Protestbewegung. Die deutsche Veranstaltungswirtschaft geht auf die Barrikaden. Denn für viele gibt es seit März kein geregeltes Einkommen mehr und mit dem Lockdown-Light sind die freischaffenden Künstler:innen mit Bühnen- und Backstagemitarbeiter:innen wiederholt betroffen.
Disney Plus, Netflix, Amazon Prime, YouTube, Autokonzerte oder Openairgigs. All dies waren Dinge, die uns in dem ersten Lockdown über Wasser gehalten haben. Für viele schien das tägliche Bespielen von kulturellem Allerlei eine Art der Normalität. Doch mittlerweile zeigt sich, dass dieses Jahr ein anderes ist. So wird im nächsten Jahr das geliebte Dschungelcamp der Deutschen nicht stattfinden. Aber das ist nur die Spitze und darauf wird nun aufmerksam gemacht. Am 28. Oktober fand die zweite Großdemonstration der Initiative #AlarmstufeRot statt. Dies ist ein Ableger der Aktion, die im Juni stattfand, bei der Veranstaltungsorte rot beleuchtet wurden, da die Veranstaltungswirtschaft seit dem 10. März innerhalb kürzester Zeit die gesamten Auftragsbestände verloren hat.
In einem offenen Brief der Initiative wird auf die Missstände aufmerksam gemacht und offen angesprochen, dass sich diese Forderungen nicht auf die wenigen Topverdiener:innen der Branche beziehe, sondern auf die vielen privatwirtschaftlichen Kulturstätten, denen die Schließung drohe. Mehr noch, einige mussten schon schließen und so wurde rund zwei Millionen Menschen die berufliche Perspektive binnen kürzester Zeit genommen. Ebenso wird in dem Schreiben auf die Situationen der (Solo-)Selbstständigen aufmerksam gemacht. Denn viele von ihnen bekommen kein Kurzarbeitergeld, Arbeitslosengeld I, gar die Grundsicherung. So prangert die Initiative auch an, dass die Staatshilfen nur wenige nutzen hätten können, da sie lediglich zur Deckung der Betriebskosten wie gewerbliche Mieten, Pachten, Leasingaufwendungen und vieles mehr angedacht waren. Für viele aus der Veranstaltungsbranche, Posten, die nicht existent seien. Denn in dieser Branche sind es eher private Ausgaben, wie Krankenversicherung, Miete und allgemeine Lebenserhaltungskosten, die auf die Geldbörse schlagen.
„Pleitewelle in der Veranstaltungswirtschaft stoppen!“, heißt der Aktionsplan mit den Forderungen an die Politik. Dieser beinhaltet sechs Maßnahmen, die für diesen Geschäftszweig zielführend seien. So heißt es, dass das Überbrückungsprogramm ausgeweitet werden müsse und das auf alle Unternehmensgrößen, für alle Kostenarten und das über die Krisenmonate. Die Kreditprogramme müssten auch angepasst werden. Zudem sollten hierbei die Laufzeiten verlängert, die tilgungsfreien Phasen ausgeweitet und die Ratingvorschriften abgemildert werden. Des Weiteren sollte der steuerliche Verlustrücktrag ausgeweitet werden. Dies würde eine sofort wirksame Liquiditätshilfe bedeuten. Ebenso müsse die Kurzarbeit-Reglung angepasst werden, damit könne man auch die Unternehmensentwicklung des Geschäftszweigs fördern. Darüber hinaus müsse auch die Ungleichbehandlung der verschiedenen Unternehmensbereiche beendet werden. Zu guter Letzt müsse die Politik nun in einen Rettungsdialog gehen. Denn sonst sind nicht nur rund 2,5 Millionen Arbeitsplätze in der Veranstaltungsbranche bedroht, sondern die gesamte Branche.
Die Künstler:innen werden lauter und aktiver und hoffen, dass sie Gehör finden werden. Julia Gámes Martin, Schauspielerin und Sängerin, stellte im Gespräch mit Nora Hespers klar, dass Kultur systemrelevant sei und dass es zur mentalen, psychischen Gesundheit dazu gehöre. Und dass das Theater seit jeher als Bildungsstätte verstanden und dies von der Politik nur als Unterhaltungscharakter gesehen würde.
Wer mehr Informationen zu der Initiative haben möchte, kann sich auf alarmstuferot.org/fakten schlaumachen und die Künstler:innen, den Messebau, die Veranstaltungstechnik, die Eventagentur, das Catering, die Bühnenbau, die Eventlocation, die Messegesellschaft, das Kongresscenter, das Tagungshotel oder die Konzertveranstalter bei ihrer Forderung unterstützen.
:Abena Appiah
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