So ein Katzenjammer
Es gibt Comics, Karikaturen, Zeichentrickserien, Satiremagazine, Cartoons und Mangas. Und es gibt Roman Dirge. Kein Begriff? Kulturlücke!

Roman Dirge war einer der Zeichner von Invader Zim, erfand Lenore – The Little Cute Dead Girl, The Monsters In My Tummy und Something at the Window is Scratchin.

Man erkennt ihn an seinen zahlreichen Tätowierungen, den komischen riesigen Löchern in den Ohren und dem leicht wahnsinnigen Blick. Charakteristisch für ihn sollen auch, laut Beschreibung in manch einem Comic, sein nächtliches Sabbern und die merkwürdigen, leisen Stimmen in seinem Kopf sein. Die Verbindung dieser Stimmen zu dem im Folgenden rezensierten Heftchen ist nicht von der Hand zu weisen.

Dedicated to my Cat
Miss Spooky Muffin

Der Name des Comics verrät schon fast alles und lässt einen doch erst einmal ziemlich wundern: The Cat with a really big head (and one other story that isn’t as good). In diesem Zusammenhang sollte man das „really big“ sehr ernst nehmen, denn die Geschichte handelt von einer armen Katze, die zu ihrem immensen Unglück mit einem Schädel auf die Welt kommt, der einem Heißluftballon gleicht. Ja, richtig gelesen: Heißluftballon.
Die süße Katze namens Miss Tiki bringt, manche vermuten durch zu viele Chemikalien im Futter, ein Wunderbaby zur Welt. Das Wunder beschränkt sich aber lediglich auf den schon oben erwähnten Umfang des Kopfes. Kein Wunder ist, dass die junge Katzenmutter direkt nach der Geburt bzw. währenddessen das Zeitliche segnet.
Und so bleibt das Katzenbaby, kurz „the cat“ genannt, in der Obhut der beiden Kinder des Hauses, Molly und Max. Leider interessieren sich die beiden weniger für die Katze, als vielmehr für ihren ersten Haarballen, dem Max den Namen „Miss Purty Angel Puff“ gibt und all seine Liebe schenkt. Molly hingegen holt sich eine Maus, welche zum ärgsten Erzfeind der Mieze wird.

Whom I swear has the old soul of a poet trapped deep within her…

Neben den zahlreichen Problemen, die „the cat“ hat, so zum Beispiel Essen (sie muss sich auf einen Strohhalm aufstützen, um nicht in den Napf zu fallen), Rausgehen (Katzenklappen sind schon fies) oder, wenn man es endlich aus der Tür geschafft hat, Spazierengehen (das endet dann meistens mit Fliegen), gibt es diese Maus. Und diese Maus, Mr. Stinky, hat Freunde – viele Freunde. Leider sind es nicht „the cats“ Freunde. Im Gegenteil: Dieses Konglomerat aus fiesem, fiependen Ungeziefer hat es sich zur Aufgabe gemacht, der Katze das Leben zur Hölle zu machen bzw. einfach nur Spaß zu haben. Zu all ihrem Unglück schafft es „the cat“ auch nie, Mr. Stinky zu fangen. Irgendwie, und sie kommt einfach nicht dahinter, scheint Mr. Stinky immer zu merken, wenn „the cat“ hinter ihr steht.

That or she just has some gas. You know, some cat gas.

„The Cat“ hat wirklich kein einfaches Leben. Bis zu dem Tag, an dem sie sich dafür entscheidet, ohne Strohhalm zu essen. Nach mehreren Monaten des Verfaulens im Napf (ihr könnt es euch denken: Sie konnte den Kopf nicht halten) merkt sie auch, wie sie ganz leicht wird und gen Himmel fliegt. Nur leider hält dieses unbeschreibliche Glücksgefühl, welches unweigerlich in ihr aufsteigt, nur vier Sekunden. Sie wird nämlich, wie das bei Katzen eben mit neun Leben so ist, wiedergeboren. Und sie ist immer noch keine normale Katze…
Als Bonus gibt es zu dieser anrührenden Erzählung noch ein kleines Schmankerl names „A big Question“. Dort geht es sehr knapp um ein junges Mädchen, welches den wunderschönen Namen Alisa McGee trägt und von einem Flugzeug platt gemacht wird. Auf dem Seziertisch des Pathologen erwacht klein Alisa McGee, um zu erfahren, warum sie denn sterben musste. Der Pathologe weiß aber keinen Rat. Da er sich nicht mit den Fragen nach dem Sinn des Lebens befassen will, erschlägt er klein Alisa McGee einfach noch mal. Und geht ruhig schlafen.
Wem nun immer noch nicht mulmig ist, dem sei diesese kleine, feine Heftchen wärmstens ans Herz gelegt.

