Bild: :Kommentar: Besetzung in Essen war kein Fehlschlag, sondern ein Fanal

Montag vor einer Woche besetzte ein bis dato unbekanntes Kollektiv eine leerstehende Thyssen-Krupp-Immobilie in Essen. Mit Forderungen nach Freiräumen für Kunst und Kultur wandte sich die Gruppe an die Öffentlichkeit, aber noch das Vorhaben wurde im Keim erstickt. Bis zum darauffolgenden Morgen hatte die Polizei die beiden Gebäude auf dem Gelände bereits geräumt. War das nun alles viel Lärm um nichts? Mitnichten.

Die Besetzung am Morgen des 28. August war alles andere als eine Nacht- und Nebelaktion, wenn man bedenkt, dass parallel dazu in den sozialen Medien über die Aktion berichtet wurde. UnterstützerInnen, VertreterInnen der Lokalpresse und auch eine Hundertschaft OrdnungshüterInnen fand sich nur kurz nach den BesetzerInnen an der Frohnhauser Straße 95 ein. Ziel eins – Öffentlichkeit schaffen – erreicht.

Die BesetzerInnen, die sich als „Rat der RÄ.P.U.B.L.I.K.“ (Räume für Politik Ungewissheit Bedingungslose Liebe Ideologiekritik und Kunst) bezeichneten, stellten mit dem umständlichen Akronym ihres Namens selbst die Polit-SatirikerInnen der PARTEI in den Schatten. Damit bewegten sie sich zwar am Rand der Realsatire, zwangen aber jede Berichterstattung dazu, das zum Akronym verdichtete Programm aufzuschlüsseln. So konnten sie schon allein durch ihren Namen einen Teil ihrer Botschaft direkt transportieren. Ziel zwei – Botschaft rüberbringen – erreicht.

Man sollte diese Eintagsfliege von einer Besetzung allerdings nicht nach ihrer Dauer beurteilen. Vielmehr erscheint die gesamte Besetzung als Kunstaktion – vor allem wenn man sich die Rahmenbedingungen anschaut. Fast genau ein Jahr vorher war die Hauptschule Bärendelle besetzt und umgehend – mit brachialerem Vorgehen der Polizei als dieses Mal – geräumt worden. Zudem verkaufte Thyssen-Krupp vor kurzem eine Bochumer Immobilie an einen Investor, in der bis dahin das Freie Kunst Territorium zuhause war. Das Timing, das Besetzungsziel, die mediale Inszenierung – es fügt sich alles gut zusammen, um mit einem symbolischen Akt wie dieser Kurzbesetzung den Diskurs über fehlende Freiräume für unabhängige Kunst und Kultur nicht nur in Essen, sondern im ganzen Ruhrgebiet am Laufen zu halten. Es braucht aber mehr davon, um Kommunen und Konzerne davon abzubringen, Leerstand nicht nur zu verwalten, sondern zur kreativen Nutzung zur Verfügung zu stellen. Dann ließe sich auch Ziel drei – Freiräume schaffen – verwirklichen.
 

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