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Manchmal will ich einfach nur den Taschenrechner auf meinem Smartphone benutzen und finde mich dann plötzlich auf Instagram wieder. Wie ich hierhin gekommen bin, weiß ich nicht, genauso wenig wie ich mich noch an die Rechnung erinnern kann, die ich ursprünglich eintippen wollte. In dem Moment, als ich mein Handy entsperrt habe, ist mein Gehirn wohl AFK gegangen. Kommt Dir das vielleicht bekannt vor?

Achja, das Zeitalter des Internets. Menschen sind weltweit vernetzt, Informationen verbreiten sich in Sekundenschnelle und Trends wechseln öfter als manche ihre Unterhose. Memes und kurze Videos sind allerspätestens seit Facebook und musical.ly eine vertraute Erscheinung, die man sich heutzutage kaum von den Social Media Plattformen wegdenken kann. Besonders die kurzen Clips, die meistens nur ein paar Sekunden lang gehen, sind in den letzten Jahren immer populärer geworden. Seien es YouTube shorts, reels bei Instagram oder die for you page bei TikTok, die uns ständig mit Videoinhalten zuspammen. Klar kann man sich verstecken, aber eine Flucht ist nahezu unmöglich. Man scrollt und scrollt; fünf Minuten vergehen, weitere 20 verstreichen und schon hat man eine Stunde damit verbracht, seine wertvolle Zeit in inhaltslose Inhalte (lol) zu investieren. Denn der Content, den man sich hierbei reinzieht, ist meistens wertlos und nein, damit möchte ich nicht den vielen Creators ihre harte Arbeit bei der Erstellung solcher Inhalte absprechen. Den meisten ist wahrscheinlich selbst bewusst, in wieweit ihre Bilder und Videos nun etwas mit Mehrwert vermitteln oder nicht. Grundsätzlich muss meiner Meinung nach auch solcher Content nicht unbedingt immer „deep“ sein und irgendeine „Message“ vermitteln. Er kann genauso gut belanglos sein und uns dabei helfen, sich mit banalen Medieninhalten vom anstrengenden Alltag und deprimierenden Gedanken abzulenken. Eine Auszeit eben.
Manchmal scrollen wir aber auch aus Langeweile. Und schon verlieren wir uns irgendwo zwischen unzähligen Pixeln und dem nächsten KI-generierten Olaf Scholz Meme. Als wären wir in Trance, starren wir gebannt auf das leuchtende Display in unserer Hand und können die Augen nicht von den kurzen Videos reißen, deren Inhalt wir Sekunden später wieder vergessen haben. Schon fast wie eine Leidenschaft – oder eine Sucht, wie es die Realisten unter uns nennen würden.
Nehmen wir mal die „Oiiaoiia“-Katze oder die „Skibidi Toilet“-Clips als Beispiel. Wenn Ihr gerade verwirrt seid, sucht es einfach – ich bin mir sicher, der Nebel lichtet sich. Jedenfalls vermitteln weder der Stubentiger noch die kämpfenden Kloschüsseln wirklich geistreichen Input, ein Lächeln können sie uns trotzdem auf die Lippen zaubern. Wir fühlen uns halt unterhalten (oder sind verdutzt und wissen nicht, wie wir gucken sollen). Dieser „Brain Rot“-Content ist so beliebt, dass er neben einem eigenen Hashtag sogar richtige Fans hat:
„I can find my IQ dropping and I love it.” / “I love brainrot, literally my humor.”

Aber was ist dieses “Brain Rot“ überhaupt?
Das Wort wurde 2024 durch eine öffentliche Abstimmung zum Oxford-Wort des Jahres gewählt, es existiert aber schon eine Weile länger. Übersetzt bedeutet es so viel wie „Gehirnfäule“ und bezeichnet ein Phänomen, das durch unsere digital geprägte Gesellschaft entstanden ist. Gemeint ist jedoch nicht ein medizinischer Fall, bei dem der rosa Fleischklumpen in unserem Kopf tatsächlich wegfault. Noch mal Glück gehabt.
Es wird eher im übertragenen Sinne gebraucht und vor allem mit einem humorvollen Kontext. Man hat eben so viel Zeit im Internet verbracht, dass es zur ”Gehirnfäule‟ kommt. Die zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass man anfängt, die Sprache der Onlinewelt in die Welt außerhalb des Bildschirms zu übertragen. Was soll man machen, die Inhalte haben einfach einen zu krassen Rizz. Skibidi.
Das ununterbrochene Scrollen durch unseren Feed kann aber auch zu Doomscrolling und einem digitalen Overload führen, wodurch wir das Gefühl bekommen, mental ausgelaugt zu sein. Es fühlt sich an, als würde uns unsere kognitive Leistung aus den Ohren heraus marschieren. Tatsächlich kann eine übermäßige Handynutzung dazu führen, dass graue Substanz im Gehirn abgebaut wird und unsere Aufmerksamkeitsspanne an Länge einbüßt.
Auf nimmer Wiedersehen also.

Ich will nicht darauf hinaus, dass Social Media-Konsum und „Brain Rot“-Inhalte schlecht sind und wir darauf vollständig verzichten sollten. Wie die meisten Dinge im Leben, hat auch das Internet seine guten und schlechten Seiten – wortwörtlich sogar. Es ist eben wichtig, dass wir uns bewusst machen, wie viel Zeit wir in den sozialen Medien verbringen und welchen Content wir konsumieren. Schaltet mal ab, kontrolliert zwischendurch Eure Screentime und findet Eure Balance. Die ein oder andere Pause kann unglaublich befreiend sein und helfen, das Gleichgewicht wiederzufinden. Schließlich schwankt es gerne mal in verschiedene Richtungen.

:Alina Nougmanov

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