Eine junge, intelligente Philosophie-Studentin, die gerade an ihrer Doktorarbeit über Wittgensteins „Tractatus logico-philosophicus“ schreibt und ihr Freund, selbst mehr Kind als Mann und in einer Videothek jobbend, beschließen Eltern zu werden. Und nichts bleibt, wie es mal war. Ein facettenreicher Film über das Glück und Unglück des Elternseins, das oft sehr viel näher beieinander liegt, als man annimmt.
Barbara und Nicolas lieben sich. Hemmungslos, impulsiv und völlig sorglos genießen sie ihr Leben zu zweit, das Leben ungebundener und verliebter Menschen eben. Doch dann beschließen sie, ihre Liebe mit einem gemeinsamen Kind zu krönen. Und ahnen nicht, dass sie schon bald fragen werden: „Warum hat uns keiner gewarnt?“ Während Nicolas` Mutter mit ersten Ratschlägen lauert, mahnt Barbaras hippieske Mutter vor zu viel Selbstaufgabe. Erste Unstimmigkeiten machen sich auch zwischen den bisher in freudiger Erwartung werdenden Eltern breit. Die körperlichen und hormonellen Veränderungen setzten Barbara noch nicht zu, als ihr Doktorvater sich bereits an die kafkaeske Verwandlung Gregor Samsas erinnert sieht. Doch bald kippt auch die Stimmung zwischen Barbara und Nicolas. Nicht nur sexuell scheinen ihre Bedürfnisse sich voneinander zu entfernen: Während Barbara den Geburtsvorbereitungskurs schwänzt und lieber ziellos durch die Straßen irrt, sucht sich Nicolas, bereit Verantwortung zu übernehmen, einen seriösen Krawatten-Job und hält Ausschau nach einer familiengerechten Wohnung. Doch spätestens mit der Geburt gerät ihr Leben völlig aus den bisher gewohnten Fugen: Barbara fühlt sich hilflos, hin- und hergerissen zwischen der Angst, etwas falsch zu machen, und der Liebe zu Töchterchen Léa. Nicolas hingegen flüchtet sich in seinen neuen Job, hängt seinen jugendlichen Leichtsinn an den Nagel und kann Barbaras totale Aufopferung bald nicht mehr nachvollziehen. Das Drama nimmt seinen Lauf. Immer weiter entfernen sich Mutter und Vater voneinander – und auch von sich selbst. Völlig überfordert, unglücklich und übermüdet scheitert Barbara an der neuen Aufgabe und auch an ihrer Doktorarbeit.
Nichts für frisch Verliebte?!
Doch so trostlos, wie dieser kurze Überblick klingt, ist der Film ganz und gar nicht. Vielmehr wird hier auf humorvolle Art und Weise von der Geburt als Grenzerfahrung erzählt. Gerade im ersten Teil des Films, wenn die Herzlichkeit und Komik der Geschichte noch überwiegen, kann Tränen gelacht werden. Dem französischen Regisseur Rémi Bezançon gelingt es dabei, das doch so ernste Thema mit einer großen Portion Leichtigkeit und Witz zu behandeln, ohne dabei in alberne oder gar schadenfrohe Klischees abzudriften. Nicht zuletzt liegt das an den gleichermaßen noch relativ unbekannten wie erfrischenden DarstellerInnen. Barbaras (Louise Bourgoin) Traurigkeit, ihre Verzweiflung ob der schier unlösbaren Aufgabe, eine gute Mutter zu sein und sich nicht von unzähligen Ratschlägen, Ratgebern und penetranten Müttervereinigungen verunsichern zu lassen, erscheint dem/der ZuschauerIn selbst so real und nachvollziehbar, dass es fast schon schmerzt. Und auch Nicolas` (Pio Marmai) Veränderung vom jungenhaften verträumten Charmeur zum verbitterten und distanzierten Vater, der es nicht schafft, die Beziehung zu Kind und Frau zu festigen, lässt die Zuschauenden nicht kalt. Am Ende verlässt Barbara Kind und Freund, um bei ihrer Mutter wieder zu sich zu finden und sich von den Strapazen der letzten Monate zu erholen. Und so traurig diese Entscheidung auch wirken mag, so nötig ist sie für alle Beteiligten. Dass der Film möglicherweise nichts für frisch verliebte und werdende Eltern sein mag, wie es in vielen Kritiken und Ankündigungen heißt, sei dahingestellt. Wer sich mit dem Thema Kinderkriegen auseinandersetzten möchte und allzu realistische Darstellungen, auch in Bezug auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht scheut, dem sei dieser Film wärmstens empfohlen. Und noch etwas: Am Ende des Films wird es wieder einmal „Ende gut, alles gut“ heißen.
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