Bild: Ausschnitt aus brink #2: Ohne Titel, von Victoria Kure-Wu., Schwellen-Programmatik und Grenzen-Ästhetik als Heft und Ereignis Quelle: brink/Victoria Kure-Wu

Es ist eine irritierende Leseerfahrung, die sich lohnt: brink. Zwei Ausgaben des Magazins zwischen Kunst und Wissenschaft sind bereits erschienen. Die erste Ende 2011 mit dem Titel „das andere sehen“ und im Juni diesen Jahres die zweite unter dem Titel „Sprung“. Das Magazin sticht durch experimentelle Grafik und wilde, aber durchdachte Textanordnung hervor. Das ist allerdings nicht das einzig Bemerkenswerte an diesem Projekt, das vor etwas über einem Jahr von Studierenden (unter anderem der RUB) aus der Taufe gehoben wurde. brink ist viel mehr als ein Magazin, das „hip“ nicht mit „oberflächlich“ verwechselt. Grund genug für die :bsz, sich mit zwei der brinkerInnen, Milena und Lena, zu treffen.

Am Anfang der Arbeit steht eine Frage oder ein Thema, das die Redaktion umtreibt. Dann wird ein „Call for Papers + Artworks“ in die Welt geschickt und gespannt wartet die Redaktion auf die Reaktionen. Dabei wird nicht gekleckert: „Weil wir das Thema „Grenzen“ wichtig finden, sind politische Grenzen für uns bedeutungslos“, erklärt Lena Hintze, die die Pressearbeit bei brink macht. Sie hat einen weltweiten Verteiler für den „Call“ erstellt, der potentiell alle Interessierten erreichen soll. Grundsätzlich kann jedeR bei brink schreiben: StudentInnen, KünstlerInnen, PublizistInnen und WissenschaftlerInnen. Erstaunlicherweise hatte brink von Anfang an enorme Aufmerksamkeit. Bereits für die erste Ausgabe konnte der Philosoph Bernhard Waldenfels als Autor gewonnen werden. In der aktuellen Ausgabe schreibt der französische Philosoph Jean-Luc Nancy und der Regisseur und derzeitige Ruhrtriennale-Leiter Heiner Goebbels wird interviewt.

Studentischen Ausgangspunkt nicht vergessen

„Wir haben brink nicht gemacht, weil an den Unis alles toll läuft, sondern weil alles so verkrustet ist. Deswegen ist es uns sehr wichtig, dass StudentInnen Raum in der Publikation erhalten“, erzählt Milena. Welche Artikel gedruckt werden, entscheidet die Redaktion grundsätzlich nach Qualität und Originalität. Alle Einsendungen werden gleich behandelt, egal ob sie von Profs oder Studierenden kommen. Der Redaktion ist es wichtig, dass es nicht um Posten und Prestige geht. Jede Ausgabe des Magazins wird ohne Profitgedanken geplant. Dankbar sind die brinkerInnen den FörderInnen des Projekts, z.B. dem Verein Situation Kunst oder dem AStA der RUB.

Intellektueller Austausch im Grenzbereich

„brink“ kommt aus dem Englischen und wird von den MacherInnen des Magazins mit „Schwelle“ aber auch „Grenze“ übersetzt. Es kann aber auch „Saum“ bedeuten. Ambiguität ist gewollt und wird als programmatischer Imperativ verstanden. „Das Einzige, was feststeht, ist, dass nichts feststeht“, stellt Milena fest, um sogleich auch diese Aussage als zu apodiktisch in Frage zu stellen. Dass es brink nicht um nihilistische Gedankenspiele, sondern um eine produktiv-pragmatische Herangehensweise geht, belegen sowohl die mittlerweile erschienenen Hefte als auch das brink Ereignis, das am 22. Juni in Wuppertal stattfand: sechs Locations, 40 Exponate, vier Performances und neun Vorträge. Das geht über eine Release-Party für ein Magazin weit hinaus und unterstreicht den brink-Anspruch, losgelöst von wirtschaftlicher Kostenrechnung im öffentlichen Raum mit Ideen zu intervenieren.  
„Je weniger das Ereignis mit dem Magazin zu tun hat, desto mehr hat es sich gelohnt, weil es eben neue Fragen aufwirft, die ein Text vielleicht nicht aufwerfen kann“, erläutert Milena.

Das „öffentliche Räsonnement“ hat einen neuen Ort gefunden

brink hat eine publizistische Leerstelle gefunden, die Studierende, Medien- und Kunstschaffende und ProfessorInnen gleichsam anspricht. Von StudentInnen initiiert und organisiert, stellt brink als Plattform und Austauschforum einen Diskurs her, der quer und irritierend zu den hierarchischen Unidiskursen liegt und diesen den Spiegel vorhält. brink kann Kommunikation einfach anders organisieren, weil es nicht um Selbstdarstellung und Machtpositionen geht, sondern um das Agieren als derjenige, den Kant einen „mündigen Bürger“ genannt hätte. Über den brink-Diskurs, der „Herrschaft“ an sich theoretisch und in der sozialen Praxis verwirft, indem er die einfachen und klaren Antworten genauso verweigert wie er Hierarchien in Frage stellt und in der redaktionellen Arbeit auf einen „Konsens auf  der Schwelle“ setzt, sollte sich besonders ein gewisser Jürgen, der in Frankfurt zur Schule gegangen sein soll, freuen. Vielleicht schreibt er ja im nächsten brink Magazin?
Der nächste „Call for Papers“ wird in 14 Tagen erwartet.

Infos: www.brinkmagazin.de
 

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