Wie ist dieser Monat überhaupt entstanden? Welche historischen Figuren haben dazu beigetragen, dass wir queers heute so leben können wie wir leben? Auf wessen Schultern stehen wir? Und wie hat sich unsere westliche Gesellschaft bezüglich der LGBTQ+ Community entwickelt? All die Infos gibt es in diesem Ausgabenschwerpunkt zu lesen.
Eine stolze Geschichte
Die Wurzeln des Pride Month, von Befreiungskämpfen bis Paraden gehen weit zurück. Die Stonewall-Unruhen waren das Schlüssel-Ereignisse für eine LGBTQ*-Bewegung, die sich bis dato oft nur mit Vorsicht und im Hintergrund bemerkbar gemacht hat. Vor allem homosexuelle weiße Männer und Frauen konnten am Anfang des 20. Jahrhunderts in US-amerikanischen Großstädten relativ sicher leben – wenn sie nicht auffielen. Doch auch diese relative Sicherheit war keine Garantie, und die Verfolgung Homosexueller intensivierte sich unter dem radikalen Antikommunismus der McCarthy-Ära ab den 50er-Jahren. Eine Konstante waren Repressionen seitens des Staates in Form von Razzien und Festnahmen. Die Verfolgung und rechtliche Diskriminierung führte jedoch auch dazu, dass viele bekannte Bars und Treffpunkte der Mafia gehörten, die als einzige zumindest relativen Schutz vor der Polizei bot, weil sie diese bestach und erpresste. An diesen Orten konnten Menschen, die in der restlichen Gesellschaft kein Recht auf freie Entfaltung hatten, ein wenig Ruhe und Freiheit genießen. In der damaligen Zeit der Verfolgung und vor vielen Begriffen, die heute im Diskurs selbstverständlich scheinen, waren sie vor allem an Schwule und Lesben gerichtet – aus heutiger Sicht verschwimmen dabei jedoch die Linien zwischen Crossdressing, Drag und Transidentität. Doch war die Mafia selbstverständlich nicht an den Rechten der Kund*innen, sondern am Profit interessiert, den sie durch diese Orte machen konnten – oftmals auch indem sie wohlhabende Kunden erpressten. Einer dieser Orte? Die Stonewall Inn in Manhattan.
Bereits vor dem Widerstand gegen Übergriffe durch die Polizei gab es öffentliche politische Versammlungen der LGBTQ*-Bewegung. Seit 1965 erinnerte sie bei sogenannten Annual Reminders daran, dass Mitgliedern ihrer Community keine grundlegenden Rechte garantiert wurden. Doch die Stonewall-Unruhen gaben dem Ganzen eine zuvor nicht da gewesene Dimension. Bekannt als die Gay-Bar der Stadt, waren für die Stonewall Inn Polizeirazzien ein erwartetes Risiko. Eine dieser Razzien, gegen 1:30 morgens am 28. Juni 1969, verlief jedoch anders als erwartet. Während Festgenommene abgeführt und die Bar geschlossen wurde, versammelten sich immer mehr Menschen auf der Straße. Nach Gewalt durch die Polizei kippte die Stimmung, und es brachen Kämpfe zwischen der Gruppe Personen und den Einsatzkräften aus.
Einige Aktivisten aus der schwulen Community waren zunächst geschockt und distanzierten sich von den Ereignissen. Als Schlüsselfiguren einer Bewegung, die sich bis dahin auf Überzeugung und Gespräche verlassen musste, sahen sie die gewaltsamen Aufstände als Fehler an. Einige äußerten später Scham und Bedauern für ihre Aussagen. Die Zeit vor Stonewall stoß auch bei der nun neuen Bewegung jedoch auch auf Ablehnung und wurde oft als schamvolle Zeit des Versteckens gesehen. Ein Jahr nach den Aufständen war klar, dass die Bewegung sich geändert hatte. Beim ersten Christopher Street Liberation Day in New York wurden aus den kleinen Versammlungen, die bisher übliche waren, plötzlich Menschenmassen, und schnell folgten andere Beispiele in den USA und Europa. Die jährlichen Märsche waren von diesem Moment an fest etabliert. Bis aus dem Tag ein Monat wurde, dauerte es jedoch noch einige Jahrzehnte. Bis 1999 der erste offizielle „Gay & Lesbian Pride Month“ von US-Präsident Bill Clinton ausgerufen wurde, hatte die Bewegung sich erneut stark geändert. Erst nach und nach wurden Sexualitäten und Identitäten außerhalb cis Homosexualität ab Mitte der 90er auch offiziell anerkannter Teil der Bewegung und Diskurse der Inklusivität und Intersektionalität dauern bis heute an. Aspekte der Befreiung, Erkämpfung von Rechten und Widerstand rückten in den 80er und 90er-Jahren immer mehr in den Hintergrund. 2010 kritisierte Philosoph:in und einflussreiche Gender-Theoretiker:in Judith Butler die Kommerzialisierung der Christopher Street Day Parade in Berlin. Das alles zeigt, dass die LGBTQ*-Community, Pride und der Pride Month sich weiterhin in einem konstanten Prozess der Entwicklung befinden. Klar ist jedoch auch, dass es die Bewegung, wie sie heute existieren würde, ohne den Widerstand der Menschen am 28. Juni 1969 nicht geben würde.
