Bild: +++ Hier könnte Ihre wunderbare Werbung stehen +++ :Alina Nougmanov

Auf diese Frage könnte jetzt theoretisch ein unmoralisches Angebot folgen, aber wir sind hier schließlich bei der :bsz und nicht beiirgendeiner unseriösenTageszeitung. Um Angebote geht es in diesem Kommentarin gewisser Weise trotzdem, wenn auch etwas anders, als man es im ersten Moment erwarten würde.

Surft man im internetischen Ozean, trifft man früher oder später auf den ersten Schwarm fliegender Werbe-Fische, die Dir unaufhörlich in die Sicht springen. Das ist nicht nur ganz schön nervig, sondern kann Dich sogar aus dem Gleichgewicht bringen – und zack, stürzt Du vom Brett hinein in die brechenden Wellen. Da kommt man schnell mal vom Kurs ab und gerät mit ganz viel Glück (Achtung, Ironie-Gefahr) auch noch in die Kaufrausch-Strömung. Die wirbelt Dich dann so lange an verschiedenen vollgemüllten Online-Shop Inseln vorbei, bis Du nicht mehr weißt, wo Dir der Kopf steht. Wirklich atemberaubend ist die Aussicht dabei offensichtlich auch nicht – sie raubt einem höchstens die Nerven; falsche Versprechungen, Duplikate ohne Ende und viel heiße Luft. Und das praktisch überall, wo Du hinguckst. Kein Wunder, wenn man sich in so einer Situation wünscht, endlich wieder vertrautes Land zu sehen.

Ist aber nahezu unmöglich. Denn wir leben in einer Welt, in der Marketing dem Kapitalismus ständig schöne Augen macht. Sie gehen Hand in Hand und das nicht etwa auf nimmer Wiedersehen in den Sonnenuntergang, sondern Richtung Gewinnmaximierung. Immer hin hilft Marketing Unternehmen dabei, ihre Dienstleistungen und Produkte effektiv zu bewerben und zu verkaufen. Marketing wird also so zum Werkzeug des Kapitalismus. Ganz schön toxisch diese Beziehung, wenn Du mich fragst.

Wenn ich im Internet surfe, treibe ich mich meistens irgendwo zwischen Instagram, Tik Tok und den unzähligen Streamingdiensten rum, die es mittlerweile gibt. In dem letzten Jahr ist mir dabei aufgefallen, dass ich immer öfter mit Werbung konfrontiert werde. Es scheint, als hätte sich die Menge an Werbespots und -Posts seitdem noch weiter verdoppelt, wenn nicht sogar verdreifacht. Allein schon die Influencer:innen-Werbung auf den großen Social Media Plattformen spammt einen so lange zu, bis man entweder mit seinem Account freiwillig in den Freitod geht oder sich wie ein Konsumzombie für den Kauf der zehnten Bleaching-Zahnpasta entscheidet, obwohl man ganz genau weiß, dass sie weder das Geld wert, noch besonders gut für die Zähne ist. Aber so ist das eben, irgendwie sind wir ja alle ein bisschen Konsumopfer. 

Oftmals ”vergessen‟ die Werbehäschen dann auch noch, die Werbung als Anzeige zu kennzeichnen oder die Markierung ist so klein und weiß, dass sie mit dem Hintergrund verschwimmt. Ähnlich wie unsere Selbstkontrolle, wenn die Werbung dann doch genau da kratzt, wo es gerade juckt.

Besonders auf Social Media Plattformen boomt Werbung krasser als die Babyboomer:innen Generation in ihrer Primetime. Mit welchen verwerflichen Methoden dabei geworben wird, ist den meisten egal – denn nur bares ist Bares. Ob es irgendwelche Beauty-Eingriffe sind, die gerade einen kurzlebigen Hype verspüren oder doch lieber die Shaping-Unterwäsche, die Dir falsche Hoffnungen macht und damit ein verzerrtes Körperbild promoviert sowie unrealistische Standards normalisiert. Aber was soll man schon machen; für ein operiert-aussehendes Ergebnis wirbt man am besten mit einem operierten Körper, macht doch Sinn. Vor der Tatsache, dass so eine Herangehensweise irreführend ist, kann man ja ein Auge zudrücken. Oder Lasern lassen, auf Instagram findet Ihr bestimmt einen Rabattcode dafür.

