Nicht mehr lange und die Ruhr-Universität Bochum hat 60 Jahre auf dem Buckel. Und die Zahl 60 trifft es ganz gut, denn in den 60er Jahren wurde auch der Grundstein für den Bau gelegt. Wir blicken zurück in das Bochum von damals, und warum ausgerechnet hier dieser schöne Betonriese entstanden ist.
Die Kohlekrise
Die Idee, eine Universität in dem von der Kohleindustrie dominierten Ruhrgebiet zu errichten, kam der nordrhein-westfälischen Landesregierung bereits in den 1950er Jahren. Eine Universität zu gründen, bedeutete, sich den Herausforderungen des Kohle-und Stahlrückgangs zu stellen. Denn die “Kohlekrise” der 50er und 60er machte dem Ruhrgebiet als Herz der Kohleindustrie besonders zu schaffen. Kohle wurde als Brennstoff immer mehr durch Erdöl ersetzt, wodurch die Industrie einzubrechen drohte. Dazu kam, dass auch die geografischen Bedingungen für den Abbau von Kohle immer schlechter wurden. Dies führte letztendlich dazu, dass der Anteil von Kohle auf dem Energiemarkt drastisch um fast 20 Prozent gesunken war, und das Erdöl immer wichtiger wurde. Viele der Zechen mussten schließen und zehntausende Bergleute verloren ihren Arbeitsplatz. Andere Märkte mussten erschlossen werden, um den Standort Ruhrgebiet attraktiv zu halten. Und hierfür brauchte es Fachkräfte und Ausbildungsstätten. Dieser Strukturwandel trug dazu bei, dass sich auch im Ruhrgebiet die erste Hochschule bildeten.
Dortmund ist empört
Um den Standort für die erste Universität im Ruhrgebiet gab es einige Diskussionen. Naheliegend war zunächst der Standort Dortmund, der sich schon zur Kaiserzeit um eine technische Hochschule bemühte. Der Kaiser Wilhelm II. Hatte jedoch Bedenken, eine Hochschule in einem Industriegebiet zu bauen, da er Unruhen fürchtete. 40 Jahre später waren diese Bedenken kein Grund mehr und die Stadt Dortmund hatte eine gute Verkehrsanbindung.
DHochschulen in Köln und Münster waren zunehmend überfüllt. Deshalb sollte aus der technischen Hochschule eine Volluniversität mit eigenem Campusgelände werden, um die Unis Köln und Münster zu entlasten. Außerdem sollte die Hochschule mitten im Herzen des Industriegebiets errichtet werden, um damit auch einen kulturellen Mittelpunkt entstehen zu lassen. Die Diskussionen über den Standort wurden größtenteils abseits der Öffentlichkeit geführt. Entsprechend groß war die Empörung aus Dortmund, als man Bochum Ende 1960 als Standort wählte. Nachdem nur ein Jahr zuvor auch das Opel Werk in Bochum gebaut wurde, zählte die Bergbaustadt in kurzer Zeit zu den strukturpolitischen Gewinnern der Region. Die Idee, die Universität zwischen Bochum und Dortmund aufzuteilen, verlief trotz Bemühungen im Sande. Doch es dauerte gerade mal nur zwei Jahre, bis auch für Dortmund 1962 über den Bau einer technischen Hochschule entschieden wurde. Damit wurde dieser Konflikt zeitnah bei Seite gelegt und der sogenannte “Westfälische Frieden” wiederhergestellt.
Die Reformuniversität
Im August 1961 wurde das Konzept für die Ruhr-Uni ausgearbeitet. Sie sollte einem reformfreudigen Konzept folgen, das vorsieht, die üblichen Fakultätsstrukturen abzulösen und durch fächerübergreifende Abteilungen zu ersetzen. Diese Abteilungen sollten den interdisziplinären Austausch fördern. Die Verbindung von Geistes-, Natur- und Ingenieurswissenschaften und der fächerübergreifende Austausch ist auch im Siegel der Ruhr-Uni niedergelassen: Dieses zeigt das Brüderpaar Prometheus und Epimetheus aus der griechischen Mythologie. Prometheus verkörpert die Natur- und Ingenieurswissenschaften während Epimetheus für die Geisteswissenschaften steht.
Der Bau der Ruhr-Universität begann im Juli 1962 als der Ministerpräsident Franz Meyers von der CDU mit seiner Rede den Grundstein legte. Sie wurde von Düsseldorfer Architekten im brutalistischen Stil, der sich durch Betonbauten auszeichnet und seit den 1950er Jahren verbreitet war, gebaut. Zeitweise war es die größte Baustelle Europas und allein im Planungsstab saßen mehr als 400 Fachleute. Ein Großteil der Gebäude ist aus Beton, denn der Baustoff galt damals als hochmodern und erlaubte ein schnelles Bauen. So konnten die ersten Strukturen der Uni bereits nach 18 Monaten fertiggestellt, zum Juni 1965 hin eröffnet werden und im November 1965 den Lehrbetrieb aufnehmen.
:Artur Airich
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