Aufklärung. Jeden Donnerstag ab 18 Uhr führt Stephan Lampel eine Gruppe Mutiger durch die „gefährliche“ Essener Nord-City, von manchen als „No-Go-Area“ bezeichnet, und versucht, die schönen Seiten des Bezirks darzubieten.
Doch wie kommt es zu dieser „No-Go-Area“-Tour? Ausschlaggebend waren Plakate der AfD, auf denen die Essener Nordstadt als „No-Go-Area“ betitelt wurde. Außerdem meinen „die Essener, es gäbe keinen Grund, in die Essener Nord-City zu gehen“, erklärt Tourguide Stephan Lampel. Er möchte mit der Tour bewirken, „dass die Menschen keine Vorurteile mehr haben“ und „dass sie ihre Ängste loswerden“. Die Leute hätten Angst, denn Orte, wo so viele verschiedene Kulturen aufeinandertreffen, seien für manche komisch oder sogar seltsam. „Ich möchte glaubhaft vermitteln, dass man hier ganz normal wohnen kann, dass man auch abends hier spazieren gehen kann, ohne dass etwas passiert“, so Lampel.
Was gibt es denn Sehenswertes?
Der Start- und Zielpunkt ist die älteste Kirche in der Stadt, die Kreuzkirche, in der nicht nur evangelische Gottesdienste stattfinden, denn sie ist auch anmietbar für Veranstaltungen, Lesungen, Ausstellungen und Konzerte jeder Art. Kulinarische Anlaufstellen der Tour sind Almasri Sweets, eine von Mohammed al Masri gegründete libanesische Bäckerei, in der es neben Baklawa viele süße und herzhafte Spezialitäten aus dem Orient gibt. Oder das Café Perfekt, dass von einer Familie aus Kreta betrieben wird, die darauf schwört, dass alle Zutaten aus Kreta importiert werden.
Aber auch kulturmäßig gibt es einiges zu besichtigen, darunter zählt zum Beispiel das über 50 Jahre alte „kleine Theater“, das beim ersten Betreten eher einem Wohnzimmer anmutet, was an der Größe von gerade einmal drei Zimmern liegt. Des Weiteren gibt es das UnPerfekthaus, ein Ort, an dem KünstlerInnen, Gruppen und Unternehmen kostenlos Räume, Technik, Bühnen und vieles mehr zur Verfügung gestellt bekommen, ein Ort des künstlerischen Schaffens. Oder das GOP. Varieté-Theater Essen, ein seit 1996 etabliertes Varieté, dass zu verschiedenen Events einlädt. Nicht zu vergessen ist das Mehrgenerationenhaus, das Alt und Jung zusammenbringt und welches neben einer „CoWorking“-Etage auch den Nachlass des ehemaligen Bundespräsidenten Karl Carstens beherbergt.
Zum Ende hin kann man noch den Feierabendmarkt besuchen, der wie geschaffen dafür ist, nach der Tour oder der Arbeit den Tag gemütlich ausklingen zu lassen.
Fazit der ganzen Aktion?
„Also ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Menschen nach meinen Touren zu großem Teil positiv überrascht waren, aber man kann ja auch keinen, der gerne im Grünen wohnt, zum City-Fan machen. Es muss ja auch einen Grund haben, dass Menschen verschiedener Kulturen hier wohnen und leben“, erklärt Lampel nach der Tour. Und dem kann man ruhig zustimmen. Die Tour war ein schönes Erlebnis und hat Spaß gemacht. Bedroht hat sich währenddessen niemand gefühlt. Also kann man den Begriff eines „Angstraumes“ auf diesen Stadtteil nicht wirklich anwenden, denn auch Lampel sagt, er „erlebe es nicht als solchen, habe diesen Begriff auch noch von keinem gehört, der hier lebt“.
Interesse geweckt? Unter quartierliebe.de kann man die Tour für 19 Euro buchen.
:Gianluca Cultraro
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