Bild: Bilder die auch an Stanley Kubricks „2001: A space Odyssey“ erinnern. , Ein Blick zurück in die Zukunft Bild: © Birgit Hupfeld

Uraufführung. Alltagsprobleme und Zukunftsängste  kreativer Jugendlicher lieferten den Stoff für Science-Fiction Theater mit Retro Charme. Unter der Regie von Julia Wissert wurde dies visualisiert und erstmalig im Schauspielhaus Bochum auf die Bühne gebracht.

Das Licht strahlt hell im Saal. Eingerahmt in mit Plastikfolie überzogene Bestuhlungsreihen wartet das Publikum vergangenen Freitag in Bochum auf den Beginn der Uraufführung von „2069 – Das Ende der Anderen“. Kurz darauf fängt es von hinten an. Im Nacken der Zuschauer*innen beginnen Arbeiten für die bevorstehende Zeitreise. Die zwei Protagonistinnen, zwei Wissenschaftlerinnen aus dem Jahr 2069, initiieren die Maschinen, starten den Antrieb und bereiten sich vor, ihre Zeitperiode für ein Forschungsexperiment zu verlassen.
Was sie erwartet, ist das Jahr 2019, beziehungsweise eine dystopische Variante davon, was die Menschheit erwarten könnte, wenn auf weltlichem Besserungskurs doch das ein oder andere mal zu häufig die falsche Abfahrt genommen wird. Nach Start-Countdown verdunkelt sich der Theatersaal und die Bühne der Kammerspiele öffnet den Einblick auf dieses düstere Jahr 2019. Auch für die Wissenschaftlerinnen ist es der erste Blick in eine für sie unbekannte Welt, in die sie sich vorsichtig hinein tasten wollen. Doch still ist der erste Kontakt keinesfalls.

Tools für die Zukunft?

Die beiden Wissenschaftlerinnen, hervorragend gespielt von Gina Haller und Jing Xiang, werden in der Gegenwart mit einer lauten Welle aus Hass, Selbstzweifeln und den Problemen von heute konfrontiert. Wer sind wir? Wie können wir besser sein als wir es sind? Warum sind wir nicht wie die „Anderen“? Die Fragestellung für die Wissenschaftlerinnen und das Publikum wird dabei kurz im Obertitel eingeblendet: „Können wir unsere Vergangenheit löschen und eine neue Zukunft bauen?“ oder „Kann man sich auf Rassismus vorbereiten mit irgendwelchen Tools?“
Innerhalb des Theaterstücks merkt man zunehmend, dass die Auseinandersetzung mit dem „Nebel der Vergangenheit“ an den Zeitreisenden Forscherinnen nagt und ihre Psyche und ihr Selbstverständnis dabei nicht unversehrt bleiben. Dennoch gelingt es ihnen, Licht in der Dunkelheit zu entdecken und jeden von der Gesellschaft vorgehaltenen Spiegel zu Fall zu bringen. Denn das schönste Bild im Spiegel sind wir selbst,
zusammen.

Im stillen Kämmerchen

„2069 – Das Ende der Anderen“ lebt vor allem durch die visualisierten Denkanstöße der mitschaffenden Jugendlichen und der dabei unter der Regie von Julia Wissert entstandenen Szenen und Bilder im düsteren, verlassen wirkenden Bühnenbild, erschaffen durch Moira Gilliéron. Der Sci-Fi Charakter des Stücks ist dabei eher nostalgischer, trashiger Natur, doch entführt gepaart mit dem großen komödiantischen Talent der Zweifrau-Show für 55 Minuten
in eine andere Welt.
Dennoch lässt die Geschichte am Ende eine Frage offen: „Können wir denn wirklich nur im stillen Kämmerchen sein, wer wir wollen?“ Nachdem die Wissenschaftlerinnen sich ihre eigenen vier Wände zum Schutz errichtet haben, gestehen sie sich gegenseitig ganz intim, was sie alles sind und was sie sein wollen, ohne sich irgendeine Art von irdischer Grenze zu setzen. Wie das ganze allerdings aussieht, wenn man das in die öffentliche Welt überträgt, wäre vielleicht Stoff für Episode 2.     

:Christian Feras Kaddoura
 

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