Musik. Noch eine Indie Band? Gibt es nicht langsam schon genug? Das könnte man meinen, doch Jeremias bringt alte Gefühle mit einem jungen Sound wieder hoch.
Von einer Indie-Pop Band zu berichten beinhaltet häufig, diese Band als individuell anzupreisen. Jede Indie Band würde gerne einen komplett frischen Sound produzieren und den Fans einen Ohrwurm von völligen neuen Melodien gemischt mit noch nie gehörten, poetischen Texten verpassen. Und auch, wenn es Bands gerne für sich beanspruchen, etwas Besonderes und Neues zu sein, ist sowas immer nur bedingt möglich. Da das Rad nicht mit jedem Lied und jeder Band neu erfunden werden kann, fliegt das Indie-Genre gerne mal wie Ikarus etwas zu nah an der Sonne.
Auch Jeremias ist eine Indie-Pop und Disko-Funk Band aus Hannover, die das Rad nicht neu erfunden hat. Die Band besteht aus Oliver Sparkuhle an der Gitarre, dem Bassisten Ben Hoffmann, Jonas Herrmann am Schlagzeug und dem Sänger und Pianisten Jeremias Heimbach, der gleichzeitig auch Namensgeber der Band ist. Seit 2015 macht Jeremias Heimbach als Singer/Songwriter Musik, kurz darauf holt er sich seinen Jugendfreund Oliver dazu. Später kommen noch Jonas und Ben dazu und seit 2018 machen sie zusammen Musik. Noch im gleichen Jahr wird die Band ins Förderprogramm Pop Camp aufgenommen, wo sie ihren Produzenten Tim Tautorat kennenlernen, welcher unter anderem schon mit Künstler:innen wie Annenmaykantereit, Provinz und Faber zusammengearbeitet hat. Schon drei Wochen nach der Gründung der Band kommen die ersten Live-Auftritte. Daraufhin wird eine Booking-Agentur auf sie aufmerksam und Jeremias performt als Vorprogramm für Acts wie OK KID und Giant Rooks. 2019 folgt ihre erste EP „Du musst an den Frühling glauben“ mit einem Sound, der bewusst von der australischen Band Parcels beeinflusst ist. Nach den Singles „Grüne Augen lügen nicht“ 2019 und „bésame mucho“ 2020, dann die EP „alma“, die mit Songs wie „schon okay“ den Stil der Band weiter definiert und zusätzliche Ohrwürmer garantiert. Und nach einigen weiteren Singles 2020 und 2021 wie „paris“ und „hdl“ ist es dann endlich soweit: Jeremias veröffentlich ihr Debutalbum „golden hour“. Geplant ist der Release für den 28. Mai mit insgesamt elf Lieder, wovon fünf Tracks bereits in Singles und EPs veröffentlicht wurden.
Doch wer ist Jeremias überhaupt? Und was unterscheidet sie von Bands wie Annenmaykantereit und Von Wegen Lisbeth, deren Stil dem von Jeremias schon nahekommt? Jeremias ist vor allem eins: jung. Alle Mitglieder sind Anfang zwanzig und in ihrem Sound hört man eine gewisse jugendliche Leichtigkeit. So auch Jeremias Heimbach: „Musikalisch ist es uns allen wichtig, dass wir uns eine gewisse Leichtigkeit bewahren. Wir wollen keinen Singer-Songwriter-Pop machen. Wir wollen mit deutschen Texten arbeiten – und dabei einen internationalen Sound haben.“ Ja, ihre Songs handeln von den üblichen Themen wie Liebe, Herzschmerz und Verlangen. Aber trotzdem schafft es Jeremias, durch ihre Texte die jugendliche Euphorie wiederzuerwecken, von der man schon gedacht habe, man hätte sie verloren. Auch, wenn diese Euphorie manchmal etwas kitschig ist und man denkt, dass man in einem Alter sei, bei dem man bei Texten wie „ich mach mir hundert Tattoos// nur, um zu sehen ob etwas hält// und wenn das für immer bleibt// merke ich, dass es mir nicht mehr gefällt“ die Augen verdrehen müsste, weckt genau diese Leichtigkeit Erinnerungen. Nach Sommer und Jugend, Liebe und Herzschmerz. Aber Jeremias’ Musik erinnert daran, die alltäglichen Gedanken mal abzuschalten und sich auf fast schon vergessene Gefühle einzulassen.
:Augustina Berger
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