Im März 2013 waren laut Bundesagentur für Arbeit rund 3,1 Millionen Menschen in Deutschland arbeitslos, darunter auch 180.945 schwerbehinderte Menschen. Unter „schwerbehindert“ fallen laut gesetzlicher Definition Menschen, deren körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht, deren Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist und bei denen ein Grad der Behinderung (GdB) von wenigstens 50 Prozent vorliegt. Diese Menschen sind um ein vielfaches mehr von Arbeitslosigkeit betroffen oder bedroht als Menschen ohne Behinderung. Umso sinnvoller ist es deshalb, Projekte zu unterstützen, die Menschen mit Behinderung einen sicheren Arbeitsplatz bieten. Da dies auch noch ohne weiteres mit den normalen Bedürfnissen eines jeden Menschen – wie etwa dem regelmäßigen Einkauf im Supermarkt zu verbinden ist – kann jeder einen Beitrag zur sozialverträglichen Gesellschaft leisten.
Schwerbehinderten Arbeitslosen gelingt es wesentlich seltener als nicht schwerbehinderten, eine Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt aufzunehmen. Die allermeisten Menschen mit Behinderung arbeiten in „Behinderten-Werkstätten“ und verrichten dort oft sehr eintönige Arbeit, während sie von der „normalen“ Gesellschaft völlig isoliert bleiben. Doch es geht auch anders: „Inklusions“- oder „Integrationsbetriebe“ werden solche Betriebe genannt, in denen Menschen mit und ohne Behinderungen gemeinsam arbeiten. Die CAP-Märkte, von denen es mittlerweile rund 100 Stück in Deutschland gibt, werden nach diesem Prinzip betrieben. Auch in Bochum gibt es einen solchen Markt. Direkt an der Alten Wittener Straße in Bochum-Laer gelegen, bietet dieser Supermarkt alles, was auch ein normaler Supermarkt bietet – und mehr. Holger Latza, der Leiter des Marktes, erklärt, wie der Markt funktioniert: „Die CAP-Märkte sind Integrationsbetriebe, in denen die Hälfte der Mitarbeitenden eine anerkannte Behinderung von mindestens 50 Prozent hat. Unsere Hauptaufgabe besteht darin, diesen Menschen wieder eine berufliche Perspektive auf dem Arbeitsmarkt zu vermitteln.“
Versorgungslücken schließen
Auch die Orte, an denen die Märkte entstehen, sind bewusst gewählt: „Die CAP-Märkte befinden sich dort, wo der herkömmliche Einzelhandel den Standort verlassen hat und dadurch jetzt die Nahversorgung insbesondere für bedürftige Menschen fehlt“, so der Marktleiter. Diesen Menschen bietet der Markt auch ganz besondere Angebote: „Man findet in unseren Märkten ein Serviceangebot, welches im Allgemeinen im Einzelhandel nicht zu finden ist – beispielsweise Lieferservice, Einpackservice, begleitetes Einkaufen und einiges mehr“, so Latza. Die Regale sind wesentlich niedriger als in herkömmlichen Märkten, die Gänge breiter und damit auch für Rollstuhlfahrer angenehm passierbar. Es wird beim Finden von bestimmten Produkten geholfen, Kleingedrucktes kann vorgelesen und schwere Taschen können bis in die heimische Küche geliefert werden. Natürlich richtet sich der Markt aber an alle: „Bei uns erhalten die Kunden das gleiche Warenangebot wie in jedem Supermarkt zu gleichen Preisen. Wir führen genauso ein Niedrigpreissortiment wie jeder Discounter, als auch hochwertigere Markenware. Unser überwiegendes Warensortiment erhalten wir von der Edeka“ erklärt Latza. Die Märkte selbst werden von verschiedenen Trägern betrieben. „In unserem Fall sind es die Diakonischen Integrationsbetriebe für Dortmund, Lünen und Bochum. Es befindet sich noch ein weiterer CAP-Markt unter dieser Trägerschaft in Lünen“, erzählt er weiter.
Benachteiligung beenden
Dass dieses Konzept gut ankommt, zeigt nicht nur die stetig wachsende Zahl von Märkten: „Unser Anliegen ist es, den Markt professionell zu führen, um auch zukünftig Arbeitsplätze für Menschen mit einer Behinderung bereitstellen zu können. Wir sind am 19. Mai 2013 schon zwei Jahre vor Ort und werden von unseren Kunden gut angenommen. Das Personal hat den Ruf, freundlich, zuvorkommend und hilfsbereit zu sein. Unsere Kundenklientel zieht sich durch sämtliche Käuferschichten, weil wir auch bemüht sind, jeden Kundenwunsch zu erfüllen. Das merken wir natürlich an unserer positiven Umsatzentwicklung“, erzählt Holger Latza. So arbeiten mittlerweile rund 1290 Menschen in CAP-Märkten, insgesamt konnten etwa 720 neue Arbeitsplätze für MitarbeiterInnen mit Behinderung geschaffen werden. Die Angestellten werden nach dem Tarifvertrag des Einzelhandels entlohnt. Auch der Namenszusatz „Der Lebensmittelpunkt“ steht für das Konzept. Für die MitarbeiterInnen bietet der Markt die Chance, ein eigenständiges, sicheres und selbstbestimmtes Leben zu führen – etwas, das gerade Menschen mit Behinderung oft verwehrt bleibt. Der Name des Marktes leitet sich übrigens von „Handicap“, dem englischen Wort für Benachteiligung, ab.
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