Donald Trump ist zurück im Weißen Haus. Trotz Skandalen und Vorwürfen konnte er eine breite Wähler:innenschaft mobilisieren und Kamala Harris besiegen. Sein Sieg zeigt: Ein erheblicher Teil der Amerikaner:innen wünscht sich einen Wandel, auch auf Kosten liberaler Werte.

Mit Donald Trumps Wahlsieg geht eine weitere polarisierende Phase in der amerikanischen Politikgeschichte los. Im Rennen gegen Kamala Harris konnte Trump nicht nur die wichtigen Swing-States für sich entscheiden, sondern auch die Mehrheit der Stimmen landesweit gewinnen. Es ist ein Erfolg, der bei Trump-Anhänger:innen als „das größte Comeback der US-Geschichte“ gefeiert wird, wie sein Vizepräsident J.D. Vance es formuliert. Doch für viele im Land bleibt es eine Entscheidung, die Sorgen und Ängste verstärkt.

Einige nennen es clever, andere durchdacht. Trumps Wahlkampftaktik war gefüllt mit gezielten Botschaften an breite Wähler:innengruppen. So setzte er besonders auf eine stärkere Ansprache der weißen Arbeiter:innenklasse und konnte diesmal auch unter jungen Erwachsenen und Männern punkten, unabhängig von Herkunft und Hautfarbe. Trump erzielte bei schwarzen Wähler:innen insgesamt zwar keine nennenswerten Zuwächse, aber Harris gelang es nicht, die Männer dieser demografischen Gruppe vollständig zu überzeugen. Politische Beobachter:innen meinen, dass Trumps Wirtschaftskurs und Versprechen, Jobs zu sichern, bei manchen Teilen der Black Community auf Zustimmung stießen. Repräsentation allein – wie bei Obama – zieht bei Kamala Harris offenbar nicht mehr. Der Anspruch ihr gegenüber ist höher, insbesondere weil sie eine Frau ist. Trotzdem blieb die Mehrheit der schwarzen Wähler:innen auf der Seite der Demokrat:innen.

Wie einige Parteien in Deutschland setzte Trump vor allem auf bewährte populistische Methoden: Polarisierung, einfache Slogans und ein klares Feindbild. So griff er die Positionen von Harris im Bereich der Trans- und Geschlechterpolitik gezielt an und erklärte seine Wahl zum Schutz der „amerikanischen Kultur“. Diese Strategie verfing sich nicht nur im Süden der USA, sondern auch bei konservativen Wähler:innen in verschiedenen Diaspora-Gruppen. Sie wollen eine kompromisslose Persönlichkeit, die sich gegen den „Wokeism“ stellt und sich für eine nationale Identität starkmacht. Trump verkörpert all das und ist bereit, hart durchzugreifen – auch gegen die Prinzipien der Demokratie.

Doch warum sind wir überrascht? Vielleicht, weil wir oft nicht genau hinhören. In unserer Vorstellung passt es oft nicht, dass Menschen einen Trump bewusst unterstützen und seinen autoritären Führungsstil schätzen. So passt auch seine Aussage „Ich binEure Vergeltung“, mit der Trump in den Wahlkampf zog. Er ist eben kein typischer Politiker. Und obwohl er selbst nicht „von der Straße“ ist, spielt er diese Karte gegen das politische Establishment und die Menschen nehmen ihm das ab. Seine Aussage deutet auf eine Stimmung der Vergeltung und des Widerstands hin, für die er die Menschen in seiner Basis mobilisieren konnte. Für ihn stehen nationale Stärke und eine entschlossene Politik über dem, was Kritiker:innen als demokratische Werte sehen.

Kamala Harris hingegen gelang es nicht, ihre Vision klar genug zu definieren. Nachdem Joe Biden – meiner Meinung nach zu spät – seine Kandidatur zurückgezogen hatte, fehlte ihr die Zeit, eine starke eigene Agenda zu präsentieren. Harris setzte stark auf das Thema Abtreibungsrechte, konnte damit jedoch insbesondere bei männlichen Wähler:innen kaum punkten. Auch der Fokus auf die Gefahr, die Trump ihrer Meinung nach für die Demokratie darstellt, brachte keinen durchschlagenden Erfolg. Statt auf die Schwächen des Gegners hinzuweisen, hätten viele Wähler:innen gern gesehen, dass Harris ihre eigene politische Linie stärker präsentierte. Die Partei steht nun vor der Herausforderung, nach dieser Niederlage neue Konzepte und Strategien zu entwickeln. Harris bleibt damit für viele Wähler:innen eine unerfüllte Hoffnung, ein Symbol der gescheiterten Möglichkeit, die erste Präsidentin der USA zu stellen.

Und das ist auch eine Erkenntnis, die sich die Demokrat:innen notieren sollten: Bevor die Menschen der Vereinigten Staaten bereit sind, von einer Frau regiert zu werden, nehmen sie offenbar lieber einen Trump in Kauf.

:aneb

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