Der 20jährigen Angeklagten wird vorgeworfen, am 31. Januar 2007 auf dem Campus der Ruhr-Universität „widerrechtlich in befriedetes Besitztum eingedrungen“ zu sein, als rund 150 PolizistInnen die Freie Universität räumten. Zum Auftakt des Prozesses erfolgte zunächst eine ausführliche Einlassung der Richterin, warum dieses Verfahren gegen eine Einzelperson angeblich gerechtfertigt wäre. Darüber hinaus drehte sich die Verhandlung hauptsächlich um die Frage, ob die Initiierung des Prozesses überhaupt rechtens sei: RUB-Rektor Elmar Weiler hatte bereits über einen Monat vor der Räumung präventiv gegen Unbekannt Anzeige wegen Hausfriedensbruchs gestellt. In den Verfahren gegen die anderen neun Protestler waren sowohl ein anderer Richter des Amtsgerichts Bochum als auch nach Beschwerde der Staatsanwaltschaft drei weitere Richter des Landgerichts der Auffassung, dass ein solcher präventiver Strafantrag unzulässig sei. „Der Verdacht liegt nahe, dass die Klärung dieser abstrakten Rechtsfrage nun auf dem Rücken der jungen Mandantin ausgetragen werden soll“, sagt Thomas Wings, der die Angeklagte neben Moritz Schmitz anwaltlich vertritt.

Rektor am Zug: Hält Weiler sein Versprechen?

Darüber hinaus gibt es Anlass zu der Vermutung, dass die Staatsanwaltschaft hier gar einen politischen Schauprozess inszenieren will: Obwohl die Amtsrichterin bereit wäre, das Verfahren gegen die Protestlerin einzustellen, besteht der zuständige Staatsanwalt einstweilen auf eine Fortführung und würde im Zweifelsfall eventuell sogar eine Klärung der Rechtsfrage durch nächsthöhere Instanzen (Landgericht, Oberlandesgericht) anstrengen. „Die Gesamtkosten des Verfahrens müssten im ungünstigsten Fall von der angeklagten Studentin getragen werden. Sie könnten sich auf bis zu 5.000 Euro belaufen“, führt Anwalt Thomas Wings weiter aus. Um dies abzuwenden, könnte Rektor Weiler vor einer endgültigen gerichtlichen Entscheidung seine Strafanzeige jederzeit zurückziehen. Dies wäre nicht nur der einfachste Weg, um unnötige Kosten für ein höchst fragwürdiges Verfahren einzusparen, sondern darüber hinaus sehr naheliegend: Denn es stellt sich die Frage, welches Interesse die Unileitung an der Verurteilung einer Einzelperson fast anderthalb Jahre nach Räumung des Querforums West überhaupt noch haben kann. Zudem hatte Weiler in der Senatssitzung nach dem von ihm veranlassten Großeinsatz der Polizei zugesichert, er werde sich „dafür einsetzen, dass das Verfahren für die Betroffenen möglichst milde Konsequenzen hat“ (Link zum Sitzungsprotokoll siehe unten – vgl. dort S. 12). Zweifellos würde der Rektor nicht nur der Angeklagten, sondern auch dem Ansehen der Ruhr-Universität schaden, wenn er dieses Versprechen nun nicht einlöst.

USch

www.bo-alternativ.de/dokumente/SenatXI-02-07.pdf

 

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