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Winter is coming. Es wird wieder kalt und dunkel in Deutschland. Und hier in Remscheid, im Städtedreieck des Bergischen Landes, wird der Winter stets noch um einiges unbehaglicher als im Ruhrgebiet. Hätte ich in diesem Jahr also doch nach Bochum ziehen sollen, anstatt mir weiterhin das Bergische Mehr an Regen und Kälte, Eis und Schnee zu geben? Oder anstatt mir mehrmals wöchentlich einen über zwei Stunden langen Weg mit Bus und Bahn zuzumuten? Nein, ich wohne schon ziemlich gerne an diesem regnerischen dunklen Ort, der von Bergen und Wäldern umgeben ist. Das Bochumer Studierendenleben kommt durch die räumliche Entfernung zwar noch kürzer als es das bei mir ohnehin schon tun würde, doch bereits die im Vergleich zum Ruhrpott-Ballungsraum bessere Luft gleicht das wieder aus. Also bleibe ich in Bochum lokalistisch gesehen lieber ein Fremdarbeiter und Fremdstudierender, anstatt die Wohnungsknappheit weiter zu verschärfen.

Leider wird auch dieser Winter nicht so fantastisch wie der in Westeros, sondern bloß wieder glatt und beschwerlich. Und über diese andere Seite der Bergischen Natur trösten mich dann auch die schön vielen – nur zweiäugigen – Raben längst nicht mehr hinweg (Wölfe, Bären und Wisente gibt es hier ja leider keine). Erstmals in meinem Leben verspüre auch ich in diesem Jahr die Sehnsucht nach einem Urlaub in wärmeren Gefilden. Und wäre mir die Zeit dafür vergönnt, so wüsste ich  schon das gewünschte Reiseziel: Thailand! Ja, trotz der aktuellen Unruhen dort, trotz der strukturellen Probleme des Landes und trotz des schweren Konflikts im Süden Thailands. Doch wäre ich sicherlich ein eher untypischer Thailand-Urlauber, mehr von den heroisch-kriegerischen „Bang Rajan“-Filmen inspiriert als von den Gegebenheiten, die TouristInnen üblicherweise anziehen. Wenngleich die schönen Strände und das warme Wasser selbst mich Wasserscheuen vielleicht ins blaue Nass locken könnten.

Nun, wer mich ein wenig kennt, würde wohl annehmen, es ginge mir bei einer Thailand-Reise primär um historische Sehenswürdigkeiten und Museen, um buddhistisch-religiöse Stätten und den Theravāda-Buddhismus. Dinge, die für mich zwar interessant sind, aber insgesamt eher Nebenaspekte darstellen würden. Wer mich gar nicht kennt, aber immer gleich an Sex denkt, der würde dagegen fälschlicherweise auf Sextourismus meinerseits tippen – insbesondere wenn ihm meine Prostitutionsartikel in dieser Zeitung missfallen. Dabei gibt es in Thailand so viel, das neben dem – für TouristInnen zwangsläufig begrenzten – generellen Kennenlernen der dortigen Kultur und Lebenssituation besonderes Interesse verdient. Vor allem natürlich die Kampfkunst Muay Thai, auch Thaiboxen genannt, die in ihrem Ursprungsland den Nationalsport darstellt. Wie könnte ich nach Thailand reisen, ohne mir dort einige gute Muay-Thai-Kämpfe anzuschauen?

Hinzu käme das ausgiebige Erkunden der authentischen Thaiküche, samt den Insekten und einigen anderen für WestlerInnen ungewohnten Speisetieren. Auf den Spuren von „Der Alles-Esser“ wäre ich auch als sonst überwiegend konsequenter Vegetarier (und seltener Gelegenheits-Pescetarier) trotzdem für das Meiste von dem offen, was andere WestlerInnen nicht probieren würden. Nur die bei uns üblichen Speise-Säugetiere würden von mir auch in Thailand möglichst vermieden. Also Feldratte ja, Rind nein. Das muss keiner logisch finden oder nachempfinden können. Menschen sind bekanntlich verschieden und jeder möge das tun, was seinen Interessen und Neigungen entspricht und dasjenige lassen, was diesen zuwider ist. Doch habe ich in diesem Winter leider gar keine Zeit, um überhaupt nach Thailand zu reisen. Also bleiben mir nur die Vegetarier-Träume von der Urlaubsausnahme in Form einer scharf zubereiteten, gegrillten Feldratte.

Patrick Henkelmann