:kjan
LGBTQ+
Queer durch die Zeit: LGBTQ+ Personen waren und sind Teil der Gesellschaft!
LGBTQ+ Menschen waren schon immer Teil der Gesellschaft. Aber wie ist die mainstreame, westlich-weiße Gesellschaft mit queeren Menschen umgegangen und wie ist es heutzutage so. Hier eine kleine Reise durch die Zeit – Achtung spoiler: Queers are the best!
1721
Anastasius Rosenstengel ist als Catherina Linckin im 17. Jahrhundert geboren, bis sie sich im 18. Jahrhundert unbenannte, um ihre Geliebte heiraten zu können. Das konnte sie nur als Mann, also spielte sie dies auch jahrlang, bis sie während des spanischen Erbfolgekrieges (1701-1714) von Soldaten entarnt wurde. Sie musste daraufhin geloben, fortan als Frau weiterzuleben. Für eine kurze Zeit nahm sie ihren Geburtsnamen wieder an, aber 1717 heiratet Anastasius Rosenstengel ihre nächste Geliebte. Einige Jahre kamen das Paar unentdeckt davon, doch sie flogen auf und Anastasius musste 1721 mit der Enthauptung bezahlen. Bis heute ist unklar, ob Anastasius Rosenstengel trans und hetero oder nur lesbisch war. Aber eins ist sicher Anastasius hat mit diesem Kampf um Liebe und Selbstidentifikation einen Schritt für LGBTQ+ Geschichte getan.
1854
Oscar Wilde war leidenschaftlicher Schriftsteller. Der heute so bekannte Künstler wurde aber damals von der irischen Gesellschaft wegen seiner Liebe zu Männern verurteilt und eingesperrt. Durch Homofeindlichkeit musste er in Armut leben und starb letztlich daran. Wilde hatte eine scharfzüngige und humorvolle Art Gedichte, Theaterstücke, Geschichten und auch Essays zu schreiben. Diese bestanden zum Teil aus seiner Sympathie zum Sozialismus. Heute wird er als hoch angesehener Dichter gefeiert, doch seine Sexualität scheint vertuscht zu werden oder wie Heten es sagen würden “das ist doch egal”. Aber nein isxt es nicht – Oscar Wilde ein Poet und Pionier der LGBTQ+ Community!
1934
Das Jahr der Geburt von Audre Lorde. Wenn es um berühmte LGBTQ+-Aktivist:innen geht, ist Lorde eine Ikone. Sie ist legendär und eine selbsternannte Schwarze, lesbische, Mutter, Kriegerin und Dichterin – mehr als lieben kann Mensch sie nicht. Sie arbeitete als Bibliothekarin, bevor sie sich der Poesie zuwandte. Ihr erstes Band First Cities veröffentlichte sie im Jahr 1968. In diesen thematisiert sie besonders Sexualität, Bürger:innenrechte und wie es war, eine Schwarze, lesbische Frau in den USA zu sein. Sie war es die nach Deutschland den Intersectional Feminism brachte, wo daraufhin sich Schwarze Menschen als afro-deutsch identifiziert verstanden fühlten. Von 1991 bis zu ihrem Todesjahr 1992, wurde Lorde als Dichterin New Yorks ausgezeichnet. Eines ihrer berühmtesten Zitate ist: „Your silence will not protect you.“
2022
Und heute? Da ist es so, dass mir keine Menschen des öffentlichen Lebens einfallen, die nicht queer sind. Little Simz, Ezra Furman, Nura, Todrick Hall, Kristen Stewart, Elliot Page und noch so viele mehr. Wenn ich mich aber für zwei entscheiden müsste, die meiner Meinung nach Geschichte schreiben werden, dann sind es: Janelle Monáe und Lil Nas X. Janelle Monaé als nicht-binäre Schauspielerin, Sängerin und Rapperin mit Fokus auf Afrofuturismus. Dadurch verfestigt und baut Monaé afrofuturistische Konzepte weiter aus. Lil Nas X ist der erste dark skinned Schwarze Rapper, der so offen seine Sexualität auslebt und darstellt und Erfolg damit hat. In einem Musikvideo gibt er dem Teufel einen Lapdance und im anderen Video ist er im Knast umzingelt von handsome Männern. Er und seine boyz tanzen nackt in der Dusche, während er ganz lässig ein paar Lines zu seinem Erfolg dropt.
:naro
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