Kino. Der französische Film „Ava“ setzt sich auf ungewöhnliche Weise mit dem Erwachsenwerden auseinander.
In „Ava“ geht es um die titelgebende Protagonistin Ava, gespielt von Noée Abita, die im Alter von 13 erfährt, dass sie an der Augenkrankheit Retinopathia pigmentosa leidet. Ava wird zunächst ihre Nachtsicht verlieren, schlussendlich komplett erblinden. Die Thematik des eintretenden Verschwindens von Avas Augenlicht steht dabei im Kontrast zum Genre des Films. Denn „Ava“ ist eine Coming-of-Age-Geschichte. Ein Genre, das sich üblicherweise mit den Entwicklungsprozessen des Erwachsenwerdens auseinandersetzt, nicht mit Zerfall.
Diese Eigenheit des Films, die sowohl auf symbolischer als auch auf erzählerischer Ebene behandelt wird, verbindet die Regisseurin Léa Mysius bemerkenswert gut mit herkömmlichen Erzählweisen einer Coming-of-Age-Geschichte. Denn auch in „Ava“ geht es um gespaltene Familienverhältnisse, erste Lieben und jugendliches Rebellentum. Auslöser dieser Konflikte ist der 18-jährige Juan (Juan Cano) und dessen schwarzer Hund, den Ava Lupo nennt. Juan ist ein von seiner Familie getrennter Heimatloser, der sich in gewaltvolle Auseinandersetzung begibt und Konfrontation mit der Polizei hat. Ava, die sich selbst als emotionslos beschreibt und häufig niedergeschlagen ist, lernt ihn kennen und erlebt dadurch eine Veränderung in ihrer Gefühlswelt. Ihre bisherigen Beziehungen, unter anderem zu ihrer Mutter und deren neuen Freund Tété, treten dabei vor allem in der zweiten Hälfte in den Hintergrund und bleiben erzählerisch unterentwickelt.
Fortschreitende Veränderungen
Die aufwühlenden Ereignisse der Handlung führen zum Ende nicht in eine Rückkehr zum Normalzustand, wie es der Fall bei vielen Vertretern des Genres ist. „Ava“ versteht die Veränderungsprozesse der Jugend somit nicht als eine zwischenzeitliche Phase des Erwachsenwerdens, die zu einem vollendeten Ergebnis hinarbeitet, sondern als Momentaufnahme einer fortwährenden Umwälzung. „Ava“ liefert einen erfrischenden Beitrag in das Genre und ist es auf jeden Fall wert, gesehen zu werden.
:Stefan Moll
0 comments