Bild: Erstmals open-air: Ersti-Empfang an der RUB., TU Dortmund: Rausschmeißer am Hörsaaleingang Foto: koi

Acht Jahre lang hatte die politisch gewollte Welle Zeit, sich aufzubauen – und dennoch haben die Universitäten es nicht geschafft, rechtzeitig die nötigen baulichen Kapazitäten zu schaffen um ihn aufzufangen: Der G8-Tsunami ist da und überspült derzeit die NRW-Hochschulen. So wird an der Technischen Uni (TU) Dortmund Security aufgefahren, um für einen „geregelten Vorlesungsbetrieb“ zu sorgen, wie es in einem Schreiben der Hochschulleitung an die DekanInnen heißt. In Bochum ist es zum Glück noch nicht ganz so weit, aber in manchen Fächern wird es (noch) enger als bereits zuvor.

Auch musste der traditionelle Ersti-Empfang im Wintersemester an der Ruhr-Uni Bochum erstmals ins Freie verlegt werden, um einen Großteil der rund 5.400 StudienanfängerInnen des doppelten Abi-Jahrgangs zu begrüßen. Die Zahl der Eingeschriebenen an der in den 60er Jahren ursprünglich für 10.000(!) Studierende konzipierten RUB stieg zu Beginn des Wintersemesters von 38.700 auf 40.500. Trotz des Andrangs bewertet Rektor Elmar Weiler den Semesterstart positiv: „Unsere Maßnahmen für den Doppelten Abiturjahrgang greifen, der Semesterbeginn ist absolut glatt gelaufen.“ Durch Anmietung neuer Räumlichkeiten in der ehemaligen „Stadtbadgalerie“ am Massenbergboulevard (siehe :bsz 967), im „Blue Square“ an der Bongardstraße sowie im früheren Kirchenforum im UniCenter sei es der Projektgruppe „RUB.2013“ gelungen, sich seit 2011 so gut es geht auf den Ansturm vorzubereiten. Dies kann jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass das mit der nahenden Ersti-Flut planerisch forcierte Gebäude GD an seinem umstrittenen Standort im Uni-nahen Waldstück bis auf die Rodungsarbeiten baulich noch nicht einmal begonnen worden ist.

Auch am CERES wird es eng

Hanna Steppat, Studienkoordinatorin am Centrum für religionswissenschaftliche Studien (CERES) ist erleichtert, dass ihre Erstsemester-Einführungsveranstaltung nicht aus allen Nähten platzte. Sehr skeptisch ist sie jedoch, ob die Politik das selbstgeschaffene Kapazitätsproblem des doppelten Abi-Jahrgangs zu lösen imstande ist (siehe Kasten unten).

Mit rund 130 Studierenden reichlich voll war die obligatorische Einführungsveranstaltung in die Religionswissenschaft am Montag der ersten Semesterwoche. „Als wir noch zulassungsbeschränkt waren, gab es im Winter um die 150 und im Sommer um die 120 Erstis – jetzt sind es 402“, sagt die 28-jährige Bachelor-Absolventin Hanna Steppat die zusammen mit Prof. Dr. Sven Bretfeld die Veranstaltung leitete. „Wenn alle neu eingeschriebenen Studis gekommen wären, hätte improvisiert werden müssen und ich hätte den Kurs zweigeteilt, weil es keinen größeren Raum als HGB 30 mit einer Kapazität von 119 Sitzplätzen gab.“ Ist unter solchen Bedingungen noch ein sinnvolles Arbeiten in dem interdisziplinär angelegten Studiengang Religionswissenschaft mit einem Tutorien-Pflichtprogramm im Bachelor-Studium sicherzustellen? Hanna Steppat hält dies dennoch für grundsätzlich leistbar: „Sofern Kompensationsgelder für das größere Aufkommen an Studierenden vom Land fließen würden, hielte ich es für möglich, weiterhin effektiv arbeiten zu können.“ Doch sei in jedem Fall die Landespolitik gefragt, um einen solchen Balanceakt zu ermöglichen: „Wenn die Politik durch den doppelten Abi-Jahrgang ein Kapazitätsproblem schafft, ist sie in die Pflicht genommen, dieses auch zu lösen.“

Mit Security gegen Studis?

An den anderen Ruhrgebiets-Unis ist die Situation dramatischer als an der RUB: Wenngleich sich an der Uni Duisburg-Essen mit etwa 6.000 Neueinschreibungen weniger Studis immatrikulierten als erwartet, musste das Fußballstadion von Rot-Weiß Essen herhalten, um etwa 2.500 Erstis zu begrüßen. An der TU Dortmund, wo in diesem Semester rund 5.400 Erstsemester ihr Studium starten, werden überfüllte Veranstaltungen gar von Sicherheitskräften beschirmt. „Mit Security gegen Studenten“ titelte der Blog „Ruhrbarone“ am 4. Oktober. Während die Uni-Leitung dies als „rein vorbeugende Sicherheitsmaßnahme“ bezeichnet und ein Sprecher des Wissenschaftsministeriums NRW das Vorgehen gegenüber der BILD-Zeitung als „völlig normales Verwaltungshandeln“ bagatellisiert, heißt es aus Studierendenkreisen, dass Studis bereits durch Sicherheitspersonal aus überfüllten Vorlesungen entfernt worden seien. Völlig grotesk erscheint vor diesem Hintergrund die Tatsache, dass in nicht wenigen Veranstaltungen immer noch Anwesenheitspflicht herrscht.

 

Hanna

Hanna Steppat
28, Studienkoordinatorin am CERES

„Die Kompensationsgelder für die weggefallenen Studiengebühren sollen sogar gekürzt werden, womit der Fortbestand des Tutorien-Programms infrage gestellt werden würde.“
 

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