Bild: Noch ahnt ahnt er nichts von seinem Sieg: Tuna Tourette (rechts) spricht mit Moderator Sebastian 23, dazwischen Slamteilneh­merInnen Felicitas und Frederik., Zwölf SlammerInnen spielten beim Campus-Slam mit Worten und Bildern Foto: USch

Ein Abend im April. Im gut gefüllten KulturCafé sitzen Studierende zusammen; Stimmengewirr erfüllt die Luft, im Hintergrund läuft leise Musik. Doch die BesucherInnen, die es an diesem Abend des 29. April ins KulturCafé zog, redeten zu Beginn nur, weil sie auf die WortakrobatInnen warteten, die bald die Bühne betreten sollten. Sie wollten den auf der Bühne vorgetragenen Worten lauschen. Worte, die zornig sind, Worte, die berühren wollen oder den/die ZuhörerIn einfach nur zum Lachen bringen sollen. Es war so weit – auf dem Campus fand wieder der semesterliche Poetry Slam statt.

„Bochum sieht aus wie die architektonische Phantasie eines Frettchens“ – mit diesem Zitat eröffnete Slampoet Sebastian23, der den Campus-Slam in diesem Jahr wieder einmal moderierte, den Abend. Als traditionelles „Opferlamm“, das vor dem eigentlichen Slam einen Text vorträgt, hat er einen Text über Ruhrgebietsklischees vorgetragen, um die Stimmung aufzulockern. Für die ZuschauerInnen, aber vor allem auch für die zwölf SlammerInnen, die dem Ruf des AStA-Kulturreferats gefolgt sind und sich mit ihren Texten beworben haben.

Für eine bunte Mischung war gesorgt: Während etwa Kandidatin Luise in einem durchaus düster gefärbten Text über Drogenabhängigkeit und Magersucht reflektierte, sprach ihr Konkurrent und :bsz-Redakteur Marek darüber, was er im Falle eines Brandes tun würde – und erfand nebenbei einen neuen grammatischen Modus, den Konjunktiv III, bei dem „Vokale beliebig diphthongiert werden.“ Das hörte sich dann zum Beispiel so an: „Wenn es brännte, dächte mein Kopf sich, gescheute dies doch nur aus einem Anfall von Benepasculitas rabiata, krasser Tollpatschigkeit meines Besitzers. Es säuhe seinen Fauxpas allerdings nicht ein, er truinkte bloß noch ein Bier und moisterbierte munter weiter, während ringsumher das Flammenmeer alles zerstöürte.“ 

Selbstzweifel in Zeiten der Krim-Krise

Andere SlammerInnen setzten sich in ihren Texten mit Selbstzweifeln oder Liebeskummer auseinander – oder brüllten ihre Wut heraus, wie etwa Jens aus Münster, der sich über die Krim-Krise oder die GEZ-Gebühren so richtig auskotzte: „Mein Arzt sagt, ich hätte Asipositas – ich sei krankhaft asozial!“, rechtfertigte er sich vor einem begeisterten Publikum.

Der durch eine Publikumsjury gekürte Gewinner des Abends allerdings hörte auf den Namen Tuna Tourette, ein RUB-Student aus Duisburg. Schon letztes Semester teilte er sich mit zwei anderen SlammerInnen den Titel, dieses Mal war er der alleinige Sieger – und seine Performance zeigte, dass Poetry Slam eben doch nicht immer nur aus Zuhören besteht, sondern auch aus Interaktion mit dem Publikum: „Ich verrat dir jetzt, wie aus dir der coolste Typ des Multiversums wird, denn ein Universum alleine wird Deine Geilheit gar nicht erfassen können!“, versprach Tuna am Anfang seines Vortrags. Ob Tunas Performance den/die einE oder andereN ZuhörerIn tatsächlich animiert hat, aufs Frühstück zu verzichten, weil „wahrhaft coole Menschen morgens zu beschäftigt sind, sich Proteine reinzupfeifen“, ist nicht überliefert, aber dem Publikum schienen die Tipps gefallen zu haben – Tuna verteidigte seinen Titel aus dem letzten Jahr vor den beiden Finalistinnen Luise, die sich humorvoll mit ihrer ungewöhnlich tiefen Stimme auseinandersetzte, und Bea, die mit einer knallharten Abrechnung an eine Person aus ihrer Vergangenheit das Publikum aufrüttelte.

Wut, Witz und Wahrheit

Mit einer bunten Mischung aus Emotionen konfrontiert, verließen die ZuschauerInnen an diesem Abend den Campus. Noch auf dem nächtlichen Weg zur U35-Haltestelle boten die eben gehörten Texte noch einiges an Gesprächsstoff. Wir sind gespannt auf den nächsten Slam.

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