Bild: Symbobild, Macron bleibt Präsident. Bild: CC0

Die Stichwahl um die Präsident:innenschaft zwischen Macron und Le Pen führt uns ein klassisches Problem der modernen Demokratie vor. Für wen soll man stimmen, wenn man keine:n von beiden will?

Ganze zwölf Kandidat:innen waren für die Wahl vor zwei Wochen aufgestellt, um die nächsten fünf Jahre Frankreich zu regieren, doch nur drei von ihnen konnten ernst zu nehmende Ergebnisse einfahren. Mit 27,85 Prozent lag der Amtsinhaber Emmanuel Macron von der liberalen LREM (La République en marche) vorne, knapp vor der rechtsextremen Marine Le Pen vom Rassemblement national, die 23,15 Prozent der Stimmen für sich verbuchen konnte. Diese beiden, recht entgegengesetzten Politiker:innen traten nun am Sonntag in einer Stichwahl an, die Macron, wie von dem meisten erwartet mit 58,2 Prozent gewinnen konnte. Bald darf er nun das sechste Jahr seiner von Krisen durchwachsenen Amtszeit antreten, obwohl ein Großteil der französischen Bürger:innen unzufrieden ist mit seinem neoliberalen Wirtschaftskurs und seiner Ignoranz gegenüber dem Teil der Bevölkerung, der noch nie eine Universität von innen gesehen hat. 

Die Stichwahl zwischen Macron und Le Pen war ein großes Ärgernis für einige Wähler:innen, denn der Kandidat, der die drittmeisten Stimmen einfahren konnte, war der linke Jean-Luc Mélenchon von La France insoumise (Unbeugsames Frankreich). Mélenchon lag mit 21,95 Prozent nur knapp hinter Le Pen und verpasste somit die Stichwahl. Seine Politik besteht unter anderem aus einer Ablehnung der europäischen Sparpolitik, einer drastischen Erhöhung des Mindestlohns, einem Verbot von Lobbyisten im Parlament und einer hundertprozentigen Versorgung des Landes mit erneuerbaren Energien bis 2050. Mit diesem Programm konnte Mélenchon vor allem in Paris Sympathien sammeln, aber zu viele der eher linken Stimmen teilten sich auch noch auf andere Kandidat:innen auf, als dass Le Pen noch hätte überholt werden können. 

Marine Le Pen ist für die EU eine absolute Alptraumkandidatin und Medien in ganz Europa wurden nicht müde ihren eventuellen Sieg mit einem politischen Desaster à la Trump zu vergleichen. Die Rechtsextreme will, neben den nur allzu bekannten rechten innenpolitischen Forderungen, den französischen Beitrag zum EU-Budget stark zurückfahren und per Referendum das französische Recht über EU-Recht stellen lassen. 2017 und 2002 waren bereits sie und davor ihr Vater in der Stichwahl gescheitert und das liegt wohl nicht an der fehlenden Beliebtheit der Rechten in Frankreich. Le Pen gibt sich volksnah und tourt durch die Provinzen, um Menschen im Gespräch von sich selbst zu überzeugen, während Macron sich erst spät um den offiziellen Wahlkampf bemüht hat, weil er damit beschäftigt war, für Fotos im War Room zu posieren, die ihn bei der Bewältigung des Ukraine-Kriegs zeigen sollten. 

Rechtsextremist:innen sind deshalb bei Stichwahlen, zumindest in der EU, häufig erfolglos, weil sich ein Großteil der Bevölkerung mobilisiert, um gegen sie zu stimmen. Ein großer Teil der Stimmen auf Macrons Konto waren nicht für ihn, sondern gegen Le Pen. Einerseits ist es beruhigend zu sehen, dass der Faschismus auf demokratischem Wege scheinbar schlechte Karten hat, um wieder konkrete Macht zu erlangen. Andererseits ist es doch recht postdemokratisch, wenn weite Bevölkerungsteile für einen Kandidaten stimmen, den sie eigentlich ablehnen. Die reale politische Bedrohung von rechts wird, ähnlich wie in Deutschland die AfD, von den Parteien der „Mitte“ als zu verhindernder Feind gebraucht, um die eigene Politik zu legitimieren. Es droht der ewige Sieg des kleineren Übels.   

  :Henry Klur

 

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