Die Tafeln machen wichtige Arbeit. Doch besonders in Krisenzeiten scheint sich die Politik darauf auszuruhen, statt selber Hand anzulegen oder finanzielle Unterstützung zu bieten. Genau das wäre jetzt jedoch wichtig. 

Sogenannte „Tafeln“, also Orte, an denen Lebensmittel an Bedürftige ausgegeben oder für geringen Preis verkauft werden, sind nicht wegzudenken aus den Hilfsangeboten für Menschen, die sich anderweitig nicht zu helfen wissen. Erst 1993 wurde in Berlin die erste Tafel gegründet, eine Tatsache, die vielen jüngeren Menschen vielleicht überhaupt nicht bewusst ist. In fast alles Städten und Kommunen gibt es sie heutzutage, aus dem einfachen Grund, dass es auch in allen Städten und Kommunen Menschen gibt, die auf sie angewiesen sind. Doch es muss klar sein, dass Tafeln weder die Gründe noch die Realität von Armut bekämpfen können, sondern nur einige der schlimmsten Symptome bekämpfen. Und eine noch größere Frage stellt sich: Wie kann es sein, dass in einem Staat, der sich die „Würde des Menschen“ an erster Stelle in die eigene Verfassung schreibt, eine Hilfsorganisation dafür verantwortlich ist, Grundbedürfnisse wie Zugang zu Nahrung zu decken. Natürlich gibt es auch Stimmen, die meinen, die Tafeln seien aus ganz anderen Gründen problematisch: Man gebe den Menschen auch noch Essen, statt sie zum Sparen und Auskommen mit Hartz-IV zu animieren – wenn man den Menschen alles schenkt, warum sollten sie dann noch arbeiten gehen? Das gemütliche Lotterleben der Armen ist so schön, man fragt sich, warum nicht mehr hart arbeitende Konzernchefs einfach ihr Geld verschenken und sich in das bequeme Fallnetz der Sozialhilfe und Tafeln sinken lassen. Aber ich schweife ab. 

Es wirkt teilweise so, als würde man sich darauf ausruhen, dass es die Tafeln gibt. Warum etwas tun, um die Auswirkungen von Armut  abzufedern, wenn sich ehrenamtliche Helfer*innen ja sowieso schon darum kümmern, dass die Leute etwas zu essen bekommen. Und Armut an ihren Wurzeln zu bekämpfen, wäre sowieso utopisch. Während der COVID-19-Pandemie hat sich die Lage an den Tafeln verschärft: Immer mehr bedürftige Menschen mussten sie in Anspruch nehmen, viele Tafeln konnten die Abstandsregeln nicht befolgen und mussten schließen und es fehlten ehrenamtliche Helfer*innen – viele von ihnen gehörten Risikogruppen an. Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine kam ein neuer Stressfaktor hinzu. Auch bei den nach Deutschland kommenden Geflüchteten mangelte es an Nahrungsversorgung, viele Helfer*innen verwiesen auf die Tafeln, die jedoch bereits am Limit ihrer Kapazitäten waren. Geflüchtete Menschen seien außerdem oft traumatisiert, und für den Umgang mit ihnen benötige es Schulungen für die Ehrenamtler*innen, so Jochen Brühl, Vorsitzender Tafel Deutschland e.V. Man fühlte sich alleingelassen von der Politik, die einfach darauf zu hoffen schien, dass die Tafeln schon das schlimmste abwenden. Und einem selbst etwas Arbeit abnehmen. Nun steigen Preise bei Energie und Lebensmitteln, der Betrieb wird teurer und immer mehr Menschen brauchen Hilfe. Tafeln sollen, dürfen und können kein Ersatz für staatliche Sozialleistungen sein. Der Trend des Kaputt-Sparens in allen Bereichen, die keinen Profit erwirtschaften ist fatal für vulnerable Gruppen, das zeigt sich bei den Tafeln, aber auch in Krankenhäusern, bei der Feuerwehr oder bei den öffentlichen Verkehrsmitteln.                                          

      :Jan-Krischan Spohr

 

 

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