aw

„The Cat with a really big head
(and one other story that isn’t as good)”
SLG Publishing
ISBN: 0-943151-58-9
Preis: 2.95 US-Dollar (ca. 2,20 Euro)

JedeR kommt täglich drauf, aber nur wir sprechen drüber

Die Wahl des Themas für eine Diplom- oder Abschlussarbeit ist keine leichte Aufgabe. Es sollte ein spannendes Thema sein, Neues muss erforscht und dokumentiert werden und auch die Spannung darf nicht auf der Strecke bleiben. Geht man die Sache nicht konzentriert genug an, kann es passieren, dass ein richtiges Scheißthema dabei herum kommt, das keinen interessiert und auf Jahre in den Regalen der Fachbibliotheken verstaubt. Doch es gibt auch Menschen, nun, eigentlich ist uns nur einer bekannt, der sich mit großer Hingabe ein solches Scheißthema ausgesucht und mit Erfolg behandelt hat. Damit ihr nun nicht denkt, die bsz berichte über die langweiligste Diplomarbeit der vergangenen Dekade, dem sei mit dem Buchtitel „Das Klo im Kino“ auch schnell das Wortspiel erklärt und nebenbei gesagt, dass einer unserer Ruhr-Uni-Absolventen dieses Werk als Abschlussarbeit seines Studiums der Film- und Fernsehwissenschaften vorgelegt und jüngst beim LIT-Verlag veröffentlicht hat.

Der Mann hinter dem Buch heißt Philipp Tschirbs und hat sich in der vergangenen Woche mal mit uns zusammengesetzt, um über eben dieses Buch zu sprechen. Angefangen hat sein Forschungsinteresse auf diesem eher ungewöhnlichen Terrain, von welchem auch der betreuende Professor erst überzeugt werden musste, mit der Aussage eines Komillitonen, es gäbe keine Klos im Kino und Leinwandhelden müssten nie. Binnen Sekunden hatte Tschirbs mit der Erinnereung an „Trainspotting“ einen Gegenbeweis für die Existenz des Klos im Kino parat. Im Laufe der Forschungsjahre wurden es hunderte Filme, die gesichtet und auf ihre Klopräsenz überprüft wurden.

Hitchcock muss als Erster

Dabei kam heraus, dass trotz der nicht mehr ganz jungen Geschichte des Kinofilms, das Klo erst recht spät den Einzug auf die Leinwand gehalten hat. Mit Ausnahmen zweier Filme aus den 30er Jahren, gab es Jahrzehnte lang nicht viel vom doch eigentlich selbstverständlichen und alltäglich benutzen Klo zu sehen. Den Durchbruch für die Geschichte des Klos im Kino legte einer der ganz Großen: Alfred Hitchcock. Fast alle ZuschauerInnen von Psycho erinnnern sich an den Duschvorhang und den kurz darauf stattfindenden Mord, doch wer hat bemerkt, dass kurz zuvor die Klospülung betätigt und die dazugehörige Schüssel gezeigt wird? Zum damaligen Zeitpunkt ein harter Tabubruch, der für die Folge der in Filmen eingesetzten Kloszenen jedoch der Durchbruch war.
Langsam arbeitete man sich an das Thema heran. In frühen Kloszenen wurden noch teils hochelegante Mittel zur Verschleierung benutzt. Irgendjemand steht im Weg, wenn man eigentlich den Schwenk auf intime Details erwartet, eine Zeitung im Überformat wird gelesen um nur den Kopf herausschauen zu lassen oder Brigitte Bardot läßt beim Pinkeln einfach den Rock an.
Die zeitliche Entwicklung bringt dann jedoch immer mehr Details in den für die ZuschauerInnen sichtbaren Bereich, gibt Szenen mit oder auf dem Klo entscheidende Funktionen für den Verlauf der Handlung oder kombiniert in vielen Fällen den Tabubruch des Intimen mit anderen Tabus. So ist das Filmklo oft auch Ort von Gewalt und Sex.

