Bild: Die andere Seite: Fröhlicher Protest. , Stinkefinger gegen Neoliberalismus: PolitikerInnen und Medien kritisieren Krawalle Philipp Adamick
Große Krawalle, grenzenlose Heuchelei: Die Empörung von PolitikerInnen und Medien über brennende Barrikaden und Mülltonnen ist unverhältnismäßig.
 
Innenminister Thomas de Maizière ist glücklich: „Wir freuen uns, dass die EZB ihren Sitz in Deutschland hat.“ Diese millionenschwere Neueröffnung freute nicht nur ihn. Denn zum Festakt zu Ehren der neuen Europäischen Zentralbank wurden die Stars der neoliberalen Sparpolitik eingeladen. Doch dass es keine normalen Feierlichkeiten werden sollten, davon zeugten schon die Rahmenbedingungen: Stacheldraht-Absperrungen, Wasserwerfer und ein martialisches Polizeiaufgebot – das neue Hauptquartier des neoliberalen Krisenregimes wurde abgeriegelt, eine teure, dekadente und nicht zuletzt brutale Party, wenn man die Heraufbeschwörung von Bürgerkriegsszenarien bedenkt, wie sie seitens der Polizei schon im Vorfeld betrieben wurde. So ist es auch gekommen: Brennende Streifenwagen und bis zu hundert Verletzte. Durch die Krawalle einiger weniger, von denen sich das Blockupy-Bündnis zurecht distanzierte, wird letztendlich der Kern des Konflikts verdeckt. Schließlich fanden sich 25.000 TeilnehmerInnen früh morgens zu friedlichen Protesten ein. 
Die Bilder von brennenden Autos und Rauchwolken über der Frankfurter Skyline waren da ein gefundenes Fressen für die mediale Hetze gegen linke Randale, die jeder Verhältnismäßigkeit entbehrt, wie es die globalisierungskritische Autorin Naomi Klein in einer Rede auf den Punkt brachte: „Ihr verbrennt keine Autos, ihr verbrennt Planeten. Ihr seid die wahren Randalierer!“ 
Denn was wurde mit der EZB-Eröffnung gefeiert? Die Resultate jahrelanger neoliberaler Verarmungspolitik: Brutaler Sozialabbau, zermürbende Perspektivlosigkeit vieler Jugendlicher bis hin zur undemokratischen Erpressung der griechischen Regierung. Aber de Maizière runzelt nur die Stirn: „Das Ausmaß der Gewalt spricht dafür, dass solche Aktionen seit langem geplant waren.“ Herr Innenminister, meinen Sie die Krawalle in Frankfurt? Oder das „Ausmaß der Gewalt“ gegenüber Erwerbslosen in Griechenland, die im Müll nach Futter fischen? Oder gegenüber ihren Kindern, die bis hin zu gesundheitlichen Defiziten zunehmend  Armut (schon über 40 Prozent!) ausgesetzt sind? Oder die Millionen Geflüchtete, die an den EU-Grenzen krepieren? 
 
:Benjamin Trilling

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