Als PyrokünstlerIn liefert man auf der Bühne nicht nur eine schöne Performance ab. Das Jonglieren mit den Fackeln lässt auch Spielraum für kulturgeschichtliche Interpretationen und emanzipatorische Anliegen. Wir sprachen mit einem Ensemblemitglied des Kollektivs Evil Flames – Fire Company.
Johannes Lührs fackelt nicht lange. Wer ihn nach der Bedeutung seiner Tätigkeit fragt, bekommt prompt eine Passage aus dem Buch „Psychoanalyse des Feuers“ vom französischen Philosophen Gaston Bachelard vorgelesen. Als „Prinzip universeller Deutungsmöglichkeiten“ wird das Feuer darin beschrieben. Eine Ambivalenz, die auch Johannes darin sieht: Es kann sowohl für Liebe und Leidenschaft als auch für Krieg und Zerstörung stehen. „Daher ist Feuer ein so tolles Ausdrucksmittel“, erzählt der Künstler. „Die Kulturgeschichte des Feuers hängt eng mit der Menschwerdung zusammen.“
Auf diese Verbindung hinzuweisen – nicht zuletzt im Ruhrgebiet, der einstigen Region der Schornsteine und Öfen – ist auch ein Anliegen der seit 2000 bestehenden Gruppe Evil Flames – Fire Company. „Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, den Menschen das Feuer wieder näher zu bringen“, so Johannes über das sechs-köpfige Ensemble.
Neue Aspekte in der Szenischen Forschung
Er selbst fing bereits mit 12 Jahren an zu jonglieren, bevor es darüber zur Feuerkunst ging. Seit 2004 tritt der 32-Jährige regelmäßig mit den Evil Flames auf: Etwa auf Stadtfesten oder Betriebsfeierlichkeiten; zuletzt auch auf Events wie zum Beispiel der Dortmunder Theaternacht oder dem Biathlon-Turnier in der Veltins-Arena.
Als Mitbegründer des Vereins Feuerpädagogik e.V. steht für ihn zudem die Lehre im Vordergrund: „Wir machen dort mit den Kindern Feuerprojekte in jeder künstlerischen Richtung“, erzählt Johannes, der zudem als Sonderpädagoge an einer Bochumer Schule unterrichtet.
Seit April studiert er an der Ruhr-Uni Szenische Forschung. „Ich wollte andere Aspekte kennenlernen, um die in die Performances einfließen zu lassen – auch um mich neu zu erfinden und zu entdecken.“
Ist Dir etwas Kurioses passiert?
Beim Abschluss einer Performance hat er einmal einen Feuerstab hochgeworfen – aber nicht hoch genug, dachte sich der RUB-Student zunächst. Als der Stab senkrecht auf der Bühne stand, konnte er sich die Requisite gerade eben noch krallen. Dann ging die Musik aus. Stille. Applaus. „Das perfekte Bühnenbild. Das sah aus, als wenn’s Absicht gewesen wäre“, grinst der Künstler. „Das war dann schon auch ein kurioser Moment für mich, weil ich einen Fehler so schön ausbügeln konnte.“
Nur einer von vielen spannenden Bühnenmomenten: „Was mir besonders Spaß macht, ist, Leute zu ‚verjagen‘“, verrät der Sonderpädagoge über das Spiel mit dem Feuer – etwa dann, wenn er mit den Flammen in seinem Mund sehr nahe ans Publikum heranrückt: „Da lässt man die Leute Wärme und gleichzeitig eine kontrollierte Gefahr spüren“. Eine heiße Angelegenheit und für ihn mehr als nur ein Nebenjob.
Wer eine solche Veranstaltung buchen will, kann unter evil-flames.org anfragen.
:Benjamin Trilling
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