Was rein kommt, muss auch raus

Interessant auch, wie es überhaupt erst zum Fehlen des Klos auf der Leinwand kam. Hier hilft ein Blick in die Geschichte des Stuhlgangs. Diese begangenen Stühle standen einst in den Palästen der Reichen, die, um sich vom Pöbel stylistisch abzusetzen, so etwas wie das erste Klo erfanden. Ein abgetrennter Raum zum Scheißen mit Sitzgelegenheit. Erst später hielt diese Sitte auch in den Normalhaushalt Einzug. So wanderte das Klohäuschen vom Hof in die Zwischenetagen und noch später in die Wohnung hinein, verbunden mit einer stetigen Steigerung der Intimität und Verdrängung der Thematik aus dem öffentlichen Raum und somit auch zunächst aus dem Kino.
Man sprach und spricht auch heute noch teilweise nicht gerne über die alltägliche Themen Klo und Verdauung. Der durchschnittliche Bauarbeiter noch eher als der Snob. Dabei scheißen doch alle Menschen gleich. Vielleicht liegt genau hier einer der Gründe der frühen Kloabwesenheit. Eine fehlende persönliche Differenzierung der Charaktere im Film durch eben diese Gleichheit. Beim genauen Gegenteil, dem Konsum, lassen sich hingegen vortreffliche Unterschiede fest- und darstellen.

Die Details im Verborgenen

 Doch wollen wir nicht zu breit über abwesende Klos reden. Denn, wie oben erwähnt, passiert auf dem gar nicht so stillen Örtchen oft Entscheidendes oder Spannendes. Durch die räumlich bedingte Anordnung eines Klos als Sackgasse, können Begegnungen an einem solchen Ort böse enden. Ein Fluchtweg fehlt und man ist der Gefahr, die sich durch die einzige Tür nähern könnte, ausgeliefert. Andersherum bietet gerade die Abgeschiedenheit eines Klos auch Versteckmöglichkeit vor den Augen Anderer, und das nicht nur zum Kacken, sondern auch als Fluchtmöglichkeit, für sexuelle Handlungen, Drogenkonsum („Christiane F.“), Gewalt (John Travolta stirbt in „Pulp Fiction“ nach dem Klogang) oder als Versteck für Gegenstände (Das Tagebuch in „8mm“ oder die Waffe in „Saw“). Man ist alleine und fühlt sich sicher. Was für den Film einen doppelten Tabubruch darstellt, ist für die Protagonisten eine Erlösung.
Mit dem Blick in die scheinbar private Atmosphäre des Klos der Protagonisten, erhalten die ZuschauerInnen also wichtige Einblicke, die dem Rest der Akteure verborgen bleibt, lernt eventuell sogar noch etwas über den Charakter des Betroffenen. Ist es ein sauberer Mensch, ein verheirateter Mensch, ein Guter oder ein Böser? All das kann das Klo im Kino leisten. So bietet sich auch die Möglichkeit der Identifikation mit der Figur auf der Leinwand anhand typischer und vielleicht nur auf dem Klo erkennbarer Verhaltensmuster.
In einer Vielzahl neuerer Filme, insbesondere aus dem Komödiengenre, wird die Darstellung des Klos mittlerweile völlig enthemmt und überzogen dargestellt. Die Begegnungen dienen mehr der Belustigung (Ben Stillers eingeklemmter Schniedel, Die nackte Kanone in jedem Teil), als der Erklärung. Die Tricktechnik hat Einzug gehalten in die vier Wände des Klos und der Einsatz von Fäkalien in allen Formen und Mengen scheint kein Problem für das Publikum mehr darzustellen.
Eine positive Entwicklung in Anbetracht der Tatsache, dass der Umgang mit dem Thema Klo, Verdauung und Defäkation uns eigentlich in die Wiege gelegt wird und wir scheinbar nur verlernt haben, richtig damit umzugehen. Hier sollen auch keine Urängste vor Gefahren und Unreinheit als vorgehaltener Grund dienen, etwas alltäglich durchgeführtes so an den Rand der Gesprächs- und Darstellungswelt zu drängen.
Philipp Tschirbs Buch „Das Klo im Kino“ leistet so einen Beitrag zur Normalisierung und Unverkrampfheit. Das Interesse an dem Thema scheint, genau wie ein gewisser Aufklärungsbedarf, vorhanden zu sein.

