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Eine Pokémonkarte vom Papst signieren lassen? Alles im Namen der vermeintlichen Wertsteigerung in der kuriosen Welt der Sammelkarten. Neue Plattformen und fragwürdige Marketingstrategien feuern den Markt dieses Jahr erneut an.

Dass Sammelkarten à la Pokémon oder Magic the Gathering beliebt sind, ist eigentlich keine Neuheit. Allerdings scheint der Hype um Sammelkartenspiele alles andere als abzuschwächen, denn auch dieses Jahr steigen die Verkaufszahlen auf ein neues Rekordhoch. Sowohl bei Pokémon als auch bei Magic the Gathering erscheinen im Jahr 2025 die jeweils meistverkauften Sets aller Zeiten. Hinter den Rekordzahlen steht allerdings mehr als nur das bunt bedruckte Papier, denn der Markt um die Sammelkarten beginnt sich zu ändern.

Die Zeiten der Coronapandemie hinter sich lassend, starten Sammelkartenspiele gestärkt in die Post-Covid Zeit. Vermutlich, weil das Spielen eben so lange nicht möglich war und man viel Aufholbedarf in der Community verspürt. Aus der Notwendigkeit, Partien online auszutragen, entstand ein neues Verständnis für Sammelkartenspiele auf digitaler Ebene.
Wer selbst mal ein Boosterpack oder ein neues Sammelkartenprodukt geöffnet hat, bekommt einen Geschmack von der Spannung, die dabei entsteht. Die Chance auf seltene und dementsprechend wertvolle Karten birgt eine Suchtgefahr, die dem des Glücksspiels gefährlich nahekommt. Wem das Geld zu schade ist, um eigenes Risiko einzugehen, dem bieten sich mittlerweile zig Möglichkeiten anderen dabei online zuzusehen, wie sie Boosterpacks öffnen. Wie etwa auf Whatnot, einer Plattform, die das Onlineshoppen zu einem Erlebnis werden lässt. Ein neuer Markt erschließt sich eben aus jener Dynamik. Für die Zuschauer:innen risikofrei und trotzdem spannend.

Für Sammelkartenspiele bedeutet das, bei den Opening-Livestreams Karten direkt per Auktion zu erwerben. Das sogenannte „Rip it and ship it ” Prinzip kommt gut an, vor allem bei dem jungen und technikaffinen Publikum. Ein Boosterpack „Opening” ist auch schnell mal in ein Tik-Tok oder YouTube Short verpackt, was solche Inhalte nochmals attraktiver macht und mühelos Reichweite generiert. Doch der Spaß endet nicht auf Kurzvideo- oder Shoppingplattformen. Das digitale Zeitalter der Sammelkarten führt zu regelrechten Wettbewerben unter Content Creatorn, wenn es darum geht, wer mehr Kartenwert aus ganzen Boxen mit frischen Karten herausholt. Die Menge an neuen Produkten, die im Laufe dieser neuen digitalen Welle geöffnet wird, führt zu einer oftmals kritisierten Kaufstrategie.

Das sogenannte „Scalping”, bei dem Artikel bis aufs Letzte aufgekauft, gehortet und dann teuer weiterverkauft werden, ist zum Beispiel auch bei Ticketverkäufen für Konzerte oder andere Events schon zur Normalität geworden. Das Motto dabei: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Doch die Zahlen geben hier Recht, denn die Preise für Produkte steigen mit der Zeit stetig. Es ist der Goldkauf des kleinen Mannes, nur eben auf Papier.
Zurück bleiben leere Regale und vermutlich viele traurige Kund:innen. Der Unmut darüber ist auf Social Media gut dokumentiert und doch gibt es für das Problem scheinbar keine wirkliche Lösung. Den corporate Köpfen hinter den Sammelkartenspielen spielt das neue Kaufverhalten direkt in die Karten. Ihre Produkte gehen mühelos über die Ladentheke und Gewinne sind garantiert. Probleme gibt es nur dann, wenn sie nicht schnell genug neue Produkte liefern können. Hoffnung machen lediglich einige Ladenbetreiber:innen. Diese schieben jetzt immer öfter einen Riegel vor, indem sie den Verkauf auf handelsübliche Mengen drosseln, damit niemand leer ausgehen muss.

Kommentar dazu:
Ein Wort, das die ganze neue Sammelkartenwelle gut beschreiben würde, ist wohl „seelenlos”. Denn der Kindheitszauber, den es mal beim Sammeln und Spielen gab, verfliegt in der neuen digitalen Ära fast gänzlich. Die Menschen, die Karten kaufen und horten, sind selten diejenigen, die damit spielen und Spaß haben. Es ist ein eiskaltes und raffgieriges Geschäft geworden. Zwar noch nicht überall, aber dennoch liegt es wie eine dunkle Wolke über der ganzen Szene. In Mitleidenschaft gezogen von der Profitgier werden vor allem Jüngere und Kinder, die mit ihren Eltern oder eigenem Taschengeld immer wieder enttäuscht werden und leer ausgehen. Dann doch lieber anderendabei zusehen, wie sie „Spaß” haben. Es ist ein trauriger Kreislauf.
Was am Ende davon bleibt, ist eine Generation, die sich zwar für Sammelkartenspiele interessiert, aber aufgrund von leeren Regalen und Enttäuschungen das Interesse verliert und sich anderen Hobbies widmet. Das neue Kaufverhalten droht das komplette Hobby von Innen selbst zu zerstören. Deswegen wird es umso wichtiger, die lokalen Geschäfte zu unterstützen, anstatt bei privaten Hortern und Scalpern noch zu versuchen, etwas zu ergattern. Sollen sie, wie der Drache auf seinem Goldschatz sitzend, ihre ewige Ruhe finden.


:Artur Airich

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