Kommentar. Parteien sind auf Geld angewiesen. Zu den drei Standbeinen der Finanzierung gehören staatliche Gelder, Mitgliedsbeiträge und Parteispenden. Daimler stoppte diese nun und erntet Kritik der Parteien.
Derzeit sind Parteispenden ein heikles Thema in der Bundespolitik, zuletzt wurde die AfD wegen unzulässiger Spenden zu einer Strafzahlung von fast einer halben Millionen Euro verdonnert. Dass Parteispenden sowieso kein gutes Standing in Deutschland besitzen, liegt nicht zuletzt an Spendenaffären, etwa rund um den ehemaligen Bundeskanzler Helmut Kohl oder die Flick-Affäre. Auch der Vorwurf der Lobby-Arbeit wird immer wieder laut. Die Daimler AG hat sich nun dazu entschieden, 2019 keine Parteispenden zu tätigen. Ein Sprecher des Konzerns sagte der „Bild am Sonntag“: „Wir haben beschlossen, in diesem Jahr den Schwerpunkt bei Projekten aus den Bereichen Bildung, Naturschutz, Wissenschaft, Kunst und Kultur zu setzen.“ Im vergangenen Jahr flossen 320.000 Euro von der Stuttgarter Konzernzentrale in den Bundestag, das meiste Geld ging an die Unionsparteien CDU und CSU. Und von der hagelt es nun auch die größte Kritik. Innenministeriumsmitglied Thomas Bareiß nannte die Entscheidung auf Twitter „verantwortungslos, Demokratie gefährdend, dumm“. CSU-Schatzmeister Thomas Bauer wird noch deutlicher, im Gespräch mit der „Welt“ behauptete er über Konzerne, die keine Parteispenden verteilen: „All diese großen Firmen kommen ihrer demokratischen Verpflichtung nicht mehr nach.“
Was für ein Demokratieverständnis
Es ist erstaunlich, welches Verständnis von Demokratie die beiden Politiker an den Tag legen. Sie gehen davon aus, dass gute Politik nur mit viel Geld funktioniert. Natürlich würde man penibel trennen zwischen Parteispenden und Lobbyarbeit, so müsse es schließlich sein, da man allzu integer sei. Doch wer glaubt den konservativen und neoliberalen Parteien, dass sie nicht im Sinne ihrer Geldgeber*innen Politik machen? Die FDP hat das scheinbar schon länger verstanden, statt auf Parteispenden setzen die Marktradikalen auf Sponsoring. Der kürzlich beendete Parteitag wurde von etwa 50 Sponsoren, davon viele aus der freien Wirtschaft, finanziert. Darunter Banken, Automobilkonzerne und Pharmaunternehmen. Wer da nicht glaubt, dass Lobbyarbeit – oder im Falle der FDP eigentlich nur Klientelpolitik – gemacht wird, hat ein unglaublich naives Verständnis vom politischen Alltag.
Überzeugt Menschen, nicht Konzerne
Ein Ausweg aus der Misere der Parteifinanzierung könnte dabei so einfach sein: Statt Politik für Wirtschaft und Konzerne zu machen, wie es nicht nur bei CDU/CSU und FDP üblich ist, sondern auch bei anderen Parteien durchaus vorkommt, sollten sich Politiker*innen um gesellschaftliche und soziale Probleme kümmern: Wohnungsnot, Altersarmut und Defizite in der Bildung. Wem das als Tätigkeitsfeld nicht ausreiche, vielleicht weil es nicht rentabel genug ist, der hat weder im Bundestag, noch in irgend einem anderen Parlament irgend etwas zu suchen. Dann gehört man eher in Aufsichtsräte oder man wird „Berater“ in irgend einem DAX-Konzern. Man tut also das, was Politiker*innen bereits seit Jahrzehnten nach ihrer Parteikarriere tun …
:Justinian L. Mantoan
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