Verdaung im Kinosessel

Beim nächsten Kinogang werdet ihr die Handlung nun hoffentlich mit ganz anderen Augen und Vorkenntnissen beobachten. Hier ein Klo, dort ein Griff in die Schüssel. Oder euch fallen auf Anhieb noch drei bis fünf nicht hier erwähnte Kloszenen aus Filmen ein, die ihr schon längst gesehen habt. Das Buch bietet zur Recherche selbstverständlich eine Filmographie aller relevanten Werke im Anhang und, wie es sich für eine wissenschaftliche Veröffentlichung gehört, auch eine Vielzahl spannender Verweise auf weiterführende Literatur. Bei aller Brisanz der Thematik bietet Tschirbs durch das gesamte Werk eine intensive und fundierte Abhandlung über das Klo im Kino, so dass keine Fragen offen bleiben.
Der Weg in die Forschung und Analyse ist nun also frei für Euch. So will es der Autor schließlich. Ein wenig Aufmerksamkeit fordern und fördern, um die Film- und Fernsehwissenschaft populärer zu machen und in den Augen der ZweiflerInnen etwas mehr Anerkennung zu schüren. Vielleicht schafft ihr es demnächst, genau wie Phlipp Tschirbs, euer Ruhr-Uni-Studium efolgreich abzuschließen und mal ein Buch darüber zu schreiben. Und wenn nicht, dann scheiß drauf.

RRR

Philipp Alexander Tschirbs
Das Klo im Kino
LIT-Verlag, 296 S., 24,90 Euro
ISBN 3-8258-0100-4

Folge eins: bsz
Ja, ja. Die Nacht der Stars und Sternchen. Ja, Ja, der rote Teppich und all das. Die Frauke Ludowig auf Prominentenjagd. Sie hat dieses Kleid von dem da an und er hat sich extra den ganzen Tag im Fitnessstudio aufgepumpt und wurde dabei von jenem Fernsehsender begleitet. Er war auf der Sonnenbank, aber zu lang, sie dort drüben war auch drauf, aber zu kurz und man hat gehört, bei ihm würde mit diesem Getränk gefeiert. Die ganze Show eben, für die sich ein paar Hausfrauen und sogenannte Medienwissenschaftler die Nacht um die Ohren schlagen.

