Das Land und die Sprache sind fremd, die Erlebnisse der Flucht noch nicht verarbeitet und die Lage unsicher – Die Rede ist von Flüchtlingen. Über 100.000 suchten im letzten Jahr Schutz in Deutschland. Die durchschnittliche Wartezeit auf die Antragsbearbeitung beträgt über sieben Monate. So lange werden die Flüchtlinge meist in überfüllten Übergangswohnheimen untergebracht – wie dem an der Wohlfahrtstraße in Bochum-Wiemelhausen.
Dass die Erstaufnahme von Flüchtlingen oft mangelhaft ist, ist nichts Neues. Frank Herrmann, innenpolitischer Sprecher der Piratenfraktion im Landtag über die aktuelle Situation: „Es ist ziemlich offensichtlich, dass das System der Flüchtlingsaufnahme in NRW immer noch mangelhaft ist und zum Beispiel schon wenige Krankheitsfälle, wie sie auch in jeder Schule oder jedem Kindergarten vorkommen, nicht verkraftet.“ Immer wieder müssen Flüchtlinge übergangsweise in Fluren oder Turnhallen untergebracht werden. Es mangelt jedoch nicht nur an Platz sondern auch an Fachpersonal. Um die SozialarbeiterInnen zu entlasten und den Flüchtlingen die Wartezeit auf die Antragsbearbeitung zu erleichtern, hat sich in Bochum-Wiemelhausen ein Netzwerk für das Übergangswohnheim an der Wohlfahrtstraße gebildet.
Bereits Anfang des Jahres berichtete die :bsz über das Netzwerk Wohlfahrtstraße (:bsz Ausgabe 990). Dort war ein runder Tisch entstanden, der die bereits existierenden Initiativen zur Unterstützung des Übergangswohnheims zusammenbringen sollte. Michael Klüter, Ansprechperson des Netzwerks, vermittelte so ein Gesuch der Brenscheder Grundschule nach UnterrichtspatInnen an Studierende der RUB. Diese halfen das Sommersemester über Flüchtlingskindern beim Erlernen der deutschen Sprache. Vier Studierende nehmen die Tätigkeit auch in diesem Semester wieder auf. In der Zwischenzeit ist viel passiert: Sachspenden wurden vermittelt, Geldspenden gesammelt, Begegnungsfeste gefeiert und Kontakte hergestellt. Nun sucht das Netzwerk Wohlfahrtstraße nach ÜbersetzungshelferInnen, die den SozialarbeiterInnen bei Sprachbarrieren aushelfen können.
Dringendes Gesuch nach ÜbersetzerInnen
Gesucht werden momentan sehr dringend Studierende, die sich ehrenamtlich als Übersetzungshilfen bereitstellen. Im Fall von Sprachbarrieren zwischen den SozialarbeiterInnen und Flüchtlingen würden sie angerufen, um so schnelle Hilfe leisten zu können. Besonders asiatische, arabische, slawische und afrikanische Sprachkenntnisse sind dabei gefragt – ob es sich um die Muttersprache oder eine Fremdsprache handelt, spielt keine Rolle. Es wird nicht erwartet, dass der- oder diejenige ständig erreichbar ist und jedesmal Zeit hat. Langfristig soll eine Kartei aufgebaut werden, auf die die SozialarbeiterInnen kurzfristig zugreifen können, sodass sprachlich bedingte Probleme schneller gelöst werden können und die Chance steigt, ÜbersetzungshelferInnen zu erreichen. Das Gesuch richtet sich nicht nur an Studierende der RUB und es ist durchaus möglich, sich auch in anderen Bereichen zu engagieren, die den eigenen Fähigkeiten, Begabungen und Interessen entsprechen.
Unterstützung der SozialarbeiterInnen
Das Ziel ist es, die SozialarbeiterInnen bei ihren täglichen Aufgaben zu entlasten und die Flüchtlinge in verschiedenster Art und Weise zu unterstützen. Zum Beispiel indem die Flüchtlinge bei Einkäufen und Erledigungen begleitet werden oder indem gemeinsam etwas unternommen wird, wie zum Beispiel sportliche Aktivitäten. „Noch wissen auch wir nicht genau, welche Unterstützung der/die Sozialarbeiter/in der Unterkunft sich im Einzelfall wünschen werden – aber das wird sich zeigen!“, so Michael Klüter. Er fährt fort, dass es darum geht, den Kontakt zum Netzwerk zu halten, um im entscheidenden, passenden Augenblick – wann auch immer der kommt – zu sagen: „Ja, das kann ich übernehmen!“. Da es sich um eine ehrenamtliche Tätigkeit handelt, beruht jede Unterstützung auf freiwilliger Basis. Nicht zu vergessen bei dem Kontakt mit Flüchtlingen ist, dass diese vom einen auf den anderen Tag weg sein – sprich: abgeschoben werden – können.
Sich als StudentIn nützlich machen
Um die Kontakte in Zukunft mit Sinn und Verstand noch weiter auszubauen, entstand die Idee der fachspezifischen Unterstützung von Studierenden der RUB für Flüchtlinge. Jura-, Medizin-, Sowi- und andere Studierende könnten dann in Zukunft die Flüchtlinge bei entsprechenden Erledigungen unterstützen. Es geht dabei nicht darum, sie juristisch zu beraten oder medizinisch zu behandeln, sondern lediglich um die menschliche Unterstützung. Die Studierenden könnten dabei Erfahrungen für ihre spätere berufliche Tätigkeit sammeln. Ob diese Idee umgesetzt werden kann, wird momentan von der Stadt Bochum geprüft.
:bsz-Info
InteressentInnen können sich mit Angaben zu ihren Mutter- und Fremdsprachkenntnissen und weiteren Unterstützungsvorschlägen ans Netzwerk wenden:
Kontakt zum Netzwerk: wohlfahrtstrasse@online.de
(Michael Klüter)
Weitere Gesuche und der aktuelle Stand der Dinge:
www.facebook.com/netzwerkwohlfahrtstrasse
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