Drei Tage ging die Konferenz der Ministerpräsident:innen in Leipzig, die am Freitag, den 25. Oktober, schließlich ihr Ende fand. Im Zentrum der Aufmerksamkeit standen dabei die Höhe des Rundfunkbeitrags sowie Neuerungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Heute soll es allerdings um Letztere gehen.

Die Länderchefs brachten einen Entwurf für den „Staatsvertrag zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR) (Reformstaatsvertrag)“ hervor. Eine Positivliste mit zwölf Punkten soll Änderungen vorgeben, welche die Gestaltung der Online-Auftritte und Social-Media-Kanäle der Landesrundfunkanstalten betreffen. Die Konferenz schlägt vor, dass die Hörfunkwellen von 70 auf 53 reduziert werden sollen. Das bedeutet, dass das Angebot der öffentlich-rechtlichen in Zukunft kleiner wird – unter anderem, um Geld einzusparen. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) spricht dabei von einer qualitativen Aufwertung und einer quantitativen Begrenzung: „Wir wollen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk moderner, schlanker, dabei auch zukunftsfest machen.“ Getreu dem Motto „weniger ist mehr“, oder wie Schweitzer es ausdrücken würde: „Klasse statt Masse“. Auch soll das Vertrauen der Menschen in den ÖRR zurückgewonnen werden, welches in letzter Zeit immer mal wieder auf die Probe gestellt wurde.

Die Reformen sehen vor allem Änderungen für den ARD und ZDF vor. Bereits im September wurde vorgeschlagen, die Zahl an Sendern des Deutschlandradios, des ARDs und ZDFs zu minimieren. Das Angebot sei zu groß, heißt es. So sollen einige Sender vollständig wegfallen, andere wiederum sollen zusammengeführt werden. Auf eine Sendeanstalt kommen künftig vier Hörfunkprogramme, die je nach Einwohnerzahl auch mal variieren können. Arte und 3Sat sollen in Zukunft zu einer europäischen Kulturplattform umgestaltet werden. Von den Sendern Phoenix, Tagesschau24 und ZDFinfo, sollen zum Beispiel laut den Beschlüssen der Länderchefs nur noch zwei bestehen bleiben dürfen. Hinzu kommt, dass die öffentlich-rechtlichen Sender laut ebendieser Beschlüsse ihr Aufgebot an Textmaterial reduzieren müssen und sich mehr Richtung audiovisueller Inhalte orientieren sollen. Erlaubt bleiben weiterhin Echtzeitberichterstattungen, Schlagzeilen, deren Länge nicht konkretisiert wurde sowie Faktenchecks und Texte auf Webseiten und in Apps, die sich auf aktuelle Ereignisse beziehen. Allerdings mit dem Haken, dass nur über das berichtet werden darf, was in der eigenen Sendung zuvor gezeigt wurde – „sendungsbegleitende Texte“ also. Lief noch keine Sendung zu einer Neuigkeit, müssen der ÖRR zunächst von einer Berichterstattung absehen (Schlagzeilen ausgenommen). Das würde auch den privaten Zeitungsverlegern zusprechen. Diese setzen sich schon länger dafür ein, dass der ÖRR seinen Fokus hauptsächlich auf Audio- und Videoformate beschränken soll. Auf diese Weise sollen die privaten Anbieter und ihre Textformate unterstützt werden. Einen großen Diskussionspunkt zwischen dem ÖRR und den Privaten stellt schon länger die „Presseähnlichkeit“ dar. Als „presseähnlich“ gilt ein Beitrag laut dem Beschluss des Bundesgerichtshofs im Jahr 2015, wenn der Text im Vordergrund steht. Um das zu vermeiden, soll der ÖRR weniger Texte produzieren. So kritisierte der BDZV bereits die Beiträge des ÖRR als „beitragsfinanzierte Konkurrenz“, die einen unfairen Wettbewerb schaffen würde. „Diese Angebote erschweren und verhindern in Teilen den Verkauf von digitalen und gedruckten Presseprodukten. Sie schaden damit der Medienvielfalt“, heißt es von der Seite des BDZVs. Nicht nur die Pressevielfalt sei deswegen betroffen, sondern auch die Demokratie in Deutschland.
Um der „Presseähnlichkeit“ entgegenzuwirken, warf zum Beispiel Gniffke, der SWR-Intendant, eine Selbstverpflichtung ein, die alternativ zu der gesetzlichen Neuerung gesehen werden könnte. Dadurch würden die verschiedenen Institutionen darauf achten, Verlinkungen zu Angeboten der Presseverlage zu machen, wenn zuvor Zeitungsthemen aufgegriffen worden sind.
Aber wie sinnvoll ist das alles?

Michael Kretschmer von der CDU spricht diesen Medien eine „zentrale Rolle für die Demokratie in unserem Land“ zu. Durch die Reformen soll sich auch die Zuschauerschaft verändern. Würden derzeit noch überwiegend ältere Menschen angesprochen werden, soll sich das Angebot bald an alle richten. Man strebt also danach, ein Programm für die breite Masse zu erstellen, das eine möglichst große Reichweite hat. ZDF-Intendant Norbert Himmler spricht sich gegen diese Annahme aus. Er befürchtet, dass die Reformen die jungen Menschen viel eher einschränken und darin behindern würden, sich mit Online-Informationen zu versorgen. Auch vom Deutschen Journalisten-Verband hat es Kritik dazu gehagelt. Der Bundesvorsitzende Mika Beuster bezeichnet die Folgen der Reformpläne als „Flurschaden“ und zweifelt sogar die Verfassungsmäßigkeit an.
Wolfhard Kahler, der Redaktionsleiter von hessenschau.de, sieht in der Kopplung von Beiträgen an Sendungen eine Gefährdung des gesetzlichen Auftrags der Medien. Durch die Reform würde es möglicherweise zu einer verspäteten oder sogar verhinderten Berichterstattung kommen. „Das führt zu Verzögerungen, die man in der digitalen Nachrichtenwelt niemandem mehr erklären kann.“ Hinzu kommt, dass Texte geeigneter dazu sind, Informationen kompakt an die Leser:innen zu vermitteln. Der Sender ZDF merkt außerdem an, dass auf diese Weise nicht nur die Aktualität der Berichterstattung darunter leiden würde, sondern auch die Themenvielfalt. Besonders auf Social Media Plattformen würde man Themen aufarbeiten, die es noch nicht in eine Sendung geschafft haben, die für die Zuschauerschaft aber wertvoll sind. In Zukunft würde man wohl darauf verzichten müssen, was sehr schade wäre.

Damit die Reformen umgesetzt werden können, müssen noch alle Landtage ihre Zustimmung geben. Sollte ein Landesparlament dagegen stimmen, könnten die Änderungen nicht durchgesetzt werden. Ein endgültiger Beschluss der Rundfunkreform soll bei einer erneuten Konferenz der Regierungschefs im Dezember gefällt werden. Dem aktuellen Stand nach wäre ein in Krafttreten der Reform vermutlich erst im Sommer nächsten Jahres möglich.

:Alina Nougmanov

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