Aber dann: Deutscher gewinnt Oskar! Gibt’s ja nicht! Hat er sich doch tatsächlich durchgesetzt gegen einen Film aus Mexiko (gemeint ist natürlich: Pan‘s Labyrinth), dessen Dialoge einer schwachsinnigen Kindergärtnerin aus Castrop Rauxel im Glutamatschock von ihrem Meerschweinchen zugeflüstert wurden. Bravo! Bravo! Dieser Teufelskerl! Das hat er sich (womöglich auch noch: redlich) verdient, sagen die einen. So wie er sich da auf der Bühne und in der Bild-Zeitung präsentiert, hat er nichts verdient, außer dass er einmal Pan‘s Labyrinth sehen muss, sagen die anderen.
Es ist aber auch nicht leicht: Da ist dieser große Saal, voll mit schönen Leuten und daneben sitzen auch noch reiche Leute und dann hat man die ganzen Erwartungen und wenn man Pech hat, ist man übergewichtig und schwitzt und hat schon zu viel getrunken, oder überhaupt noch nichts, und also viel zu wenig getrunken und irgendwie ist das alles schon komisch, insbesondere, wenn man sich überlegt, dass auf der ganzen Welt irgendwelche Hausfrauen und sogenannte Medienwissenschaftler sich das ganze Spektakel live im Fernsehen anschauen.
Wenn dann auch noch der Fall der Fälle eintritt und man den Preis gewinnt, dann ist alles aus: Das ist die Höchststrafe. Man kann sich ab da nur noch blamieren. Aber genau das kann man wissen. Entweder man fängt vor Glück an zu heulen und keiner versteht mehr, was man da von einer unglücklichen Jugend in einer eher unwirtlichen Gegend einer amerikanischen Großstadt vor sich hin, mehr flennt und schluchzt als redet. Hinzu kommen dann zwangsläufig Danksagungen an die Eltern und auch an Gott den Allmächtigen und die amerikanische Gesellschaft, die es bisher noch jedem ermöglicht hat zu schaffen, was er (oder neuerdings auch: sie) sich vorgenommen hat (nur eben nicht alle zur gleichen Zeit: es kann immer nur einen Präsidenten geben und nur einige wenige Oskargewinner etc.). Ein solch emotionaler Ausbruch wird (noch) nicht von allen als rührend empfunden.
Wie man’s auch dreht und wendet mit dem Preis: man kommt da nicht mehr raus, und ist man erst einmal geschmücket und behanget, wird es unvermeidlicherweise menschlich und also: dilletantisch (darauf hoffen natürlich auch die Hausfrauen und Medienwissenschaftler am Fernseher). Man kann schauen, was schlaue Leute versucht haben, um sich bei Preisverleihungen aus der Affäre zu ziehen, aber deren Rezepte kann man nicht noch einmal verwenden, das wäre dann doch zu schäbig. Etwas von einem vorbereiteten Zettelchen vorlesen, hilft auch nicht weiter. Dem verschwitzten Jubel einfach freien Lauf lassen: geht immer, kommt aber auch immer ungut an. So hat das der deutsche Oskargewinner dieses Jahr aber gemacht: einfach Mal so richtig gefreut: mit Oskar in die Kamera halten und Preis widmen (was zu entschuldigen wäre, gäbe es neben einer Statue auch noch Geld).
Für seine (wenn auch Fremdscham hervorrufenden) gezeigten echten Gefühle muss man den Mann nicht sofort verdammen: geldgierinduzierte Infantilität gibt es auch sonst schon genug im Fernsehen zu schauen, warum also auch das Nachtprogramm damit belasten, wo es doch zu dieser Zeit schon längst nicht mehr um die Quote (vulgo: Wurst) geht. (1)1
Hier also der endgültige Gegenvorschlag zur Herbeiführung grenzenlosen Jubels: Total besoffen auf die Bühne taumeln. Auf die geflüsterte Frage, ob übersetzt werden muss, mit „Ja“ antworten. Sich schielend an goldener Trophäe festklammern, dabei sagen: „Mann, bin ich Tutti.“ Lauschen, wie das übersetzt wird, dann irre kichern.
Dann alle Konzentration auf die folgenden Wörter: „Frosch, Ficken, Idiot“ Das wird erwartungsgemäß wie folgt übersetzt: „Frog, fucking, Idiot“. Das Publikum wird irritiert reagieren, man darf sich aber von Raunen, Murmeln et cetera nicht aus der Balance werfen lassen. Man übersetzt nun seinerseits das Übersetzte zurück in die Muttersprache, also: „froschfickender Idiot“. Wenn der Dolmetscher nicht weiterübersetzt, ruhig grob anfahren. Er sollte dann folgendes hören lassen: „Frogfucking Idiot“.
Daraufhin sagt man: „So, jetzt hat man ja eindrucksvoll hören können, welche Missverständnisse beim Übersetzen auftreten können. Sie denken, ich hätte zwei Mal das Gleiche gesagt, dem war aber nicht so. Einige Feinheiten der Sprache gehen bei so einer Übersetzungsprozedur offenbar nur allzu leicht verloren. Das ist ja bekannt. Aber auch das umgekehrte Phänomen kann beobachtet werden: Aus im Original scheinbar banalen Sätzen kann mittels Übersetzung ein hochanspruchsvoller Dialog werden. Eine solche Verwandlung scheint meinem, alles in allem doch mehr als mittelmäßigen Filmchen bei der Übersetzung in die englische Sprache wiederfahren zu sein, wie jeder, der das deutschsprachige Original gesehen hat, ebenso mutmaßen muss. Anders kann man es sich nicht erklären, dass die englischsprachige Jury einen solchen Steifen, wie den meinigen, für eine Ehrung für würdig befinden kann. Oder sollte es tatsächlich so sein, dass immer nur das Mittelmaß in der größten Bewunderung steht?2 (2) Wie ich dem Schweigen des Publikums entnehme, wurde ich nicht verstanden oder aber doch verstanden. Das kann ich nicht wissen. Dass aber irgendetwas in den Gehirnen des Publikums vor sich geht, sehe ich an Siegfried und Roy, die sich in der allerletzten Reihe gerade nicht mehr einkriegen, was ich auf ihre in glorreichen Phantasialandtagen erworbenen Deutschkenntnisse mich zurückzuführen getraue. Ja, Ja: Deutsche Sprache, komplizierte Sprache. Ich danke ihnen.“
Dann geht man vom Podest runter, lächelt in die Photographenmeute, wedelt mit der errungenen Trophäe hin und her und kann sich schon mal überlegen, was dieser Oskar wohl bei einer ebay-Auktion einbringen wird, vorausgesetzt, man denkt in diesem Moment an seinen Anlageberater (dem man kurz zuvor eigentlich auch hätte danken können; hat schließlich auch noch niemand gemacht). Dann wäre es aber endgültig an der Zeit, die kurz zuvor gierig verschlungenen dreiundzwanzig Schrimpcocktails, die bis dato auf einem Schampusozean vor sich hin dümpelten, auf das süßwasserperlenbesetzte Kleid von Nicole Kidman zu erbrechen. Dann bekommt man auch den Respekt, den man will: Von der Bochumer Studierendenzeitung.

