Während Politiker:innen auf Sylt Hochzeit feiern oder öffentlich erklären, sie würden nicht auf die Tankpreise schauen, da sie ihr Auto nicht selbst führen, zeigt sich eine weitere Krise.
Seit dem Abflauen der Pandemie und der Rückkehr in den Alltag sieht man sie überall, vor allem in den Fenstern gastronomischer Betriebe und Hotels: Jobangebote über Jobangebote. Das Spektrum reicht von dem:der Küchengehilf:in über den:die Essenslieferant:in bis hin zu Manager:innengesuchen.
Erst gestern habe ich mit einer Mitarbeiterin eines Imbisses in Wuppertal gesprochen, die mir erklärte, dass nicht mal mehr Schüler:innen für Aushilfsjobs zu begeistern seien. Der Grund dahinter ist nachvollziehbar: Corona hat gezeigt, dass Menschen krisenfeste Jobs bevorzugen. Außerdem wollen viele in Zeiten der Inflation den Mindestlohn verdienen. Kleinere Betriebe können – so bitter es ist – zweiteres nicht bieten und Corona hat gezeigt, wie risikoanfällig die Arbeit in der Gastronomie oder Hotels ist.
Attraktive Jobs? Fehlanzeige. Die gleichen Personalengpässe herrschen nun seit mehreren Wochen an den Flughäfen bezüglich der Arbeit, Koffer zu schleppen und Sicherheitskontrollen durchzuführen. Insgesamt zeigt sich: die Menschen, vor allem die jungen Menschen, haben keine Lust auf schlechte und unfaire Arbeitsbedingungen, sie wollen Sicherheit, sie wollen ein gutes und stabiles Einkommen. Für die Jobs, für die sich hier keine Arbeitskräfte finden lassen, plant die Innenministerin Faeser nun, die Einwanderungspolitik zu überarbeiten, um Arbeiter:innen nach Deutschland zu holen, denn der Fachkräftemangel zieht seine Bahnen. An und für sich ist ihr Vorschlag ein guter – Gastarbeiter:innen und Einwanderer:innen profitieren, indem sie schneller Arbeit finden und sich nicht Ewigkeiten mit Tagelöhnen oder gar keinem Job zufriedengeben müssen, weil die Behörden sie an dem Finden einer Arbeit hindern. Deutschland profitiert, denn unser Arbeitsmarkt wird sich wieder füllen und die in Rente gehenden Boomer-Babys ausgleichen.
Eine Überlegung von Faeser, die auch schon vor der Zeit der akuten Arbeitskräfte-Krise lange fällig gewesen wäre. Es wird sich erst darum bemüht, dass Einwander:innen einen leichteren und besseren Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten, wenn Deutschland auf diese Menschen angewiesen ist. Lange vorher waren selbige jedoch bereits auf Deutschland, auf unser System angewiesen! Was ist mit den hochgebildeten Menschen, deren Universitätsabschlüsse nicht anerkannt werden und die daher seit Jahren nicht als Ärzt:innen in Krankenhäusern sondern hinter der Supermarktkasse arbeiten müssen? Deren Promotionen in Deutschland mit Realschulabschlüssen gleichgesetzt werden? Jetzt, wo wir schnell möglichst billige und einfache Arbeitskräfte brauchen, da sind die Zuwanderer:innen wieder gut genug, da sollen sie extra für solche Jobs hergeholt werden. Ein Szenario, das Abscheu gegenüber der deutschen Politik weckt.
:Rebecca Voeste
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