Kommentar. Der Rechtsausschuss des EU-Parlaments beschloss eine Änderung des Urheberrechts. Diese greift die Grundpfeiler eines freien Internets an: Content wird vor dem Upload gefiltert und Verlinkungen mit Gebühren versehen.
Nach der Datenschutzgrundverordnung folgt die nächste Regulierung von Inhalten im Internet: Vergangene Woche beschloss der Rechtsausschuss des EU-Parlaments die „Directive for Copyright in the Digital Single Market“. Der Änderungsvorschlag muss nun noch durch das Plenum verabschiedet werden, was allerdings in der Regel eine Formsache ist. Unter den Änderungen, die vom parlamentarischen Verhandlungsführer Axel Voss (CDU) angeleitet wurden, sollen Internetplattformen nun „angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen“ einführen, die den Aufruf von urheberrechtlich geschütztem Material verhindern, falls kein Lizenzvertrag mit dem/der UrheberIn besteht. Das heißt: Online-Plattformen wie „Youtube“ müssen automatische Uploadfilter einbauen, die hochgeladene Inhalte auf Urheberrechtsverletzungen prüfen und diese gegebenenfalls blockieren. Im Vorfeld veröffentlichten 70 prominente UnterzeichnerInnen einen offenen Brief, der den Vorschlag kritisierte.
Angriff auf freie Nutzung
Konkret bedeutet dies, dass künftig das Teilen von Memes in Form von gifs zum Beispiel nicht mehr erlaubt ist, wenn diese auf urheberrechtlich geschütztem Material basieren. In einer Zeit, in der ein überwältigender Teil der Kultur auf dem kreativen Mischen und Verändern von Inhalten besteht, ist dies eine rückwärtsgewandte Form des Urheberrechts, die nur von Gesetzesgebern beschlossen werden konnten, für die ABBA noch hippe Jugendkultur ist. Wieso der Vorschlag dennoch durch den Rechtsausschuss durchgewunken wurde, ist leicht ersichtlich. Denn die Änderungen kommen vor allem großen Unternehmen zu Gute. Obgleich PrivatnutzerInnen in ihrer Handlungsfreiheit beschnitten werden und kleinere Plattformen, die nicht in der Lage sein werden, aufwendige Filter einzubauen, damit effektiv vor dem Aus stehen, werden Industriegrößen wie „Youtube“ kein Problem haben, die Vorschriften einzuführen.
Angriff auf Pressefreiheit
Dies wird auch in einem weiteren Teil des Vorschlags deutlich. Denn neben den umstrittenen Uploadfiltern soll das Leistungsschutzrecht geändert werden. Hinter dem, was gemeinhin als „Linksteuer“ bezeichnet wird, steckt bei der Verwendung von kurzen Texten, Nachrichteninhalten oder dem Verweis auf andere Seiten per Link die Abgabe von Gebühren an die RechteinhaberInnen. Seit Jahren fordert die Verlagsbranche diese Änderungen. Dass dadurch Nachrichtenseiten und Blogs davon abgeregt werden, Informationen zu teilen und auf glaubwürdige Informationsquellen zu verweisen, da sonst Gebühren winken, ist der Verlagsbranche anscheinend egal.
Diese Regulierungen des Internets schwimmen auf einer Welle, die nach Skandalen rund um Cambridge Analytica und manipulative Werbung in sozialen Medien entstand. Die Restriktionen, die im Schatten dieser Vorfälle gefordert wurden, sollten allerdings die Übermacht der Hegemonen beschneiden. Industriegiganten wie „Facebook“ und „Google“ sollten nicht mehr tun und lassen dürfen, was sie wollen. Doch genau das Gegenteil ist nun der Fall. Den Vorteil tragen die Verlagsbranche und die Großen der Industrie. Daher ist es wichtig, das Gesetz auf den letzten Metern zu stoppen. Also ladet die gifs und macht die Katzenvideos bereit, solange Ihr noch könnt.
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