Benz

P.S.
Wer mitteilen oder wissen will, was Nicole Kidman wirklich anhatte, bitte: bsz@rub.de

(1) Erstaunlich: man kann auch zu genau gegenteiligen Schlussfolgerungen gelangen, wie der Programmdirektor von 9Live, und seine Kollegen aller anderen deutschen Fernsehsender beweisen.
(2) Sicherlich bald schon von sogenannten Medienwissenschaftlern vorgelegt: Der Oskar als Stigma für mittelmäßige Filme und Filmemacher? – Eine phänomenologische Annäherung an Martin Scorsese und sein Spätwerk.

Videoslam – Runde vier
Zum dritten Videoslam der Saison lädt das Internationale Videofestival Bochum für Mittwoch, 11. April, um 20 Uhr in den Intershop in der Viktoriastraße. Bei einem Videoslam kämpfen Hobbyregisseure mit selbst gedrehten Kurzfilmen um die Gunst des Publikums. Der Sieger des Abends qualifiziert sich für das Finale auf dem 17. Internationalen Videofestival vom 14.-16 Juni. Teilnehmen kann jeder, der ein selbstgedrehtes Video mitbringt. Nach dem Wettbewerb gibt’s elektronische Musik zum Tanzen von DJ Toomsen sowie der Diskotier.
Auch in der vierten Runde des Videoslams steht neben den Filmen vor allem das Publikum im Mittelpunkt. Mit roten und grünen Karten entscheiden die Zuschauer über Sieg oder Niederlage der Hobbyfilmer. Der Gewinner des Slams erhält einen Wanderpokal und trifft im Finale, dem Grand Videoslam auf dem Internationalen Videofestival im Juni, auf die Sieger der anderen drei Runden. Die Organisatoren des Videoslams freuen sich auf ein filmbegeistertes Publikum und bitten interessierte Videomacher, ihre Filme auf DVD oder VHS mitzubringen.

Stattfinden wird das alles am Mittwoch, den 11. April 2007 ab 20 Uhr im Intershop (Viktoriastr. 53A, Bermudadreieck). Der Eintritt ist frei.

Und schon mal zum Vormerken: Video Lounge und Clubbing #9 finden statt am Freitag, den 11.Mai 2007. Ab 21.00 Uhr Videolounge, ab 23 Uhr Videoclubbing. Eintritt: 6 Euro, im Theater unter Tage (Schauspielhaus Bochum)

Ist das selbstbestimmte Individuum eine Illusion?
Ist das selbstbestimmte Individuum, so wie wir uns alle ja gerne nennen, nur eine Illusion? Oder sind wir alle (mittlerweile) tatsächlich frei von jeglichen äußeren Einflüssen?

Um diese Frage beantworten zu können, sollte erst einmal der Begriff des Individuums geklärt werden.
Im Lexikon finden sich zwei recht kurze und prägnante Erläuterungen, die den Begriff an sich für zwei Bereiche aufteilen. Zum einen findet sich der Begriff des Individuums in der Philosophie wieder, in welcher es das Einzelwesen darstellt, zusammenhängend mit dessen Vernunft und Selbstständigkeit. Ebenso steht hier die Beziehung des Einzelwesens zu Gott in der Theologie, zur Gemeinschaft im Bereich der Ethik und zur Gesellschaft mit dem Überbegriff der Soziologie im Mittelpunkt.
Der andere Bereich ist die eben erwähnte Soziologie. Hier wird noch einmal speziell die Gesellschaft dem Individuum entgegengesetzt, wobei wieder die Definition des Einzelwesens vorangeht.
Was bedeutet nun „selbstbestimmt“ eigentlich? Für mich bedeutet es, ohne Einfluss einer anderen Person, oder auch mehrerer, oder Institution mit dem vollen Bewusstsein der Mündigkeit (wir erinnern uns alle an Kant!), meistens im eigenen Interesse, Entscheidungen zu treffen, für die der/die Einzelne bereit ist, die Verantwortung zu tragen.
Ein Selbstbestimmtes Individuum ist demnach ein eigenverantwortlich handelndes Einzelwesen, d.h. nicht fremdbestimmt.

