Mithilfe interdisziplinärer Techniken bringt Dr. Anna Krahl Licht ins Dunkle einer lang vergangenen Zeit. Modelle und Programme aus der Ingenieurswissenschaft halfen ihr dabei, die Fortbewegung von Meeressauriern zu erforschen.
Seit das Genus Plesiosaurus 1821 benannt wurde, plagten die ausgestorbene Meeresechse und ihre Verwandten einige Fehlannahmen. Mal eher wie biblische Monster, mal wie träge Seeschlangen rekonstruiert, landete in einem bekannten Fall sogar der Kopf bei einer Rekonstruktion am falschen Ende des Tieres, und schmückte die Spitze des Schwanzes des besonders langhalsigen Elasmosaurus. Eine immer noch heiß diskutierte Frage ist jedoch, wie die nur entfernt mit den Dinosauriern verwandten Tiere sich fortbewegt haben. Vier in etwa gleich große und gleich geformte Flossen sind das Alleinstellungsmerkmal der Plesiosaurier, kein rezentes oder bisher bekanntes ausgestorbenes Tier hat solche Gliedmaßen. Vergleiche mit Tieren, welche sich in unserer Zeit die Erde mit uns teilen sind jedoch eine der einfachsten Methoden, um Erkenntnisse über die Fortbewegung solcher Lebewesen zu gewinnen, welche wir nur noch als Fossilien kennen. In ihrer an der Universität Bonn und der Ruhr-Universität Bochum betreuten Dissertation hat die Paläontologin Dr. Anna Krahl nun mit Methoden der Ingenieurswissenschaft neue Ergebnisse zutage gefördert. Programme, mit denen sonst die Belastung von Materialien und Bauteilen getestet werden können, halfen dabei herauszufinden, wie sich die verschiedenen Stress-Faktoren auf die Knochen der Tiere auswirkten. Dabei haben Modelle – physisch wie digital – geholfen, festzustellen, wie die Meeresechsen ihre vier flügelartigen Flossen wohl nutzten. Neben des fossilisierten Knochen, wurden dabei auch die Muskeln, basierend auf Vergleichen mit lebenden Echsen rekonstruiert. Eine vorherige Arbeit zeigte bereits, dass die Knochen und Gelenke der Plesiosaurier wohl nicht dazu in der Lage waren, eine rudernde Fortbewegung wie die von Meeresschildkröten zu unterstützen. Die hierfür nötige Drehung um die Längsachse ist vermutlich anatomisch nicht möglich. Plesiosaurier bevorzugten viel mehr Auf- und Abwärsbewegungen. Um mit solchen Bewegungen nicht nur Auftrieb, sondern auch Vortrieb zu erzeugen, konnten die Echsen wohl ihre Flossen verwinden. Die Ergebnisse von Dr. Krahls Forschung legen nahe, dass die Tiere, ohne den Oberschenkel oder Arm, also um die Längsachse zu drehen, die Spitze ihrer Flossen fast senkrecht halten konnten. Ein über hundert Jahre altes Rätsel könnte somit nun endlich aufgeklärt sein, als alte Knochen auf neue Technologie trafen.
:Jan-Krischan Spohr
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