Bild: Live aus dem Musée des arts et métiers in Paris: Die Künstlerin Sevdaliza., Traumreise SCREENSHOT - YouTube

Musik. Der YouTube-Algorithmus empfiehlt uns oft Sachen, bei denen wir den Kopf schütteln und uns fragen: „Why?“. Aber manchmal ist auch was Gutes dabei. 

Konzerte finden gerade (immer noch) nicht statt. Doch dafür gibt es immer mehr Live-Aufzeichnungen in guter Qualität und jederzeit abrufbereit für uns im World Wide Web. So bekommen wir mindestens etwas Genuss von Live-Musik, wenn es auch richtige Konzert niemals ersetzen kann. Wie soll man da auf Erkundungstrips gehen? Aber so ein klein wenig das Gefühl, wie wenn man auf einem Festival-Gelände rumläuft und auf einmal von irgendwo anziehende Klänge kommen, da hinten, von einer der kleineren Bühnen und plötzlich in den Bann gezogen werden, so was gibt es dann doch manchmal, wenn man in der Autoplay-Funktion auf YouTube mal wieder über eine richtig gute Tiny Desk-Session stolpert und man einfach nicht mehr wegschalten kann. 
Oder so wie in diesem Falle eine ARTE Concerts Aufzeichnung von Sevdaliza mit Band. In den gerade einsamen Hallen des Musée des arts et métiers in Paris, kommt die Künstlerin Sevdaliza mit den Musikern ihrer Band zusammen, um knapp eine Stunde lang musikalisch mit den Zuschauer:innen abzutauchen. In düstere, verträumte Welten. 

Die niederländisch-iranische Künstlerin Sevdaliza macht Musik, die irgendwo zwischen FKA Twigs, Björk, Lana Del Rey mit mehr Grunge oder den Radio- und Portisheads dieser Welt umhertreibt und dabei doch eine ganz eigene Welle reitet. Sie selbst sagte bereits in einem Arte Beitrag im Jahr 2016, sie glaube sie habe „noch nie ein fröhliches Lied gemacht“. Und Happy-Go-Lucky-Musik macht Sevdaliza bestimmt nicht. Es erinnert manchmal an Bond Opening-Songs, aber als würde man sie für darke, gritty Remakes der 007-Reihe machen. In ihren Songs behandelt sie Themen wie Mutterschaft, Identität, Drogenmissbrauch, psychische Gesundheit und Womanhood. Und macht das ganze dabei irgendwie noch tanzbar. Mit düsteren Elektrobeats und R’n’B-Rhythmen, orientalisch angehauchten Streichinstrumenten sowie einer starken Stimme, die immer mal wieder mit ein paar Vocoder und Modulationseffekten rumspielt, obwohl sie das eigentlich gar nicht braucht. Doch es unterstützt das Gefühl, das ihr Gesang in der Musik daher schwebt. 

Die Lyrics von Sevdaliza sind vorwiegend in englischer Sprache, jedoch hat sie auch ein paar persische Lieder. Für einen COLORS-Auftritt performte sie beispielsweise den Titel „Gole Bi Goldon“ (deutsche Übersetzung in etwa: Blume ohne Topf). Sie spricht fließend Persisch, Holländisch, Französisch, Portugiesisch sowie Englisch und ist dabei, in der internationalen Musikwelt immer präsenter zu werden. Ganz frisch auch mit einer Tiny Desk Session. Natürlich aus der Home Concert Reihe. Live driften ihre Konzerte wohl gerne mal in Performance-Art oder Fashionshow ab und wenn uns die nächsten Wochen oder Monate etwas bessere Aussichten der Corona-Lage versprechen, könnte man in den Genuss eines Konzerts von Sevdaliza im Gloria Theater in Köln kommen. Dort soll es am 18. April stattfinden, wenn die Künstlerin ihre „Colors of the Light“-Tour mit Stopps in unter anderem Paris, London, Berlin, Köln und Moskau wie geplant durchführen kann. Die Karten für Köln können derweil noch für 26,40 Euro erworben werden. Aber ob es im April schon wieder möglich ist? Ich sag mal fingers crossed, sonst wird das nichts! Aber gerade würde ich wohl noch mit dem Kartenkauf abwarten. 

Bis man die Künstlerin und ihre Band allerdings wieder auf der Bühne erleben kann, sollte man sich zumindest die Musikvideos von Sevdaliza anschauen. Dystopische Traumbildnisse mit visuell überzeugenden CGI-Effekten, statt „funny guy dances“-Videos. Stimmig.                                    

:Christian Feras Kaddoura

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