Bild: Die aktuellen Rundlauf-OrganisatorInnen., Bunker, Bacon, Bürgerplatz Foto: Jacq

Das seit 2009 bestehende lokale Kunst- und Kulturfestival „Rundlauf“ bietet auch dieses Jahr wieder – sowohl für KünstlerInnen als auch für Kunstbegeisterte – die einzigartige Möglichkeit, einen größtenteils gebührenfreien Einblick in die momentane Bewegung der  Kunst zu gewinnen. Über 80 KünstlerInnen werden im Zeitraum vom 30. April bis zum 5. Mai 20 Locations im Viertel „Speckschweiz“ bespielen: Sie werden ihre Fotografien an die Betonwände des Hochbunkers nageln, gräuliche Wände leerstehender Häuser bunt bemalen oder die zarten Saiten ihrer Kokosnussvioline zum Schwingen bringen…

Das vielfältige Programm setzt sich unter anderem aus den Bereichen Musik, Theater, Film, Malerei, Fotografie und Tanz zusammen. Finanziert wird das Kunst- und Kulturfestival vor allem von der Stadt Bochum, der Sparkasse und dem Kulturbüro boSKop. Das Budget der VeranstalterInnen beläuft sich auf rund 11.000 Euro, die sie effizient einsetzen: Insgesamt erwarten die BesucherInnen mehr als 200 Performances.

Warum ausgerechnet Speckschweiz? Die Entscheidung für den diesjährigen Ort des Rundlaufs sei auf die coolen Leute, die zahlreichen anwohnenden StudentInnen, den Park, die Gastronomien als auch auf die Kneipen und die Nähe zum Stadtkern zurückzuführen, so Max Florian Kühlem, einer der sechs RundlaufOrganisatorInnen. Das Engagement des Rundlaufteams könnte sich sogar noch weiter auszahlen – sie haben nicht nur ein abwechslungsreiches Festival in, auf und an exklusiven Spielstätten auf die Beine gestellt, sondern tragen auch dazu bei, dass nun über ein Nutzungsrecht des Hochbunkers verhandelt wird. „Es ist im Gespräch, das Kreativviertel zu erweitern“, verrät Kühlem.

Gönül Baği

Die Musikperformances, die passend zum Spielort Speckschweiz unter dem Oberbegriff „Bacon Tunes Musik“ zu verorten sind, überraschen auch dieses Jahr mit so manchen Entdeckungen: Neben der Tanz-in-den-Mai-Party am Dienstagabend hat das türkische Orchester „Gönül Baği“ am 1. Mai um 15 Uhr die Ehre, das Kunst- und Kulturfestival auf dem Bürgerplatz zu eröffnen. „Wir wurden wirklich überrannt von ihrer Musik“, schwärmt Rundlaufbegründer Guy Dermosessian. Die Einzigartigkeit ihres Auftrittes verdankt das Orchester zum einen dem internationalen Chor, der das Orchester begleitet, und zum anderen ihren exotischen Musikinstrumenten – beispielsweise wird nicht auf Violinen aus Ahorn, sondern auf Violinen aus Koksnüssen gespielt.

Wasted Rita

„Wasted Rita“ lautet der Künstlername einer jungen Grafik-Designerin, die im Rahmen des Festivals versuchen wird, „mit dem Raum zu arbeiten und ihn für sich zu erobern“, so Guy Dermosessian. Bedeutet: Am Mittwoch wird sie im Hochbunker ihren Pinsel schwingen und direkt auf die Wand malen. Den BesucherInnen werden also nicht nur Live-Performances in Musik, Theater, Film und Tanz, sondern auch in der Malerei geboten. 

Harald Opel

Außerdem wird Harald Opel, Cinematograph und Filmproduzent, aufmerksame SpaziergängerInnnen in seinen Bann ziehen. An die Fenster des Hauses Nummer 12 in der Straße Wegescheid werden von ihm Filmaufnahmen projiziert – von innen. Es entsteht eine optische Täuschung, die dem Spaziergänger und der Spaziergängerin fiktive Alltagsgeschichten aus dem leerstehenden und eigentlich leblosen Haus erzählen. 

Katrin Lindner und Arne Lobe

Im Bereich des Theaters stellen die begabte Nachwuchsregisseurin Katrin Lindner und Arne Lobe das Highlight dar: Die beiden werden am 30. April ab 19:30 Uhr den Hochbunker mit einer Uraufführung des Stückes „Marlene“ bescheren. Es handelt von den letzten Jahren Marlene Dietrichs, in denen die deutsche Legende an ihr Bett gefesselt war. 

Sylvie Fadenhaft

Außergewöhnlich ist auch die Inszenierung der gelernten Schneiderin sowie Rundlauf-Organisatorin Sylvie Fadenhaft. Sie sticht nämlich live in einem alten, verlassenen Textilladen aus den 60ern zu – natürlich nur mit Nadel und Faden. Sylvie Fadenhaft nimmt vorübergehend die Rolle der verstorbenen Vorbesitzerin Fräulein Feldhaus ein. Lust auf eine Zeitreise? In den Schaufenstern werden jedoch nicht die Kostüme von Fräulein Feldhaus, sondern Fadenhafts eigenen selbstentworfenen und -genähten Kostüme ausgestellt sein.

Gabriele Koch

Tänzerin und Choreografin Gabriele Koch wird gleich mehrere Male den Bürgerplatz „umtanzen“: Am ersten und am vierten Mai, jeweils um 13:30 und 16:30 Uhr. „Bänke, Brunnen, Bäume, Objekte und vieles mehr werden in die Szenerie einbezogen“, heißt es in der Ankündigung. 

Thorsten Schnorbusch

Und der letzte heiße Tipp der VeranstalterInnen: Die Fotografieausstellung von Thorsten Schnorbusch im Hochbunker. Dieser drückte einfach mehreren AnwohnerInnen des Viertels sowie NichtanwohnerInnen einen Fotoapparat in die Hand und bat sie, die Speckschweiz aus ihrem „Blickwinkel“ zu fotografieren. Inwiefern unterscheidet sich der Blickwinkel eines 12-jährigen zum Blickwinkel eines 68-jährigen? Wie weit weicht die geschulte Betrachtung von der alltäglichen ab? Wo liegt der Fokus bei einem Insider, wo bei einem Outsider? 
 
Mögliche Antworten unter: 
www.rundlauf-bochum.de

 

2 comments

  1. Hammer Bewohner

    Against Gentrification!
    Na Super, ein paar Künstler-Hipster entdecken die Speckschweiz/Hamme/Hofstede und kommen mit ihrer Gentrification-Scheiße daher. Hamme bleibt abgefuckt! Reverse Gentrification! Sollen die Hipster doch in Ehrenfeld bleiben, oder ist das jetzt schon „zu mainstream“?

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