Es ist mal wieder die perfekte Jahreszeit, um krank zu werden. Diesen Monat weitverbreitet: das Kauffieber. Der Virus „fette Rabatte“ infiziert hierbei nicht nur Kunden, sondern auch ganze Unternehmen. Doch nicht alle Viren sind schlecht – manchmal kann man sogar von ihnen profitieren (ließ mein Biolehrer verlauten).

Das „N“ im November steht für „Shopping-MarathoN“, ist doch klar!
Krasse Preisnachlässe, vielversprechende Deals und Prozente wo man nur hinschaut. Der November könnte sich wohl den Titel des „billigsten Monats“ im Jahr unter den Nagel reißen. Mit scheinbar unschlagbaren Angeboten in Sachen Dienstleistung und Warenangebot lockt er sowohl im Internet als auch in der echten Welt viele Kund:innen an. Ob Rabattaktionen wie die Single Days aus China, die Prime Days von Amazon oder der Black Friday und Cybermonday aus den USA; der Terminkalender ist voll. Mittlerweile werden aus einzelnen Tagen, an denen ein großer Sale stattfindet, sogar eine ganze Woche. Aus dem Black Friday wird dann die Black Week. Wir können kaum zu einer anderen Zeit so viel beim Einkauf sparen, wie jetzt gerade – das ist zumindest die Vorstellung. Aber wie sieht es in der Praxis aus?
Für die Händler sind solche Aktionstage vor allem eine clevere Marketingstrategie, um hohe Umsätze zu erzielen und ihre vollen Lager zu leeren, um so Lagerkosten zu sparen. Meist werden dabei auch die Ladenhüter angeboten. Lange Schlangen, höhere Umsätze und überfüllte Umkleidekabinen – die Leute kaufen wie verrückt. Da kann ich auch aus meiner eigenen Erfahrung im Einzelhandel sprechen.
Mich wundert es nicht, wenn Anja Wunsch vom Team Lead Key Account Management von der Global Savings Group den November als „umsatzstärkste“ Zeit des Jahres bezeichnet. Das war allerdings nicht immer so.
Der Black Friday zum Beispiel, welcher an dem Freitag nach Thanksgiving stattfindet, war zunächst nur in den Vereinigten Staaten bekannt. Mit den Jahren gewann er schließlich stetig an Bekanntheit und Beliebtheit, die auch über die Landesgrenzen hinauswuchs. In den 2010ern erreichte der Trend dann ebenfalls deutschen Boden und ist seitdem fester Bestandteil der Shopping-Welt. „Der Black Friday hat sich in den vergangenen Jahren als attraktiver Shopping-Anlass etabliert, der aus der deutschen Konsumlandschaft nicht mehr wegzudenken ist,“ sagt Dr. Christian Wulff, Leiter von Consumer Markets bei PwC Deutschland und EMEA. Das Konsumverhalten hätte sich jedoch über die Jahre verändert und würde derzeit zum bewussten Konsum mit Blick auf Nachhaltigkeit tendieren.
Und das ist auch gut so. Denn vor allem online wird man praktisch in einen Bann gezogen. Mit steigenden Prozenten, je näher man an die „Days“ kommt, wird versucht eine Kundenbindung herzustellen. Künstliche Verknappung und Countdowns setzen die Kund:innen unter Druck, die limitierten Deals verleiten schnell dazu, mehr zu bestellen, weil man es ja zurückschicken könnte – die Ethik hinter solchen Mitteln ist ziemlich fragwürdig. Das führt gerade in Branchen wie dem Einzelhandel oder der Logistik oft zu extremen Arbeitsbelastungen, die ihrerseits schlechte Arbeitsbedingungen zur Folge haben. Man kommt mit der Arbeit nicht hinterher, muss Überstunden machen und steht permanent unter Stress, weil man sich an Fristen halten muss. Es ist ja nicht so, dass die Belastung in dieser Zeit des Jahres sowieso schon wegen Weihnachten stark erhöht ist. Quatsch. Auch die Umwelt wird auf diese Weise belastet.
Problematisch ist meiner Meinung nach außerdem noch die Tendenz zu spontanen Käufen. Rabattaktionen rufen uns zu unnötigem Konsum auf, wir leisten Folge. Besonders der wachsende Trend zu (Ultra-) Fast Fashion und Elektronik ist hier im Hinblick auf Nachhaltigkeit problematisch.
Dinge, die wir gar nicht brauchen, landen im Warenkorb und werden im schlimmsten Fall wieder von uns weggeworfen. Mit etwas Glück liegen sie aber vielleicht noch eine Zeit lang in irgendeiner Ecke rum und verstauben. Schon klar, jeder ist für sein eigenes Konsumverhalten verantwortlich, aber andererseits wissen die Händler ganz genau was sie tun müssen, um uns möglichst viel kaufen zu lassen.
Der Verbraucherschutz NRW warnt uns außerdem vor Gefahren durch Fake-Shops. Hohe Rabatte und das riesige Angebot können einem schnell die Sinne vernebeln. Manche Fake-Shops sind aber auch so gut aufgebaut, dass es erst auf den zweiten Blick auffällt, dass es sich um einen Scam handelt. Hast Du dann kein Auge für solche Dinge, kann Dich diese Ahnungslosigkeit ganz schön schnell in Bredouille bringen.
Doch wie ich zuvor angedeutet hatte, sind die Preisnachlässe nicht grundsätzlich negativ zu sehen. Die hohen Rabatte ermöglichen manchen Menschen überhaupt erst, sich auf die Weihnachtstage vorzubereiten oder etwas zu kaufen, dass sie schon lange gebraucht oder sich gewünscht haben. Denn nicht jeder ist finanziell so gut aufgestellt, dass er den Preis auf dem Produkt mehr oder weniger ignorieren kann. Da kommen Aktionen wie Cyber Monday oder der Single Day gelegen und schenken vielen Menschen eine Freude.

Ja, Konsum ist doof, aber holt die meisten von uns (mich eingeschlossen) gerade mit seinen Rabattaktionen ab. Da gerät so manche:r schnell mal in einen Kaufrausch. Wir sollten dennoch versuchen, unser Konsumverhalten zu hinterfragen und nicht gleich über die Strenge schlagen, nur weil’s grade günstig ist. Brauche ich wirklich das fünfte Paar Stiefel? Ist es nötig, einen neuen Fernseher zu kaufen, obwohl der alte einwandfrei funktioniert? Ist das wirklich mein Wunsch oder nur der Druck durch die schwarze Zahl hinter dem Preis? Nicht ohne Grund sagt man: Alles in Maßen und nicht in Massen. Das gilt natürlich auch für die Zeit außerhalb des Novembers. Schließlich muss das Kauffieber ja nicht chronisch werden…

:Alina Nougmanov

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