Kommentar. Ein neues Kapitel in der langen Geschichte des polizeilichen Versagens bei Demonstrationen der „Querdenken“-Initiative und ein Ende steht nicht in Aussicht.
Der Umgang mit der „Querdenken“-Demo am 7. November in Leipzig war eine Katastrophe neuen Ausmaßes. Daran, dass die Hygienevorschriften von Seiten der Polizei auf dieser und ähnlichen Demonstrationen nicht entsprechend durchgesetzt werden, hat man sich mittlerweile leider ja fast gewöhnt. Nur in absoluten Ausnahmen wird überhaupt durchgegriffen. Doch die völlige Überforderung und schlussendliche Kapitulation, welche die Polizei in Leipzig zur Schau stellte, gab es so bisher nicht. Mehr als zwei Stunden dauerte es, bis die Auflösung der Demonstration aufgrund des Nicht-Einhaltens der Auflagen verkündet wurde. Eben die fast unerschöpfliche Auswahl an Arten der Gewaltanwendung, mit denen die Polizei gern bei Linken Demos vorgeht – SEK, Hunde, Reiterstaffel, Pfefferspray, Wasserwerfer oder mal ein paar gezielte Tritte, das alles in jedweder vorstellbaren Kombination – fehlte dieses Mal völlig. Stattdessen zogen sie sich die Beamten zurück, schützen Journalist:innen nicht vor körperlichen Angriffen von Seiten der „Querdenker“ und ließen die eigentlich aufgelöste Demonstration ungestört weiter durch Leipzig laufen. Auf einer Sitzung des Stadtrates wurde klar, dass die Informationen, welche der Stadt von Seiten von Polizei und Verfassungsschutz gegeben wurden, die schlussendliche Realität nicht widerspiegelte. Die Zusammenarbeit mit der Polizei, beziehungsweise Polizeipräsident Torsten Schulltze, ließ wohl zu wünschen übrig: Eine Nachfrage seitens des Stadtrates bezüglich eventuell nicht ausreichender Zahl an Einsatzkräften wurde nicht mal mit einer Antwort gewürdigt. Innenminister Roland Wöller sprach auf einer Pressekonferenz am 8. November sogar von einer friedlichen Demonstration, eine entweder bewusste Lüge oder gefährlich ignorante Einschätzung. Die Räumpanzer und Wasserwerfer, welche man auf der Demo vermisste, tauchten später am Abend – wie aus dem Nichts – dann bei einem Einsatz wegen brennender Mülltonnen in Connewitz auf. Die Prioritäten sind klar und es zeigt sich immer wieder, auf welcher Seite die Polizei und Polizeiführung zu stehen scheint.
:Jan-Krischan Spohr
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