Am Ende der letzten Eiszeit schmolz ein gigantischer Eispanzer in Nordamerika, dessen Schmelzwasser das Klima Nordwestafrikas und -europas stark beeinflusste. Ein internationales Team um Dr. Jasper Wassenburg rekonstruierte nun anhand von Speläothemen (Tropfsteine in Höhlen) und Computersimulationen die Folgen. Die Ergebnisse lassen sich möglicherweise auf das Grönlandeis übertragen.
Die Niederschlagsmengen in Nordwestafrika und Nordwesteuropa stehen heutzutage in einem entgegengesetzten Zusammenhang: Solange in Nordwesteuropa feuchtes Winterklima vorherrscht, bleibt das Klima in Nordwestafrika trocken. Im frühen Holozän – also vor etwa 11.700 bis 8.000 Jahren – war es genau umgekehrt: entweder an beiden Orten gleichzeitig trocken oder feucht.
Ziel der Forschung im jetzigen Fall war es, die Nordatlantische Oszillation (NAO), also die Schwankungen des Luftdruck-Gegensatzes zwischen Azorenhoch (Süden) und Islandtief (Norden) zu untersuchen.
Dabei wurde besonders auf das Verhalten der NAO, infolge wessen Eis und Gletscher im Nordatlantik schmolzen, geachtet.
Natürliche Archive
Die erwähnten Speläotheme dienten hierbei als eine Art Klimaarchiv, um, „in der Vergangenheit liegende Veränderungen der Winter-Niederschlagsmengen zu analysieren“, so Dr. Wassenburg“. Sein Team konstruierte ein auf Speläothemen basierendes Klimatagebuch Nordwest-Marokkos, das die Zeit von 11.400 bis 2.500 umfasst, und verglich dieses mit einem bereits bestehenden Tagebuch Westdeutschlands. Die Studie ergab, dass sowohl von 8.100 bis 5.900 als auch von 4.700 bis 2.500 ein entgegengesetzter Zusammenhang bestand; niederschlagsreiche Winter in Nordwest-Marokko bedeuteten also wenig Niederschlag in Westdeutschland. In der Zeit von 10.700 bis 9.000 aber bestand keine entgegengesetzte Wirkung, beide Orte waren gleichzeitig den gleichen klimatischen Bedingungen ausgesetzt. „Um dies zu untersuchen, haben wir sechs verschiedene Klimamodell-Simulationen durchgeführt.“ Eine Erklärung für diese positive Korrelation sei womöglich das endgültige Abschmelzen des Nordamerikanischen Eisschildes im frühen Holozän. So gelangten gewaltige Mengen an Schmelzwasser in den Nordatlantik und veränderten dessen Strömungsmuster.
Klimaänderung in Sicht
Was für ein Szenario ist also angesichts der Untersuchungen zu erwarten? Das Klima während des frühen Holozäns unterlag im Vergleich zu heute gänzlich unterschiedlichen Randbedingungen, sagt Dr. Wassenburg: „Dies betrifft (unter anderem) die Treibhausgas-Konzentration, die Sonneneinstrahlung, die Position und die Präsenz großer Eisdecken.“ Es sei daher immer noch sehr schwierig vorherzusagen, wie atmosphärische Zirkulationsmuster durch ein Abschmelzen des Grönlandeises beeinflusst werden. Allerdings zeige diese Studie, so Wassenburg weiter, dass das Schmelzen einer großen Eisdecke in nordatlantischen Regionen das Potenzial dazu hat, atmosphärische Zirkulationsmuster, die mit der NAO in Verbindung stehen, einschneidend zu verändern.
:Tobias Möller
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