Mythen und Legenden. Für die einen ist die Ruhr-Uni Ort zum Lernen und Arbeiten, für die anderen sind die hohen Betonklötze Quell der Inspiration. Schon so mancher Mthos ist so entstanden und in einigen steckt sogar ein Fünkchen Wahrheit. Oder nicht?
Die Übergänge zwischen Legendärem und Legenden sind oft fließend. An der Ruhr-Uni kennt man sich damit aus. Es waren die späten 1960er Jahre: Der Lehrbetrieb an der RUB war noch jung, ein Hauch von Revolution lag in der Luft. Auch der Student und Anarcho-Syndikalist Hajo Mulsow, ein echter „68er“, war angetan vom rebellischen Zeitgeist und versuchte, auch ein klein wenig hiervon auf den Campus zu bringen. Es war kein ungewöhnlicher Anblick, wenn Hajo mit dem Megaphon seine Ideen an die zumeist in Anzug und Krawatte gekleideten Studierenden verbreitete. 1970 gelang ihm mit der Gruppe „Anarcho-Syndikat“ sogar der Einzug ins 4. SP (Studentenparlament), dem Vorgänger des heutigen StuPa. Doch wie das Studierendenleben so spielt, irgendwann kümmert sich auch der engagierteste Anarchist um den Abschluss – in Hajos Fall um die Dissertation. Kein leichtes Unterfangen. Und so kam eins zum anderen. Als Hajo im Jahre 1996 verstarb, hatte er seine Doktorarbeit nach über zwanzig Jahren noch immer nicht beendet. Heute ist vom Geist der Ruhr-Universität die Rede, einer Gestalt, die bereits früh morgens durch die Flure der G-Reihe huscht, noch immer auf der Suche nach den besten und neusten Quellen für seine Arbeit. „Ja, das ist Hajo!“, heißt es da von den wenigen Eingeweihten. Nicht ohne Schmunzeln hat die Ruhr-Universität Hajo Mulsow auf dem Wimmelbild anlässlich des fünfzigjährigen Bestehens der Uni ein kleines Denkmal gesetzt. Viel zu wenig für einen Menschen, der den universitären Alltag so sehr geprägt hat, meinen einige.
Doch ein Mythos wie der des spukenden Doktoranden bringt auch Ärger mit sich, nicht selten verschlägt es selbsternannte „GeisterjägerInnen“ an die Ruhr-Uni. Auch Anfragen eher minder seriöser Medien häuften sich in unregelmäßigen Abständen, lässt Jens Wylkop, Pressesprecher der RUB, wissen.
Ein Hafen?
Ein anderer, bekannterer Mythos ist der des Hafens des Wissens. Ja, gewiss haben sich Helmut Hentrich und Hubert Petschnigg, die Architekten der Ruhr-Universität, Gedanken über ihren letzendlich realisierten Entwurf des Campus gemacht. Aber die maritime Metaphorik kann ihnen nicht direkt nachgesagt werden. Zum Mythos des „Hafens des Wissens“ kam es durch eine kleine, aber weitreichende Bemerkung des Bochumer Theologen Prof. Erich Gräßner. Dieser wurde bereits im Gründungsjahr der Uni vom „Spiegel“ zitiert: Wie „Ozeanriesen ohne Heck und Bug“ ragten die ihrer Zeit 275.000 Mark teuren Bauten über dem Lottental.
Mit diesem Mythos beschäftigte sich auch die Kunst- und Architekturhistorikerin Alexandra Apfelbaum und findet: „Wenn irgendein gewiefter Journalist das so formuliert und sich das dann in Architekturbeschreibungen immer weiterträgt, ist es völlig in Ordnung.“
Und auch die Ruhr-Universität spielt nur allzu gerne mit der Assoziation der Ozeanwelt: „Der Hafen des Wissens wächst“, vermeldete man zu Baubeginn des Gebäudes GD, das jedoch weniger an Kreuzfahrtschiffe erinnert als noch sein Nachbargebäude.
:Justinian L. Mantoan
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