Gibt es so etwas überhaupt?

Nun, die meisten Menschen sind der Auffassung, selbstständig zu sein und zu handeln. Der Mensch hätte schließlich durch die Aufklärung seine Unmündigkeit abgelegt.
Haben wir aber wirklich den Ausgang aus der „selbstverschuldeten Unmündigkeit“ erreicht? Lasst mich anders fragen: wie weit sind wir beeinflussbar? Wie weit fällen wir unsere Entscheidungen selbst? Wie weit reicht die Beeinflussung durch andere?
Das beste Beispiel ist doch wohl unsere schöne, demokratische und freie Universität zu Bochum. Heute erst bekam ich mitgeteilt, dass das Losverfahren in einem Seminar, welches dringend besucht werden sollte, gegen mich war. Habe ich da irgendwas mit entschieden? Nein. Oder der NC – fast jedeR musste diese Hürde nehmen. Die Studiengebühren, der Bachelor und seine Anforderungen, die Regelstudienzeit, der Nebenjob, Die Anwesenheitspflicht, die Hausarbeit. Das hat man sich als StudentIn nicht selber ausgedacht. Nein – man muss es tun.
Noch ein Beispiel: die Stromrechnung, die Miete, der Wocheneinkauf und der Job, den man braucht, um das bezahlen zu können. Selbstbestimmt? Also, wer mit Freude Rechnungen zahlt, ist mir suspekt.

Verfolgungswahn

Hier wären wir dann beim Thema Konsum. Kaum eineR kann sich ihm entziehen. Überall, Tag ein, Tag aus, rund um die Uhr wird der Mensch von der Werbung verfolgt. Keine Straße ohne Werbeplakat, kein Film ohne Werbeunterbrechung, keine Radiosendung ohne Werbeblock. Und in jeder Werbung (dafür ist sie ja schließlich da) geht es darum, zu kaufen, zu besitzen. Am Besten alles und zwar gleich. Wenn es geht, sogar noch billig, damit man umso mehr besitzen kann. Und die Menschen sind der festen Überzeugung, sie wollten dies, weil es eben ihrem Wesen entspräche. Sie merken nicht, dass sie unbewusst ständig einer „Werbe-Gehirnwäsche“ unterzogen werden, die ihnen vorpredigt, man müsse besitzen, um glücklich zu sein.
Gehen wir aber mal von den offensichtlich fremdbestimmten Handlungen weg und wenden uns den Dingen zu, die man ganz für sich alleine entscheiden MUSS: Glauben. Dieser Bereich sollte von jedem Menschen selbst überdacht werden. Am Leben bleiben. Darüber kann man auch nur mit sich selber übereinkommen. Anderen helfen. Dazu kann einen keineR zwingen.
Stellt euch vor, ihr säßt nach einem langen und ätzenden Unitag, womöglich sogar noch nach ein paar Stunden Arbeit bei eurem dringend erforderlichen Nebenjob, in der U-Bahn. Ihr wollt nach Hause. Sonst nichts. Auf einmal bemerkt ihr aber, dass ein Abteil weiter ein betrunkener Fahrgast eine junge Frau belästigt. Sie versucht ihn los zu werden und sich zu wehren, scheitert aber. Ihr schaut euch um. KeineR hilft. Was macht ihr? Auch aus dem Fenster starren oder hingehen und den Typen am Kragen packen? Die Entscheidung kann euch keineR abnehmen.
Apropos Entscheidungen abnehmen. Wie oft schon hat einE jedeR nach Rat gefragt. Man weiß nicht weiter, also bittet man jemanden um Entscheidungshilfe. Da einem dieser gegebene Rat so gut gefällt, übernimmt man ihn. Und am Ende hat man sich so oder so „selber“ entschieden. Man mag nun sagen: „Ja, ich habe mich doch eigenständig für diesen Rat entschieden.“ Mir geht es jedoch ums Prinzip. Wie weit sind wir noch in der Lage individuell zu handeln? Wo hört die Unabhängigkeit auf und wo fängt die Abhängigkeit an? Geht eine totale Unabhängigkeit heutzutage überhaupt?
JedeR von uns lebt den puren Individualismus. Keine Frage. KeineR kann jedoch alleine Entscheidungen treffen. Man muss absprechen, überdenken, nachfragen, zurücknehmen, umplanen, umgestalten, verbessern, erneuern, beenden. Und vor allem, sich auf andere einstellen und einlassen. Eine Gesellschaft, in der jeder Mensch nur noch alles alleine bestimmt, kann nicht existieren. Das Leben als einsamer Wolf ist in diesem Zeitalter und dieser Gesellschaft nicht mehr möglich. Aber wollen wir überhaupt als einsame Wölfe leben? Abgesehen von der Unmöglichkeit eines solchen Wunsches – wer will das schon? Alleine, ohne Bleibe, ohne Arbeit, womöglich in einem Wald mit Schrotgewehr. Nette Idee für einen John Wayne Film, aber als Lebensweise ungeeignet.
Wenn wir von diesem „Ideal“ eines Selbstbestimmten Indivuums absehen – wie weit reicht nun unsere Entscheidungsbereitschaft in ganz persönlichen, intimen oder gesellschaftsbezogenen Fragen? Würdet ihr vor allen Menschen als EinzigeR gegen etwas die Hand heben, das die Welt verändern könnte? Wann ist der Mensch selbstbestimmt? Wenn er alleine Pizza bestellen kann oder den Wahlzettel abgibt, ein Auto kauft oder die Polizei ruft, die Hausarbeit schreibt oder die Wolken beobachtet?
Es gibt Menschen, die selbstbestimmter sind, als andere. Aber vollkommene Selbstbestimmung gibt es nicht. Der Mensch kann nicht gänzlich alleine bestimmen, auch wenn er will.
Selbstbestimmtes Individuum – eine Illusion? Ja.
aw

