Bild: Fragwürdige Kritik an Toolkit der Uni Leicester Symbolbild

Kommentar. Boulevardzeitungen schlagen Alarm, Universitäten motivierten ihre Studierenden zur Sexarbeit. Doch was ist wirklich dran? Auf den zweiten Blick, sehr wenig.

Ein elfseitiges Dokument, veröffentlicht durch die Universität Leicester sorgt für einige Reaktionen. Ein Artikel in der Zeitschrift „stern“ beispielsweise schreibt davon, dass Universitäten die „Rolle von Zuhältern“ einnähmen. Dazu beziehen sie sich auf einen obskuren Artikel in einem ähnlich obskuren Internet-Magazin, geschrieben von einer Autorin, die außerhalb von zwei Artikeln in eben diesem Magazin kaum eine Präsenz hat. Als andere Quelle wird im Artikel auch das Boulevardblatt „DailyMail“ genannt – unter anderem bekannt daher, dass es wegen wiederholten Beweisen der eigenen Unglaubwürdigkeit auf Wikipedia nicht mehr als Beleg genutzt werden soll. Doch worum geht es eigentlich in dem Dokument? Das sogenannte „Student Sex Work Toolkit“ ist eine Sammlung an Informationen über Sexarbeit, sowie Vorgaben und Tipps zum Umgang mit Studierenden die in der Sexarbeit tätig sind. Informiert wird über die Legalität, sowie über Hilfsangebote und es werden Statistiken zur Sexarbeit allgemein und unter Studierenden genannt. Nun, es ist wohl wahr, dass es kein wünschenswerter Zustand sein kann, dass Studierende ihre horrenden Studiengebühren nur mit Hilfe von Sexarbeit finanzieren können. Von Freiwilligkeit zu sprechen, wirkt in Anbetracht der ökonomischen Zwänge durchaus fragwürdig. Doch Ressourcen wie das Toolkit auf diese Art zu verurteilen vernachlässigt die grundlegenden Probleme. Denn uninformierte und potentiell illegale Sexarbeit, die in der Öffentlichkeit stark stigmatisiert ist, erhöht nur die Gefahr für Sexarbeiter:innen, die oft ohne Hilfe von außerhalb und mit Angst vor den Reaktionen des Umfelds auf sich allein gestellt sind. Artikel wie der erwähnte im „stern“ machen es sich sehr leicht: Grundlegende Probleme werden ignoriert und auf Basis suspekter Quellen wird ein Artikel zusammengeschustert, der vor reißerischen Formulierungen nur strotzt, auf einen etwas genaueren zweiten Blick jedoch von fragwürdiger journalistischer Integrität zeugt.

:Jan-Krischan Spohr

 

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