Mobilität bedeutet Beweglichkeit, Flexibilität und heutzutage vor allem die Möglichkeit, jederzeit den Standort zu wechseln, sprich mobil zu sein. Betrachtet man die Anfangszeit der Ruhr-Universität Bochum – wir sprechen dabei über die 1960er Jahre – mussten die Menschen schon sehr kreativ sein und Strapazen auf sich nehmen, um Europas größte Baustelle zu erreichen und dort von A nach B zu kommen. Ohne Semesterticket und mit eingeschränktem Bahnverkehr ging es zu einem Gelände, das eher einer Kraterlandschaft ähnelte als einem Zentrum für Wissenschaft: die RUB in den Anfängen – eine etwas andere Universität.
Die Euphorie war groß, als die Landesregierung am 18. Juli 1961 Bochum als Universitätsstandort auserkoren und Dortmund zunächst das Nachsehen hatte. Der Bau der Ruhr-Universität war beschlossene Sache und löste einen nie dagewesenen Boom für Universitäten in den darauffolgenden 20 Jahren aus. Das Prestigeprojekt der NRW-Landesregierung unterschied sich in vielen Belangen von den üblichen Bauvorhaben für universitäre Einrichtungen. So hatte es vorher noch keine Campus-Uni gegeben, die alle Fachbereiche abdeckte und sogar die sonst ausgegliederten Ingenieurswissenschaften mit einbezog. Zudem wurde eine Universität komplett neu geschaffen, ohne dabei auf bestehende Gebäude zurückzugreifen. Beim Bau nutzte man moderne Produktionsmethoden, und auch finanziell setzte das Land NRW alles daran, das Projekt so schnell wie möglich zu realisieren. Über die Architektur wurde schon damals gestritten – viel wichtiger war allerdings die Frage, wie der junge Campus optimal an den Verkehr angebunden werden kann. Der öffentliche Nahverkehr in Bochum war für das Projekt noch nicht ausgebaut. Wie sollte man also von der Bochumer Innenstadt zur RUB gelangen, die buchstäblich auf der grünen Wiese gebaut wurde? Querenburg war gute fünf Kilometer vom Stadtzentrum entfernt.
Die U35 gab es noch nicht
Wer 1965 mit der U-Bahn fahren wollte, der/die kam nicht weit: Die Campus-Linie gab es noch gar nicht. Die Verbindung zwischen Hauptbahnhof und Universität wurde erst 1971, zunächst oberirdisch als normale Straßenbahn realisiert. Erst seit 1993 existiert die U-Bahn-Strecke in der heute bekannten Form. Die ersten 2.000 Studierenden der RUB mussten entweder mit dem eigenen Auto anreisen, einer Fahrgemeinschaft angehören oder auf die Linie 51 warten, jene Buslinie, die eineN über Umwege zur RUB brachte: Nach 21 Minuten Fahrzeit war man endlich da, auf einer großen Baustelle, die mit einer Universität im Humboldtschen Sinne noch wenig zu tun hatte: Die I-Reihe (IA und IB) stand, die N-Reihe war noch im Rohbau und dazwischen gab es kein International Office, sondern eine mobile Fabrik, welche die großen Betonstücke für die weiteren Gebäude produzierte. Die Univerwaltung residierte zunächst im IA-Gebäude und auch sonst wirkte alles noch unausgereift, provisorisch, nicht fertig eben.
Seit jeher eine Pendler-Uni
Bis 1971 fuhr die Buslinie 51 im 10-Minuten-Takt und schon damals waren gut 10.000 Studierende eingeschrieben, was sich natürlich auf den ÖPNV auswirkte. Mit der Fertigstellung der Linie 305, die von 1971 an oberirdisch über die Universitätsstraße zur RUB führte, entspannte sich die ganze Situation ein wenig. Gleichwohl gab es schon damals Klagen über Bahn und Bogestra, als hätte sich bis heute kaum etwas verändert. Doch das hat es: Durch die neue Verbindung wurde der Weg zur Uni leichter und schneller, nur noch 12 Minuten brauchten die Studierenden von Bochum Hbf zur RUB. Schon damals galt die RUB als Pendler-Uni, doch kamen die Studierenden meistens nicht mit dem ÖPNV, sondern mit dem Auto, was die Wissenschaftler Werner Voß, Rolf Meyer und Immo Rausch schon 1978 in einer großen Studie anprangerten: „Nur 12,6 Prozent (bundesweit: 28 Prozent) nutzen den ÖPNV, die meisten fahren mit dem Auto.“ Das lag sicherlich auch an den bis heute noch nicht voll ausgereiften Bahn-Verbindungen – die S-Bahn-Verbindung zwischen Dortmund und Bochum wurde zum Beispiel erst 1983 geschaffen.
Mobilität in Zukunft
Bahn und Bogestra wären schnell an ihre Kapazitätsgrenzen gestoßen, hätten die Auto-Pendler auf ÖPNV umsteigen wollen. Da sich das jedoch nicht abzeichnete, hatte es die Uni-Verwaltung zunächst mit einem weiteren Problem zu tun. Die Parkhäuser waren schon Ende der 1970er Jahre voll und die Smogbelastung stieg. Mit den Jahren stiegen dann auch die Studierendenzahlen kontinuierlich weiter, und – ob mit Bahnen oder Autos – wurden die Straßen voller und der ÖPNV-Bedarf wuchs ebenfalls. Seit 1993 fährt die U35 oberirdisch, seit 2012 sogar zeitweise im 3-Minuten-Takt und es ist immer noch voll. Weiterhin bleibt es mit Aufwand verbunden, zur Uni zu gelangen. Mobilitätsprojekte wie Metropolradruhr, Car-Sharing, Pendlerbörsen und der Ausbau von Fuß- sowie Radwegen rund um die RUB sind in Planung oder existieren bereits. Mobilität war an der RUB seit 1965 ein zentrales Thema und das wird auch in Zukunft so bleiben.
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