Wusstet Ihr schon, dass die nette Werbung mit Nachnamen „Penetrant“ heißt? Letztens erst habe ich mir auf YoutTube ein Video angeschaut, das fünf Mal durch Werbung unterbrochen wurde. So oder so schon ätzend, weil es immer an der ungünstigsten Stelle in die Werbepause schaltet, allerdings waren vier von diesen fünf Werbungen für ein und dieselbe Versicherung – so copy paste mäßig –, deren Namen ich hier jetzt nicht nennen werde (auch wenn sie mich so sehr aufgeregt hat, dass sie mich als potentielle Kundin auf ewig verloren haben). Welches Marketing-Genie hat hier seinen Job nicht richtig gemacht? Jedenfalls habe ich mich teilweise so gefühlt als wäre ich in einer endlos-Zeitschleife gefangen, die mich jedes Mal aufs Neue zum Startpunkt zurückschickt, um meine freien Minuten mit irgendwelchen Werbe-Slogans und Fahrstuhlmusik zu verschwenden. We love that.

Sorry, bin ich hier noch auf YoutTube oder etwa doch beim Tele-Shopping?

 Werbung wird aber nicht nur immer penetranter, sondern auch kreativer. Es muss schnell was Neues her, wenn die alte Masche nicht mehr zieht – je polarisierender, desto besser! Man orientiert sich schließlich an den konsumliebenden und sensationsgeilen Kunden. Denn mit der Zeit entwickeln sich auch die Konsumenten weiter und stellen andere Ansprüche. Und natürlich schläft die Konkurrenz nicht – man muss sich von der breiten Masse abheben. Auch das noch!
 Es muss eben schneller, besser und größer sein. Mehr Farben, lustigere Sprüche und wildere Musik, über die man schon auf Tik Tok und cCo. gestolpert ist. Was vor Jahren noch für Verkaufsschlager gesorgt hat, ist heute mit der falschen Taktik bereits Schnee von gestern – und das bevor es überhaupt im hier und jetzt angekommen ist.

So hat Aldi Nord zum Beispiel beschlossen, sich dem Zeitgeist anzupassen und Werbung für die coolen Kids unter uns zu machen. Mit einem als Rapper verkleideten Hund – selbstverständlich inklusive schräger Cap und Goldkette – und der passenden gangster-Musik dazu, wird fleißig für die Süßigkeit Milchmäuse geworben. Verrücktes Bild und das meine ich wörtlich; ver-rückt, denn es passt eigentlich so gar nicht zusammen und man hat das Gefühl, hier wurde was durcheinandergebracht. Es ist so schlecht und bescheuert, dass es schon wieder komisch genug ist, um einem dann im Gedächtnis zu bleiben. Ganz schön gewitzt, lieber Herr Verkaufsverein. Dass es allerdings nicht nur bei Tieren als Werbegesichter bleibt, zeigt eine Kooperation aus 2023 zwischen Kaufland und den Atzen, welche sogar extra einen ihrer Songs in Preisparty umschrieben, damit Ihr Euch auch noch bis in Eure Träume von den Angeboten aka „Knaller“ und „fette Knüller“ verfolgen lassen könnt.

Ja, Werbung ist in der heutigen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken und das ist auch okay, denn schließlich stecken da nicht nur geldgierige Unternehmen hinter, sondern auch Menschen, die einfach ihr Brot damit verdienen wollen. Auch für den Verbraucher kann Werbung von Vorteil sein, wenn sie auf etwas Wichtiges oder Nützliches hinweist – so zum Beispiel Blutspenden oder die unzähligen Aufrufe der letzten Wochen, seine Stimme bei den Wahlen sinnvoll zu nutzen.  

Das Problem dabei ist, dass nicht nur jeder Quatsch – sei er noch so schlecht, schädlich oder einfach überflüssig – beworben wird, sondern dass viele Kunden, und besonders die jüngeren unter ihnen, darauf reinfallen. Denn viele informieren sich nicht richtig und nehmen die Werbung als bare Münze, ohne zu merken, dass sie gerade ihr Geld aus dem Fenster werfen. Schließlich stammt sie ja von der/dem Content Creator:in Deines Vertrauens.
 Das Ausmaß ist mittlerweile so groß, dass man die Catfishes kaum noch von den echten Meeresbewohnern unterscheiden kann. Ob sich in Zukunft etwas daran ändern wird, ist schwer zu sagen. Angebot und Nachfrage sind schließlich die besten Freunde jeder Verkaufsstrategie. Und wo man was erwerben kann, da gibt es auch Werbung und von dieser hält die Moral ja bekanntlich gerne mal ein paar Meter Abstand, nicht wahr?

Also dann, genug Internet für heute.

:Alina Nougmanov

0 comments

You must be logged in to post a comment.