bsz-Buch-Besprechung

In den Semesterferien hat ein Student oder eine Studentin viel zu tun. Wir hoffen aber, dass Ihr noch Zeit für ein Buch findet, dass Euch kein Prof empfohlen hat. Im Moment gibt es viele interessante Neuerscheinungen, und wir haben einige für Euch probegelesen, um die Entscheidung leichter zu machen, welches Buch mit in den Urlaub fahren darf. Wir wünschen entspannende Ferien.

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Unbequeme Wahrheiten

Noah Sow hat ein Buch geschrieben. Über Rassisten und Rassismus. Doch meint sie in diesem Fall nicht, wie vielleicht anzunehmen wäre, rassistische Schläger und Neonazis. Gemeint sind Leute wie Du. Und ich. Und Tante Erna aus Bochum-Höntrop. Aber ich bin doch kein Rassist. Und Tante Erna nennt Schwarze zwar „Neger“, aber das hat sie halt so gelernt und außerdem hat sie letztens noch im Supermarkt dieses süße schwarze Baby – die sind aber auch immer niedlich – gestreichelt, daher kann sie doch gar nicht rassistisch sein. Wo also ist das Problem?

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„Lieblingsmenschen und Hassobjekte“

Vier Theaterstücke waren zur Premiere am Samstag erstmals im Musischen Zentrum (MZ) der Ruhr-Universität zu sehen: Neben dem 2007 uraufgeführten Erfolgsstück „Lieblingsmenschen“ von Laura de Weck waren drei studentische Produktionen zu entdecken, die sich allesamt assoziativ um den Titel des „Hauptacts“ als Inspirationsquelle ranken.

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Nachlese eines höhepunktarmen Stadtfestivals

Fast eine Million Besucher und über 80 Liveacts sind die Pfunde, mit denen die Veranstalter von Bochum Total Jahr für Jahr wuchern. Ein Festival, so gigantisch und umsonst es auch sein mag, steht und fällt indes immer mit seinen Konzerten. Besonders hierüber soll an dieser Stelle resümiert werden. Der Autor (Wissenschaftsjargon für „Ich“) nimmt sich dabei im Übrigen ausdrücklich die Freiheit der Subjektivität.

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Wann kommt das Kulturzentrum für Wattenscheid?

Das Kulturhauptstadtjahr 2010 rückt näher. Auch an den Bochumer Westen. Dort jedoch herrscht kulturelle Ödnis: Das letzte Wattenscheider Kulturzentrum, das diesen Namen verdiente, wurde vor über einem Jahrzehnt geschlossen. Peinlich, peinlich. Aber der Kampf um eine „kulturelle Grundversorgung“ geht weiter: Die „Aktionsgemeinschaft Kulturzentrum Wattenscheid“ setzt ihre Aktivitäten auch im Sommer fort.

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