Bild: Magische, riesige Bilder: Wie Alice im Wunderland fühlte ich mich zwischen den Projektionen. , Digitalisierte Kunst auf über drei Meter großen Projektionsflächen Foto: kac

Kraków (Krakau): Der niederländische Künstler Vincent van Gogh (1853–1890) lebt in dem historischen Hauptbahnhofsgelände wieder auf – und zwar in einer multimedialen Ausstellung, die seit dem 125. Todesjahrestag durch die Kontinente der Welt wandert.

Van Gogh ist der Mitbegründer der modernen Malerei; seine Hauptwerke im Stil des Post-Impressionismus haben viele nachfolgende MalerInnen geprägt. Ein einsamer Mann, der letztendlich zu früh an den Folgen seiner psychischen Erkrankung gestorben ist.

Kalender mit seiner Kunst schmücken meine Wand, auch meine Laptoptasche zeigt sein Werk der Mandelblüten aus seiner japanischen Malphase. Ich bin ein großer Fan. Als ich erfahren habe, dass in Kraków eine Ausstellung eröffnet hat, habe ich sofort Flugtickets gebucht. So war die Enttäuschung enorm groß, als ich erst hinterher anfing zu recherchieren, was denn alles ausgestellt wird.

Bloß Projektionen?

Nicht ein einziges Originalbild wird zu sehen sein: Da wollte ich schon gar nicht mehr hingehen, obwohl ich nur wegen „Van Gogh Alive“ angereist war – meine Begleitung zwang mich jedoch dazu.

Die australischen VeranstalterInnen „Grand Exhibitions“ bewerben ihre Ausstellung wie technologische Jahrmarkt-Dosen-Werfbuden-AnpreiserInnen: „eine einzigartige, multisensorische Erfahrung“, „die neue Art Kunst wahrzunehmen.“ 

Im ersten Raum findet eine Einführung mit vielen Texttafeln statt: Infos über das Leben des Künstlers und selbstverständlich über die innovative Ausstellungserfahrung. Van Goghs „Schlafzimmer in Arles“ wurde getreu seines Bildes nachgebaut und eröffnet die Reise in eine andere Welt, in der ich mir wie ein kleines Wesen vorkam, das in Van Goghs Kunst umherwandelte. 

Um zur eigentlichen Show zu gelangen, geht man durch eine Art Tunnel, in dem Mandelblüten, Sternenhimmel und Bauern auf dem Feld im Wechsel gezeigt werden. In den nächsten drei Räumen werden die BesucherInnen durch das so genannte „SENSORY4tm Systems“ mit hochaufgelösten Bildprojektoren und Mehrkanalanimation in die Welt des Malers während der Jahre 1880 bis 1890 hineingezogen. Klassische Musik wechselt passend und stimulierend zu den projizierten Werken. 

Crashkurs Malen

Im letzten Raum stehen Staffeleien und Blätter. Die BesucherInnen können sich in diesem Raum Lernvideos anschauen, die verraten, wie man in Van Goghs Stil Bäume oder eine Frau zeichnet. Leider haben es die meisten entweder nicht verstanden oder hatten keine Lust darauf – viele der Blätter blieben leer.

Ich habe nicht erwartet, dass ich diese Ausstellung zufrieden verlasse, doch obwohl ich kein Original sehen konnte, berührten mich die Projektionen. Neben den Bildern gab es viele Auszüge aus Van Goghs Briefen an seine Geschwister, die auf die Werke abgestimmt sind. Allerdings bin ich noch immer der Meinung, dass keine Technik die Qualität des Handwerks ersetzen kann. Die Technologie reicht nicht ansatzweise an die Erfahrungen eines Originals, an die Materialität von Pinselstrichen heran. Geht man aber in die Ausstellung, um eine meditative Show zu erleben, dann ist diese ruhigen Gewissens zu empfehlen. 

:Katharina Cygan

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