Kommentar. Die NRW-Landesregierung will nicht nur die Anwesenheitspflicht wieder an die Unis bringen und Nicht-EU-Studis zur Kasse bitten, auch militärische Forschung soll kein Tabu mehr sein. Doch das Militär gehört nicht an die Unis!
CDU und FDP versuchen, die Abschaffung der Zivilklausel aus dem Hochschulzukunftsgesetz des Landes NRW als „Abbau bürokratischer Hürden“ zu verkaufen. Dabei handelt es sich bei Paragraph 3, Abschnitt 6 des hiesigen Landeshochschulgesetzes keineswegs um eine bürokratische Monstrosität, der entsprechende Passus verpflichtet die Hochschulen zur Förderung einer nachhaltigen und friedlichen Welt. Dass der Regierung eine solche Verpflichtung ein Dorn im Auge ist, ist mindestens verwunderlich, denn die Wahrheit ist: Der Einsatz für eine friedliche Welt ist angesichts von mindestens 18 Kriegen im Jahr 2017 eine Notwendigkeit! Es ist nicht hinnehmbar, dass an den Hochschulen des Landes für das Militär geforscht wird. Universitäten sind Orte des Wissens und stehen in der Pflicht, eben dieses Wissen zum Wohle der Menschheit einzusetzen.
Zudem ist der Großteil der nordrhein-westfälischen Hochschulen in öffentlich-rechtlicher oder gar staatlicher Trägerschaft; wenn hier nun Militärforschung betrieben wird, schlimmstenfalls Technologie für Kriege und Militäreinsätze entwickelt wird, trägt die Gesellschaft eine Teilschuld am millionenfachen Leid durch kriegerische Auseinandersetzungen weltweit.
Was ist mit der guten Seite?
Fast wirkt es schon zynisch, von einer „guten Seite“ der militärischen Forschung zu sprechen, doch sicher gibt es sie, manifestiert im Dual-Use, also militärisch und zivil nutzbarer Technologie. Was haben wir der Militärforschung nicht alles zu verdanken: GPS, Mikrowellen, sogar die Konservendose. Doch dies kann und darf keine Entschuldigung sein. Dual-Use-Technologie lässt sich nicht verhindern, wenn sie aus der zivilen Forschung übernommen wird, doch auch die beste Dosensuppe rechtfertigt nicht die Präsenz von Militär und Rüstungsindustrie in auch nur einem Uni-Labor. Wenn eine Armee oder auch nur ein einziges Rüstungsunternehmen Forschungsvorhaben finanziert, können die Ergebnisse nicht zivil sein. Viel mehr ist solcherlei Forschung ein Beitrag zum Krieg und wenn der Krieg nicht an den Hochschulen NRWs starten soll, muss sich gegen Militärforschung gewehrt werden. Eine Zivilklausel ist nicht nur notwendig, viel mehr muss die Verpflichtung und der unbedingte Wille zur friedlichen Forschung eine Selbstverständlichkeit sein!
Wem zum Vorteil?
Schlimm genug, dass die Bundeswehr in Deutschland Hochschulen betreibt, schlimm genug, dass die Fraunhofer-Gesellschaft in wehrwissenschaftlichen Instituten forschen lässt. Die zivilen Hochschulen haben ihren Ursprung im Humanismus, daher sollten die in diesen Hallen des Wissens erworbenen Erkenntnisse auch humanistischen Zielen gewahr werden.
Und wie immer stellt sich eine wichtige Frage: Wem zum Vorteil? Den Hochschulen, an denen Gelder im Promillebereich für Militärforschung eingehen? Möglich. Der Regierung, die für ihr Engagement zur Befriedung der Welt gefeiert wird? Wohl kaum. Hans Georg Näder, FDP-Großspender und Geschäftsführer Otto-Bock Holding, dem größten Produzenten von Prothesen weltweit? Vermutlich …
:Justinian L. Mantoan
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