Kommentar. Comedian Luke Mockridge kassiert auf Social Media einen Shitstorm nachdem er Witze über die Paralympischen Spiele machte. Der Auftritt wärmt einen Diskurs auf, der die Berichterstattung der Spiele überschattet. Er selbst entschuldigt sich danach in einem Podcast für die Nummer, und es stellt sich erneut die Frage: Wie weit darf Comedy gehen?

Humor und Comedy können angespannte Stimmungen auflockern und ein herzhaftes Lachen in uns auslösen. Humor kann aber auch mal unter die Gürtellinie gehen, wenn er einen Nerv trifft und auf Kosten anderer Menschen und Menschengruppen gemacht wird. Doch geht das dann schon zu weit, wenn es auch mal wehtut?
 
 Der Diskurs um das, was Comedy “darf”, wird auch so schnell nicht gelöst werden – zumal der gesellschaftliche Rahmen dafür auch im stetigen Wandel ist. Was vor 20 Jahren vielleicht noch als allgemein lustig galt, kann heute schon als No-Go angesehen werden. Deshalb treten Comedians und Hobby-Sprücheklopfer auch immer wieder ins Fettnäpfchen. Es sind auch nicht immer die Witzereißenden, auf die wir in diesem ethischen Diskurs mit dem Finger zeigen müssen. Wie Serdar Somuncu es schon einmal auf der Bühne sagte: „Ist es verwerflich, dass ich diese Witze mache, oder dass Ihr (das Publikum) darüber lacht? ” Die Frage ist berechtigt. Denn manchmal sind Witze gerade weil sie über die Stränge schlagen und politisch sowie gesellschaftlich nicht korrekt sind, lustig. Alles eine Frage der Delivery und Intention. Gute Comedy sollte ihren Inhalt nicht erklären müssen und Anhaltspunkte bieten, die den Diskurs über das Gesagte nicht meiden,anstatt nur belanglos Witze über Minderheiten zu reißen. 

Dieser Diskurs wirft auch die Frage auf, ob nicht alle, egal ob Teil einer Minderheit oder nicht, das “Recht” darauf hätten, dass man sich über sie lustig mache. Oder verweigert eine privilegierte Mehrheit vielleicht aus Angst vor Repressionen eben diesen Menschen dieses “Recht”. Im Umkehrschluss könnte das aber auch heißen, dass eben Menschen, die einer Minderheit angehören, auch darüber exklusive Witze schreiben und bringen dürfen. Man könnte ja meinen, dass Humor am besten funktioniert, wenn wir über uns selbst lachen können. Doch das müssen sicherlich nicht alle so sehen, denn das Humorverständnis ist nun mal auch sehr subjektiv, wenn es darum geht, was lustig ist und was nicht.
 Dabei muss es vollkommen akzeptabel sein, dass man sich dieser Komik, auch wenn man Teil einer Minderheit ist, abwendet. Einfach gesagt: Ein Mensch mit Behinderung sollte auch “normale” Comedy machen dürfen, ohne dass das Publikum in seiner Erwartung enttäuscht ist, weil jetzt doch keine Behindertenwitze performed wurden. Dieselbe Akzeptanz sollte ebenso für alle Comedians gelten. 
 
 Comedy hat in meinen Augen nur sehr selten die Absicht, Menschen und ihre Gefühle ernsthaft zu verletzen oder sie zum Gespött zu machen. Und Comedy eckt natürlich auch immer wieder an die Grenzen von Gut und Böse an, das liegt in ihrer Natur. Doch wie man damit umgeht, ist für mich letztendlich entscheidend. Wenn Witze und Comedy auf Kosten aller gemacht werden, sind auch Minderheiten mit einbegriffen. Dann kommt es eben darauf an, in welchem Kontext und mit welcher Absicht und Rhetorik solche Scherze gemacht werden. Und das erfordert einen gewissen Grad an Professionalität – vor allem aber ein präzises Feingefühl, wenn man den nächsten Shitstorm vermeiden möchte.

:Artur Airich

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