16. Juni 2013 an sechs Spielorten in der Bochumer Innenstadt. Mehr Infos und Programm unter www.zeitzeug.net
 

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