Finanzen. Die Studienfinanzierung wird in einem Pilotprojekt künftig online beantragbar sein. Doch ein einfacherer Zugang bleibt aus. Gleichzeitig verschulden sich Studierende während der Pandemie zunehmend.
Bis Ende 2022 sollen alle wesentlichen Behördengänge auf Bund- Landes- und Kommunalebene digitalisiert werden. Einen Schritt in diese Richtung leistet nun die Digitalisierung der Antragsstellung für BAföG. Denn diese ist im Zuge eines sechsmonatigen Pilotprojekts in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz, Berlin und Hessen künftig über einen einheitlichen Antragsstellungsassistenten möglich, der die bisherigen unterschiedlichen Antragsportale der Bundesländer ablöst. Dank der neuen Antragsstellungsart verspricht sich Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) schnellere Antworten auf die Anträge durch kürzere Bearbeitungszeiten bei den Ämtern „Bereits beim Ausfüllen des Antrags lassen sich nun Fehler vermeiden sowie Nachweise niedrigschwellig hochladen“, so Karliczek. Dadurch sollen lange Wartezeiten vermieden und Studierende, Schüler:innen und Auszubildende bald schneller an die Kombination aus zinsfreiem Darlehen und Zuschuss gelangen.
Das Deutsche Studentenwerk (DSW) begrüßt die Digitalisierung der Antragsstellung. Allerdings müssten verwaltungstechnisch noch einige Falten ausgebügelt werden. Beispielsweise sieht das Studentenwerk Bedarf für eine bundeseinheitliche Fachanwendung für die Beantragung der Anträge und einer elektronischen Akte, die unter den Bundesländern kompatibel ist. Ziehen Studierende innerhalb Deutschlands um, so soll sichergestellt werden, dass das Online-BAföG auch im neuen Bundesland zur Verfügung steht. Außerdem würde mit der Digitalisierung der Antragsstellung nicht das grundlegende Problem der komplizierten Anträge gelöst. So kommentiert DSW-Generalsekretär Achim Meyer auf der Heyde: „Auch hätten wir uns gewünscht, dass das BAföG erst einer gründlichen Verwaltungsvereinfachung unterzogen wird, ehe es nun im Rahmen des Onlinezugangsgesetzes digitalisiert wird. Es wäre ratsam gewesen, erst den gesamten Prozess zu entschlacken und zu verschlanken, ehe man ihn digitalisiert. Eine Reduzierung der Anforderungen im BAföG-Gesetz würde auch die Anforderungen einer digitalisierten Antragstellung reduzieren“.
Dieser Kritik schließt sich der „freie zusammenschluss von student*innenschaften“ (fsz) an. Eine vereinfachte Antragsstellung hätte bei der BAföG-Reform im vergangenen Jahr, als die Planung für die Antragsdigitalisierung bereits begann, ebenfalls stattfinden sollen. „Es ist mehr als verwunderlich, dass mit dieser Reform nicht auch eine Entschlackung des Antragsprozesses vorgenommen wurde“, kritisiert fsz-Vorstandsmitglied Amanda Steinmaus. Vorstandsmitglied Jonathan Dreusch kritisiert zudem das Vorgehen von Bildungsministerin Karliczek während der Corona-Pandemie: „In der Corona-Pandemie hat sie sich bemüht, Kredite als Standard-Studienfinanzierung zu etablieren. Einer wirklichen Hilfe, wie es etwa die Öffnung des BAföG für alle bedürftigen Studierenden gewesen wäre, hat sie sich verwehrt. Nun unternimmt sie zwar erste Schritte zur Digitalisierung des BAföG, allerdings ohne den Antrag wirklich zu vereinfachen. Eine Reform, die das BAföG wieder mehr Studierenden zugänglich gemacht hätte, ist ebenso ausgeblieben.“
Aus Zahlen, die das Bildungsministerium an den Haushaltsausschuss des Bundestags übermittelte, geht hervor, dass Studierende in den vergangenen fünf Monaten Kredite in einer Höhe von 919,6 Millionen Euro bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) beantragten. Dies sind rund 600 Millionen mehr als im Vergleichszeitraum 2019. Die Zahl der Anträge ist von 8.500 auf 30.800 gestiegen.
:Stefan Moll
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