CN: In diesem Interview wird über Depression, Angststörung, Borderline Persönlichkeitsstörungund traumatischen Erlebnissen gesprochen. Um die interviewte Person vor Stigmatisierung zu schützen, wurde sie anonymisiert und ihr Name wurde geändert.
Brille, um besser sehen zu können und Lina braucht Psychotherapie, um aufstehen zu können. Wir beide haben Hilfestellungen, die es uns erleichtern, den Tag zu meistern. Unterschied: Wo „schlecht sehen“ gesellschaftlich längst basic ist, werden psychische Erkrankungen noch stark stigmatisiert. Lina ist Student:in an der RUB und teilt mit uns ihre Erfahrung,en wie es ist ihren Alltag zu balancieren.
bsz: Lina ,woran genau bist Du erkrankt und wie beeinflusst das Deinen Uni Alltag?
Lina: Depression, Angstattacken – ich habe halt eine Borderline Persönlichkeitsstö- rung, in der ich so mentale Breakdowns erlebe. Die können verschiedene Ausprägun- gen haben. Emotionale Instabilität ist auch Teil davon. Das bedeutet, dass meine Stim- mung sich schnell ändert,schneller als bei anderen. Aus diesen Stimmungszuständen komme ich auch schwerer wieder raus und das dauert länger. Zum Teil brauche ich dann einen Tag, um mich zu regulieren. Da istdann keine Kapazität mehr für Unikram. Meine psychische Erkrankung hat das Ausmaß einer seelischen Behinderung, weswe- gen ich einen Schwerbehindertenausweis habe und nur bedingt arbeitsfähig bin.
Welchen Herausforderungen musst Du Dich stellen?
Das ist ziemlich viel, was ich balancieren muss: Uni, finanzielle Sorgen, Haushalt, so- ziale Kontakte und die Arztbesuche, die natürlich dann auch immer anstehen. Das ist super viel undnimmt super viel Zeit und Kraft in Anspruch. Bei mir als menstruierende Person kommt hinzu, dass ich jeden Monat mindestens zwei Tage ausgeknockt bin, weil meine Behinderung durch hormonelle Schwankungen getriggert wird.
Corona, Krieg, Inflation – das hat viele Menschen, darunter auch viele Studis, über ihre psychische Belastungsgrenze gebracht: Wie war bzw. ist es für Dich?
Als die Pandemie kam, habe ich mich super verarscht gefühlt! Ich kam grad aus meiner schwer traumatischen Erfahrung und irgendwie ist bei mir dann alles den Bach runteregangen. Für mich war es eh schon schwierig mein Alltag zu strukturieren und zu bewältigen und jetzt soll ich das alles so komplettselbstverwaltet zu Hause machen? Die Uni hat einen schon bisschen Struktur gegeben.
Hast Du da irgendwelche Hilfestellung der RUB erhalten?
Die Uni hilft so symptomatisch, wie zum Beispiel mit einer Schreibhilfe oder man kann zur Studienberatung gehen, aber so das größte Problem, wie Finanzierung des Studiums mit mentaler Erkrankung, da gibt es keine Hilfen für. Ich habe dann genau dieselben Anforderungen wie jede andere Person, obwohl ich eine Behinderung habe. Da gibt es keine besondere Unter-stützung, außer man findet vielleicht eine Stiftung oder ein Stipendium oder sowas. All das ist auch wieder ein bürokratischer Aufwand. Die Professor:innen hingegen sind ziemlich wohlwollend und flexibel, in meinem Fach zumindest. Es gibt aber bestimmt auch welche die nach dem Motto „Deadline verpasst – ciao!“ handeln, aber das ist mir zum Glück noch nicht passiert.
Was würdest Du Dir wünschen, was die RUB für Menschen mit mental struggle machen soll?
Einige Dinge könnten barrierefreier sein! Gerade wenn es um Deadlines geht oder Leistungsabfragen wie Klausuren und Sonstiges. Es sollten Alternativen zur jeweiligen Leis-tungsabfrage angeboten werden und Dozierende sollten empathischer mit Behinderun- gen und Erkrankungen egal welcher Art umgehen.
Wie kümmerst Du Dich um Deine mentale Gesundheit? Wie bewältigst du das alles?
Ich bin freiwillig zweimal zur offenen Psychiatrie gegangen. Danach habe ich mit ambu- lanter Psychotherapie angefangen. Alle paar Wochen sehe ich meine Psychiaterin und habe eine Betreuerin, die mir im Alltag hilft, und einen gesetzlichen Betreuer, der sich um das Ganze bürokratische kümmert. Dieses Hilfenetzwerk habe ich mir in den letzten drei Jahren aufbauen können.
Lina, danke dass Du Deine Erfahrungen mit unseren Leser:innen teilst. Magst Du Men- schen, denen es auch so wie Dir geht, noch etwas auf den Weg mitgeben?
Es ist wirklich wichtig sich Hilfe zu suchen, auch wenn es unglaublich schwer ist!
dieses Interview führte :Nathalia Rodriguez
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